Bericht über mein Auslandssemester an der Universite de Montreal

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Name: Tanja Aumer

Studiengang: MA Medien

Gasthochschule: Université de Montreal

Aufenthalt: 24.08.2017 –15.01.2018

Kontakt: TanjaAumer@gmx.de

Im Nachhinein betrachtet haben sich die Gründe, warum es sinnvoll ist, auch im Masterstudium ein Auslandssemester zu machen bestätigt und ich kann auf ein erfolgreiches akademisches Semester in Montreal zurückblicken, welches mir Einblicke in ein sehr anderes akademisches System gewährt hat. Auch mein Französisch hat sich enorm verbessert. Es ist interessant zu beobachten, wie auch die Arbeitsweise durch das Studium in Trimestern, der Kursdauer von 3 statt 1,5 Stunden und der Betreuung der einzelnen Kurse von mehreren Lehrkörpern sehr unterschiedlich zur unseren ist und vor allem auch sehr arbeitsintensiv. Dennoch kann man gute Noten erzielen wenn man sich dahinter klemmt.

1. Lehrangebot, Kurswahl, Betreuung

Von Anfang September bis Mitte Dezember habe ich an der Université de Montréal vier Kurse besucht: Cinéma québécois, Le cinéma et les autres arts, Initiation à l'audio-visuel principes et pratiques und Arts médiatiques, technologies et communication. Diese Kurse waren wie bereits erwähnt sehr arbeitsintensiv und haben mit Vor- und Nachbereitung, sowie den vielen Projektarbeiten und Prüfungen das ganze Semester komplett eingenommen. In Cinéma québécois habe ich viel über die Quebecer Kinokultur lernen können. Anhand von Fachliteratur und Filmbeispielen, die vorbereitend für die Unterrichtseinheiten zu studieren waren, wurden nicht nur sehr vertiefte Kenntnisse zur Materie geschaffen, sondern auch mein Französisch sehr gefordert. In den meisten Fällen konnten die Filme wirklich nur auf Französisch mit oftmals einem sehr intensiven Quebecer Dialekt gesichtet werden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte ich aber eine große Verbesserung der Sprachefeststellen. Neben dem Französisch konnte ich hier, ebenso wie in anderen Fächern, gleichzeitig an meinem Englisch arbeiten, wodurch ich beide Sprachenpraktizieren und trainieren konnte. Generell ist in Montreal ein sehr internationales Klima spürbar, was auch den kulturellen Austausch mit meinen Kommilitonen bereichert hat. Cinéma et les autres arts (Kino und die anderen Künste) gab Einblicke in das für mich sehr interessante Themengebiet der Intermedialität, der Verschmelzung von mehreren Medien in einem. Unter anderem wurden die Einflüsse von Literatur, Kunst, Theater, Videospielen oder Fotografie auf das Kinobetrachtet, allerdings auch der Einfluss des Kinos auf die anderen Künste. Dabei kamen in den Seminarstunden sehr interessante Diskussionen über Medien auf, die meinen Horizont und meinen Denkansatz deutlich erweitert haben. Raum für viel Spaß und Kreativität ließ der Kurs Initiation à l'audio-visuel principes et pratiques (Einführung ins Audiovisuelle: Prinzipien und Praktiken). Anfangs dachte ich, der Kurs würde eine Wiederholung sein im Umgang mit Material, das ich bereits aus früheren Kursen kenne. Er entpuppte sich jedoch sehr schnell als sehr anspruchsvoll, vor allem auch mit den französischen Fachbegriffen für die Kameratechnik und den vielen Arbeitsaufträgen, die in kurzer Zeit gestellt wurden, und erschien mir keineswegs wie eine Einführung. Im Gegenteil, ich war heilfroh, dass ich bereits viel Wissen mitbringen konnte und ich somit die Arbeitsaufträge auch kreativ gut ausschöpfen konnte. Neben mehreren kleinen Editionsaufgaben in Montageprogrammen sowie schriftlichen Prüfungen über Fachwissen im Film-und Fotografie Bereich waren drei praktische Arbeiten einzureichen: ein vierminütiges Lehrvideo zum Thema Kameraauflösung und Bildgröße, ein Fotoroman zu einem freien Thema, sowie ein filmischer Beitrag (Werbevideo) in Zusammenarbeit mit einer lokalen Firma. Ebenfalls sehr anspruchsvoll, allerdings auf medientheoretischer Ebene, war der Kurs Arts médiatiques, technologies et communication. Wissen wurde hier vor allem durch viel französische und englische Fachliteratur zu verschiedenen Thematiken der Medientheorie und Medienkunst erzeugt. Anforderungen waren hierbei zwei Klausuren über verschiedene medientheoretische Konzepte und Diskussionen, sowie eine schriftliche Reflexion über eine Kunstausstellung in Montreal und eine schriftliche Konzeption einer eigens organisierten fiktiven Ausstellung in Gruppenarbeit. Bei letzterem konnte ich vor allem viel über die verschiedenen Arbeitsdynamiken bei Gruppenarbeiten lernen, welche doch sehr unterschiedlich ist im Vergleich zur deutschen oder österreichischen. Die Reflexion habe ich über eine 3D und Virtual Reality Ausstellung im Centre Pi in Montreal geschrieben, welche mich sehr beeindruckt hat.

