Studieren an der University of Alberta

Erfahrungsbericht von Julian Dutzler, fall term 2017

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Wenn man Kanadiern erzählt, dass man für 4 Monate in Edmonton studieren wird, ist die erste Aussage meistens: “Why Edmonton? Nobody ever goes outside!” - Zum Teil ist das sicherlich auch wahr, denn den Großteil des Jahres ist es dort relativ frisch. Zusätzlich dazu ist Downtown Edmonton im Vergleich zu anderen nordamerikanischen Städten keine Ausnahme: geplant, im Schachbrettmuster aufgebaut und irgendwie charakterlos. Wenn man also das Großstadtfeeling sucht, ist man hier sicherlich falsch, trotzdem würde ich jedem einen Austausch in Edmonton empfehlen. Auf der einen Seite hat die Universität einen wirklich tollen Campus mit sehr viel Freizeitangeboten. Unter anderem ist ein Fitnesscenter und eine Kletterhalle frei zugänglich, am Wochenende finden mehrere Ice Hockey-, Basketball oder Volleyballspiele statt und unter der Woche gibt es regelmäßige internationale Abende, an denen man sich mit Menschen aus der ganzen Welt trifft und austauscht. Auf der anderen Seite sind die Berge - für kanadische Verhältnisse zumindest- in unmittelbarer Nähe. Und selbst für einen eingesessenen Tiroler sind die Rocky Mountains durchaus beeindruckend. Ich habe noch nie zuvor solch riesige unberührte Gebirgszüge gesehen. Dies war sicherlich eines der beeindruckendsten Erlebnisse meines Lebens!

Organisatorisches vor der Abreise:

Wenn man an einem Austausch in Kanada interessiert ist, sollte man sich unbedingt sehr bald damit auseinandersetzen. Ich habe mich am Beginn meines Masters dafür entschieden und verbrachte mein 3. Mastersemester in Kanada. Es ist also mit einer relativ langen Planungsphase zu rechnen, in der man sich die ein oder andere Vorlesung zur Anrechnung in Kanada aufsparen muss. Vorerst sei erwähnt, dass man sich unbedingt rechtzeitig um den Nachweis der Sprachkenntnisse kümmern sollte. Da ich nach Wien fahren musste, war der Zeitaufwand dafür doch relativ hoch. Ich habe mich für den TOEFL entschieden, da er generell von mehr Institutionen angenommen wird. Der Test ist meiner Meinung nach nicht sehr schwer, allerdings ist der Prüfungsmodus sehr gewöhnungsbedürftig. Daher sollte man unbedingt 2-3 vollständige Prüfungen zur Übung durchmachen. Ich habe damals einen Probe-monat bei EF für 1 € angeschlossen, der Kauf des Buches rentiert sich meiner Meinung nicht.

Ich habe meine endgültige Zusage etwa 3 Monate vor dem Beginn des Semesters bekommen. Da ich jedoch bereits einen Monat davor nach Kanada gereist bin war mein Flug doch relativ teuer. Ich empfehle eine direkte Buchung bei der Fluglinie, da man seinen Rückflug verschieben kann oder etwaiges Zusatzgepäck beim Rückflug wesentlich billiger bekommt (Durch Gebühren etc. ist der Flug bei diversen Internetportalen am Ende sowieso nur ~ 30€ günstiger). Im fall term muss man sein Zimmer spätestens am 23. Dezember räumen, allerdings sind die Flüge vor Weihnachten wesentlich teurer, weshalb manche Studenten auch über Weihnachten bleiben. Kanadier sind generell sehr zuvorkommend wenn es um Schlafgelegenheiten geht. Wenn man also einige Leute kennt, kann man sicher irgendwo für ein paar Tage unterkommen.

Für die Einreise muss man vorab online einen Antrag stellen, dies ist im Normalfall innerhalb von 10 Minuten erledigt. Manche Austauschstudenten hatten bei der Einreise Probleme, weil kein Rückflug gebucht war, abgesehen davon ist die Einreise relativ unkompliziert (Ich hatte ein Touristen-Visum). Weiters ist es durchaus ratsam sich vor der Abreise eine Kreditkarte zu besorgen, da dort eigentlich nur mit Karte bezahlt wird und bei Bargeldbehebung Bankomatgebühren anfallen (Im Schnitt 2,50€ pro Behebung). Eventuell deckt diese sogar Mietwagen und die Zeit vor und nach der Uni. Deren Krankenversicherung gilt natürlich nur während des Semesters.

Wohnen

Ich habe mich, wie viele andere Austauschstudenten auch, für das “HUB” entschieden. Es ist die billigste Unterkunft am Campus, aber auch jene die am nächsten zu den meisten Fakultäten liegt. Die Zimmer sind klein, aber dennoch bieten sie mehr als genügen Platz für den Inhalt eines Koffers. Ungefähr die Hälfte der Apartments wurde in den letzten Jahren renoviert und sind relativ sauber und frei von Ungeziefer. In den älteren Apartments wurde jedoch die ein oder andere Maus gesichtet und in fast allen Küchen gibt es Ameisen, die sind aber mit ein paar Dosen von Ikea relativ einfach in Schach zu halten. Für mich war das Zimmer für die 4 Monate vollkommen ausreichend und ich habe mich mit meinen “WG”-Kollegen sehr gut verstanden. Wenn man allerdings ein ganzes Jahr dort verbringt, kann es denke ich doch recht anstrengend werden (Im International house gibt es z.B. eigene Bäder in jedem Zimmer). Ich bereue die Entscheidung allerdings keineswegs, da ich dort sehr viele Leute kennengelernt habe, die ähnliche finanzielle Prioritäten haben, sprich: Beim Wohnen sparen, öfters in die Berge fahren.

Studieren

Im Allgemeinen hatten die Austauschstudenten die ich kannte wenige Probleme Kurse zu bestehen. Vor allem undergrad-Kurse waren für die meisten relativ einfach. In graduate-Kursen oder in den Naturwissenschaften war der workload dennoch signifikant höher. In meiner Zeit an der UofA habe ich 4 5xx-Kurse besucht (2 volle und 2 halbe).

  • Transitionmetal Chemistry
  • Electrochemistry
  • Optical Spectroscopy
  • Advanced Organic Synthesis

Grundsätzlich sind die Kurse eher spezialisiert und daher für jemanden von der Universität Innsbruck generell schwerer, da unser Studiengang nicht so viel Vorbildung bietet. Weiters werden fast alle Kurse relativ benotet. Da die meisten Studenten in den 5xx - Kursen bereits in Forschungsprojekten arbeiten und auch von Stipendien abhängig sind ist das Niveau grundsätzlich sehr hoch. Vor allem weil man, um einen Kurs positiv abzuschließen, ein C+ braucht (C+ ist jedoch nicht mit Genügend gleichzusetzen). Alles in Allem habe ich 10 Prüfungen, einige assignments und ein termpaper schreiben müssen. Zusammenfassend kann man sagen das der workload auf jeden Fall relativ hoch ist, jedoch hauptsächlich am Ende des Semesters konzentriert. Die Prüfungen sind hingegen zum größten Teil durchaus berechenbar und selten sind überraschende Fragen dabei. Ich selber hatte das Pech scheinbar zwei der schwersten Kurse auszuwählen, schlussendlich hat es aber dann trotzdem relativ gut geklappt, jedoch mit dementsprechendem Lernaufwand. Da es im Dezember sowieso zu kalt ist Aktivitäten im Freien überhaupt in Erwägung zu ziehen, war das Ganze dann halb so schlimm.

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