Sabine Gruber / Kärtchen zum Literaturpreis der
Stadt Wien in der Sammlung Offizin S. von Siegfried Höllrigl
Höllrigl ist ein Drucker aus Leidenschaft mit ausgeprägter literarischer Neigung. Er schreibt selber Gedichte, Prosa und selbst seine Briefe haben einen literarischen Charakter. Kein Wunder, dass seine Arbeit Anerkennung gerade bei den Autorinnen und Autoren selbst findet, die gerne ihre oft auch unveröffentlichten Texte zur Verfügung stellen, u. a. für die Lyrikreihe der Offizin S., die 2006 bis 2011 erschienen ist. Namen wie Klaus Merz, Sarah Kirsch, Margarete Hannsmann, Peter Handke u. v. m. sind in seinen Druckwerken immer wieder vertreten. Friederike Mayröcker lässt Höllrigl in einem ihrer Prosatexte erscheinen, Klaus Merz hat ihm ein Gedicht gewidmet. Auch Sabine Gruber ist nicht nur in seiner Lyrikreihe vertreten. Als sie 2019 den Preis der Stadt Wien für Literatur erhält, gibt sie für diesen Anlass bei Siegfried Höllrigl eine Einladungskarte mit einem Gedicht auf der Vorderseite in Auftrag (siehe Abbildung).
Das Beispiel zeigt die Sorgfalt, die Höllrigl sowohl bei seiner Arbeit als auch bei deren Aufbewahrung walten lässt. Die Beschriftung auf dem gelben Postkuvert gibt Aufschluss über den Hintergrund der Archivalie und erzählt gleichsam die Geschichte, die sie umgibt – mehr können sich Archivarinnen und Archivare eigentlich nicht wünschen. Das Gedicht Grubers ist auf zwei unterschiedlichen Papiersorten, die sich in Farbe und Stärke unterscheiden, gedruckt; auf einer Karte, wohl ein erster Entwurf, ist mit Bleistift eingezeichnet, wo der Schriftzug „Offizin S. Meran“ plaziert werden soll. In Höllrigls Sammlung sind nicht nur zahlreiche der originalen Textvorlagen für die Drucke enthalten, sondern auch die umfangreichen Korrespondenzen mit Autorinnen und Autoren, für die er in speziellen sorgfältig ausgewählten Formaten druckte. Eine Handdruckerei bewirkt notwendigerweise eine Entschleunigung, denn nur Bedächtigkeit garantiert jene Aufmerksamkeit in der Herstellung, die den Plakaten, bibliophilen Buchausgaben und Druckwerken anzumerken ist und die sie zu gesuchten Raritäten macht. Die Kunst des Setzens – Buchstabe für Buchstabe – hat nicht zuletzt auch mit genauem Schauen zu tun und mit einem Blick für die richtige Formgebung. Denn dem Setzen geht die Wahl der Schrifttypen voraus. Wie auch das Drucken – Blatt für Blatt – mit der Wahl des Papiers beginnt. Da ist nichts der Beliebigkeit überlassen, sondern alles bewusste künstlerische Gestaltung, die im Übrigen den Text wiederum zu einem neuen Original werden lässt, das dementsprechend auch jeweils von den Autor:innen signiert wurde.
[Text auf der Karte:]
„Die Geier meiner Sprache lauern über
Mir, ich spüre sie fliegen, greif mir ins Haar,
Schon viel zu lange wach. Könnt‘ ich doch
Endlich vergessen, die federschweren Jäger
Selber fressen.“
[Mappenaufschrift:]
11.2019 Sabine Gruber / Kärtchen zum Literaturpreis der Stadt Wien
29.10.2019
44 Kärtchen Postkarten-
format, 2 Kartonqualitäten,
gehen heute nach Wien.
(Im Vorfeld zum Preis
verwendbar). Ich erwarte
Nachbestellung der Hommage.