In jedem Kurs gibt es mindestens zwei Klausuren pro Semester (mid-terms und finals) und eine schriftliche Hausarbeit oder Projektarbeit die auch bis Ende des Semesters fertig sein müssen. In den meisten Fällen kam aber noch eine zweite, etwas weniger umfangreiche Arbeit hinzu.

Alles in Allem waren alle Kurse sehr spannend und haben das Kursangebot in Innsbruck sinnvoll erweitert. Auch generell war es sehr interessant zu beobachten, wie verschieden Universitäten aufgebaut sind und wie unterschiedlich die Lehre abläuft. Vor allem der hohe Anspruch an die Studenten hat mich beeindruckt, die neben dem großen Lernaufwand auch noch viele Stunden arbeiten müssen, um ihr Studium überhaupt erst finanzieren zu können, bei den hohen Kosten, die die Université erhebt. Allerdings sind daher die Lehrkörper und das Unterrichtssystem auch hervorragend. Viele Kurse werden von 2 Lehrkörpern betreut.

2. Geplante Anerkennung meiner im Ausland erbrachten Studienleistungen

Ich kann alle vier Kurse, die ich an der UdeM gemacht habe, in Innsbruck einbringen. Mein Professor ist Gott sei Dank sehr flexibel was die Einbringung betrifft. Im Endeffekt ist es immer eine Frage wie man das Ganze mit seinem Professor verhandelt und ich habe die Erfahrung gemacht, dass oft im Zusammenhang mit einem Auslandssemester und im Bereich Medien sehr wohlwollend geurteilt wird. Ich empfehle allerdings immer alles (vor allem vor Ort anfallende Wechsel der Kurse) schriftlich absegnen zu lassen, damit es später nicht zu bösen Überraschungen kommt. Da die Kurse auch wirklich sehr arbeitsintensiv sind, würde ich aus Zeitgründen eher davon abraten, Kurse zu machen, die ich nicht sicher unterbringen kann, es sei denn er ist wirklich sehr spannend.

3. Unterkunft

Für das Studentenwohnheim kann man sich laut Homepage der UdeM nur für längere Aufenthalte anmelden. Es soll außerdem nicht sehr angenehmes Wohnambiente haben (kleine hellhörige Zimmer, komischer Geruch, Probleme mit WLAN) weshalb ich eher davon abraten würde. Zum gleichen Preis findet man aber auch WG Zimmer in der Nähe der Uni. Ähnlich wie in Innsbruck gibt es in Montreal Gruppen in Facebook (International Roommates in Montreal, Colocation Montreal - chambres à louer et logements, Montreal – rooms for rent uvm.) in denen Leute WG Zimmer und Appartements einstellen. Ich hatte richtig Glück und bin in einer WG untergekommen, die nur 10 Minuten von der UdeM entfernt war und die Miete nur 309 CAD gekostet hat, zzgl. Nebenkosten. So etwas billiges ist eher die Ausnahme, kann aber auch gefunden werden. Generell würde ich empfehlen, in Uni Nähe zu wohnen, denn In Montreal ist man schnell mal eine halbe bis dreiviertel Stunde unterwegs um irgendwo hinzukommen. Da empfiehlt sich am besten das Viertel Côte des Neiges, das gleich bei der UdeM liegt und vergleichsweise günstig ist. Ein sehr schönes Viertel, wo man viel ausgehen kann und generell ein nettes Ambiente herrscht, ist das Plateau/Mont Royal, da wird es aber bestimmt teurer als in Côte des Neiges, da das eines der „IN“–Viertel ist.

4. Formalitäten (Einschreibung, Versicherung, Visum)

Ich bin mit einem ganz normalen Touristenvisum eingereist und hatte keinen Permis d’étude oder ähnliches. Ich hatte also NUR das ETA. Nach meinen Informationen war es einfacher und mit weniger bürokratischem Aufwand verbunden einfach nicht offiziell zum Studieren einzureisen. Da war die Einreisebehörde aber dann doch etwas skeptisch, was ich so lange in Kanada mache und wie ich mich ohne Arbeit so lange ernähren will. Ich habe gesagt, dass ich einen Freund besuche und etwas rumreisen werde und davor genug Geld gespart habe, um mir dies leisten zu können. Sie waren dabei weiterhin sehr skeptisch, haben mich aber durchgelassen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau wie es ist, wenn man sagt, dass man studiert, auch wenn es nur ein Trimester ist, ob die Einreisebehörde dann diesen Permis wollen oder nicht. Bei mir hat es so geklappt, fühlte sich aber nicht so gut an, deswegen kann ich an dieser Stelle keinen idealen Lösungsvorschlag anbieten.

Die Organisation bis ich letztendlich in den oben genannten Kursen war, war doch etwas kompliziert. Zuerst schreibt man sich im Vorfeld ja in bestimmte Kurse ein. Wie es auf den Homepages von Unis so üblich ist, ist es auch an der Université de Montreal schwierig die richtige Information zum jeweiligen Kurs zu finden und zu wissen, ob der jeweilige Kurs für einen geeignet ist oder nicht. Ich habe dann die Kurse einfach nach Namen und Kurzbeschreibung ausgewählt, später aber alles mehrmals komplett geändert. Deshalb ist es empfehlenswert, sich ein paar Kurse herauszusuchen, aber dann flexibel zu bleiben, denn das ändert sich mit großer Sicherheit. Auch wenn die im Vorfeld akzeptiert werden, heißt dies noch lange nicht, dass man sicher einen Platz bekommt. Man muss sich nämlich ähnlich wie bei uns online nochmal für Kurse eintragen, dies geht aber als Austauschstudent nur in Absprache mit einem dafür zuständigen Ansprechpartner in Montreal. Deswegen habe ich in den ersten beiden Wochen sehr oft das dafür zuständige Amt aufsuchen müssen. Einige Kurse waren dann bereits voll, andere durfte ich als Austauschstudent sowieso nicht besuchen und andere waren für mich ungeeignet. Es ist am besten da also einen Plan B und C aufzustellen. Mein Professor in Innsbruck war da Gott sei Dank auch sehr flexibel ansonsten ist es sehr zeitraubend, denn jeder Kurswechsel sollte schon auch mit dem zuständigen Professor/Lehrstuhlinhaberin Innsbruck abgesprochen werden. Es läuft dann vor Ort so ab, dass man mit seiner Kursauswahl in dieses Büro geht und der Ansprechpartner versucht diese Kurse anzumelden. Da ich in verschiedenen Fakultäten war (Mineur arts eet sciences) eingeschrieben war, mussten die Plätze auch immer in verschiedenen Fakultäten angefragt werden, was auch mal ein bis zwei Tage gedauert hat. Ich würde empfehlen, trotzdem derweil in die Kurse zu gehen und nicht abzuwarten bis das Ganze geklärt ist, da die Kurse 3 Stunden lang sind und man gleich einiges an Stoff verpasst,wenn man die ersten 2-3 Wochen des Semesters nur mit Kurse tauschen beschäftigt ist. Oftmals lassen auch die Dozenten mit sich reden, falls es offiziell hieße, der Kurs sei voll. Es gibt dann ein offizielles Datum bis wann Kursänderungen möglich sind und bis dahin sollte alles geklärt sein.

Dann sucht ihr wahrscheinlich in der ersten Zeit auch öfter das BEI auf, das Büro für internationale Studenten. Die können bei allen Fragen weiter helfen, zum Beispiel wo und wie die studentische Versicherung gezahlt werden muss. Dort müsst ihr auch möglichst in den ersten Tagenhin, um euren Ausweis kopieren zu lassen (der wird für deren Unterlagen gebraucht). Im gleichen Gebäude bekommt ihr auch euren Studentenausweis. Ich empfehle den Ausweis möglichst schnell nach Ankunft abzuholen, denn diesen braucht ihr wiederum, um die studentische Metrocard beantragen zu können. Diese Card (Opuscard) kann ich auch nur jedem empfehlen, da allein schon die Uni, aber auch Montreal sehr weitläufig sind, und es mit dem Fahrrad dann ab einem gewissen Zeitpunkt, nicht wie in Innsbruck, einfach zwecks Schnee und Kältebedingungen vorbei ist. Plant aber in jedem Fall viel Zeit ein, diese Karte zu beantragen, denn da gibt’s gerade in der ersten Semesterwoche Wartezeiten von bis zu fünf Stunden. Also entweder am besten davor oder danach erledigen.