6.4. 2020
Die Nachbestellung ergab sich
nicht – bei der Preisverleihung
im Wiener Rathaus am 5. 12. 2019
war ich zugegen, Sabine hielt die
Festrede, ausgezeichnet auch Vertreter
verschiedener wissenschaftlicher Diszi-
plinen und Künste. Nach der Feier
habe ich mich erboten, die Festrede
innerhalb 2020 zu drucken.“
Tipp: Wir freuen uns, dass Sabine Gruber am 29. April in Innsbruck zu Gast ist: Zum Programm
Maria Piok und Christine Riccabona
Beiträge (2015–2021) zu ausgewählten Nachlassstücken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Brenner-Archivs
- Annette Steinsiek: Ottomar / Ottmar / Othmar / Otto Zeiller (1868–1921) und seine „Männchen“, Nr. 28/2021
- Ursula A. Schneider: Georg Trakl: Kryptonachlass, Leben und Werk, Nr. 27/2021
- Annette Steinsiek: Das Original und die Aura des Jetzt und Später. Der ganze Trakl-Bestand des Forschungsinstituts Brenner-Archiv ist online und frei verfügbar, Nr. 26/2021
- Markus Ender: Ludwig von Ficker: Brief über den Vater, Nr. 25/2020
- Zugeeignet. Widmungen in Büchern der Nachlassbibliotheken des Brenner-Archivs (Vitrinenausstellung), Nr. 24/2020
- Annette Steinsiek: Samivel: C’Était Écrit. Eine Zeichnung im Nachlass Ludwig Erik Tesars, Nr. 23/2020
- Anton Unterkircher: Verwirrspiel um das Pseudonym „M. Perlunger“, Nr. 22/2020
- Ursula A. Schneider: Preisurkunde für Rosmarie Thüminger für das Buch "Zehn Tage im Winter", Nr. 21/2019
- Anton Unterkircher: Zu Adolf Pichler, Nr. 20/2019
- Christine Riccabona: Markus Vallazzas „Wolkensteiner“ in der Zeitschrift das Fenster, Nr. 19/2019
- Ursula A. Schneider: Vom materiellen und immateriellen Nachleben und zur Rekonstruktion von Provenienzen, Nr. 18/2019
- Markus Ender, Anton Unterkircher: Ludwig von Ficker als Taufpate von Heinrich von Trott, Nr. 17/2018
- Maria Piok: Otto Grünmandl lernt Englisch, Nr. 16/2018
- Markus Ender: Liebesgaben eines Dichters – Kuriosa im Nachlass Hermann von Gilm zu Roseneck, Nr. 15/2018
- Christine Riccabona: Geburtstagsglückwünsche an Ludwig von Ficker, 14/2018
- Annette Steinsiek: Haimo Wisser: Zeit (1985/1988), Nr. 13/2018
- Verena Zankl: Paul Celan und Erik von Kuehnelt-Leddihn auf Besuch in der Bibliothek des Institut Français d’Innsbruck, Nr. 12/2018
- Ursula A. Schneider: Die Sammlung Josef Feichtinger - zum 80. Geburtstag des Volksstückautors am 5.1.2018, Nr. 11/2017
- Erika Wimmer: Porträt Erika Danneberg zum 10. Todestag am 29.6.2017, Nr. 10/2017
- Michael Schorner: Ernst von Glasersfelds Exemplar von Finnegans Wake, 1939, Nr. 9/2017
- Joachim Gatterer: Norbert C. Kaser: leoncin / Gedicht vom 23. Juli 1977, Nr. 8/2017
- Karl Felix Wolff: Das Reich der Fanes, Manuskript. Veranstaltung am 2.12.2016 zum 50. Todestag von Karl Felix Wolff, Nr. 7/2016
- Ursula A. Schneider: Markus Vallazza: Ignaz Zangerle liest Gedichte von Hilde Domin / 23.1.1979, Nr. 6/2016
- Ursula A. Schneider: Neue Kunstkarten aus dem Brenner-Archiv, Nr. 5/2016
- Briefe unter Denkmalschutz – Moritz Schlick an Ludwig Wittgenstein, Nr. 4/2016
- Anton Unterkircher: Postkarte von Peter Altenberg an Josefa Zacharias, 6.9.1911, Nr. 3/2015
- Annette Steinsiek: Irma (Irmgard) Julia Sander (1885-1973). Eine Volksschullehrerin zwischen Schulpolitik und Reformpädagogik, Nr. 2/2015