Noch kurz zum Thema Versicherung: ich hatte zusätzlich zur Pflichtversicherung der UdeM eine private Auslandskrankenversicherung der Barmenia. Die bieten für 8 Euro im Jahr eine Reiseversicherung für Studenten an, die einen einmaligen Auslandaufenthalt von 4 Monaten (120 Tage) einschließt. Diese habe ich angelegt, da die Krankenversicherung der UdeM wirklich nur den Zeitraum des Semesters einschließt. Will man also ein bisschen länger bleiben, oder früher kommen, ist es durchaus empfehlenswert sich nochmal eine zweite Versicherung zuzulegen. Die 120 Tage kann man dann jeweils nochmal um ein Monatspaket verlängern (dieses kostet dann allerdings extra, aber auch nicht allzu viel), deswegen ist dies für längere Aufenthalte ein echtes Schnäppchen).

5. Finanzierung

Ich habe für mein Semester in Montreal einen Auslandszuschlag meines normalen Stipendiumgebers der Hanns Seidel Stiftung bekommen. Mit 600 Euro im Monat bin ich gut ausgekommen. Es ist definitiv ratsam, sich nach allen möglichen Stipendienumzusehen, denn neben dem Studium noch zu arbeiten oder dafür die Genehmigung zu bekommen ist definitiv nicht leicht.

6. Sonstiges: Wertung, Kritik, Schwierigkeiten, Tipps

Lasst euch von dem ganzen Organisationsaufwand nicht entmutigen oder abschrecken. Ja es gibt viel zu tun, aber wenn man rechtzeitig plant und sich ein paar Gedanken im Vorfeld macht ist das schon zu bewältigen. Es ist den Aufwand in jedem Fall immer wert, denn was man bei so einem Auslandsaufenthalt an Erfahrungen machen kann, kann einem keiner mehr nehmen. Klar, man muss sich einigen Herausforderungen stellen, erst einmal von null anfangen, seinen Alltag ganz neu strukturieren, Leute kennen lernen, sich in einer fremden Umgebung zurecht finden, aber es lohnt sich und ich möchte die Erfahrung auf keinen Fall missen. Ja die Kurse sind anspruchsvoll, aber die Uni ist unglaublich gut und der Unterricht, zumindest die Kurse die ich besucht habe, mega interessant. Vor allem weil dort die Seminare nicht wie bei uns nur aus Referaten bestehen, sondern der Unterricht komplett von den Dozenten gehalten wird.

Ich kann nur wärmsten empfehlen, zu der Einführungswoche zu gehen und bei so vielen Aktivitäten wie möglich mitzumachen, da lernt man am besten und am meisten Leute kennen. Ich habe auch in der ersten Woche meine beiden Freundinnen kennen gelernt. In den Kursen ist es eher schwieriger an neue Leute heranzukommen, so habe ich zumindest die Erfahrung gemacht. Da die Kanadier auch neben dem Studium noch ziemlich viel arbeiten müssen, um sich das Studium überhauptfinanzieren zu können, habe ich sie als eher „unmotiviert“ erlebt, in neue Freundschaften zu investieren, die nach der Abreise sowieso schnell wieder vorbei sind. Deutlich leichter ist es jedoch wieder in den Sportkursen. Sich das CEPSUM (wie bei uns Usi) und die Kurse dort einmal genauer anzuschauen, kann ich daher auch nur wärmsten empfehlen. Es gibt dort teilweise noch exotische Sachen zu entdecken, die an der Usi so nicht angeboten werden, kosten dementsprechend aber auch ihren Beitrag.

Wenn man es irgendwie vermeiden kann, würde ich es mir gerade für nur ein Semester nicht antun, dort zu arbeiten. Es ist schwierig die Genehmigung zu kriegen und ohne diese was zu finden, ist richtig schwer. Außerdem ist man mit vier Kursen echt Vollzeit beschäftigt, da würde ich die wenige verbleibende Zeit lieber nutzen, mir was anzuschauen. Im Herbstsemester kann ich auch nur empfehlen das möglich früh zu tun, denn der Winter kommt bestimmt, und der Winter ist extrem kalt und lädt nicht wirklich zu langen Aufenthalten draußen ein. Berücksichtigt das auch beim Kofferpacken ;) Allerdings auch, dass es im September auch noch richtig warm sein kann (wir hatten bis Ende September 30 Grad und ich hatte nur eine kurze Hose dabei). Ich würde außerdem empfehlen ein bisschen früher zu kommen, wenn es sich irgendwie einrichten lässt, da im August noch viele schöne Veranstaltungen sind, wie Festivals oder ähnliches und man dann in Ruhe Zeit hat, sich etwas einzugewöhnen. Hinten Zeit in Montreal dran zu hängen hat nur dann Sinn, wenn man etwas Wintersportliches machen will, denn im Januar liegt definitiv einiges an Schnee und es ist definitiv kalt, da ist man schon wirklich eingeschränkt, was andere Unternehmungen angeht.

Ich wünsche Euch ganz viel Spaß trotz all dem Aufwand, so eine Chance zu bekommen ist unglaublich viel wert und ich möchte die Erfahrung keinesfalls missen. 

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