Sir Galahad an Fritz von Herzmanowsky-Orlando
Nachlass-Bibliothek Fritz von Herzmanowsky-Orlando, Slg. 10/330
Der hat’s wahrhaftig in der Kunst
Nicht hoch hinausgetrieben
In dessen Büchern nicht mehr steht
Als er hineingeschrieben
Sir Galahad
20/I 33
Merano
Die aus dem Wiener Großbürgertum stammende Schriftstellerin Bertha Eckstein-Diener (1874–1948), musste sich im Unterschied zu ihren Brüdern Bildung und Freiheit selbst verschaffen und publizierte nach mehreren Jahren, die sie auf Reisen verbrachte, ab 1907 Feuilletons und Reisebücher, kulturgeschichtliche Untersuchungen und Romane. Das Pseudonym Sir Galahad wählte sie nicht nur in ihren Publikationen, sondern auch in den Briefen an Fritz von Herzmanovsky-Orlando, aus dessen Besitz das vorliegende Widmungsexemplar stammt. Der wie Sir Galahad an Matriarchats- und Androgynitätsmythen, sowie an Okkultismus und Geheimwissenschaften interessierte Schriftsteller hatte „schon seit langem vor, mit ihr in Verbindung zu kommen“, schrieb er 1929 an Kristina Pfeiffer-Raimund, „aber immer kommt etwas dazwischen“.[2] Im Sommer 1932 – während oder kurz nach der Lektüre der soeben erschienenen Mütter und Amazonen – trat er schließlich mit Sir Galahad, „einer der interessantesten Frauen“[3], brieflich in Kontakt und es entwickelte sich von Beginn an ein produktiver Austausch der beiden. Sir Galahad zeigte sich in ihrem ersten Brief an FHO vom 17. Juli 1932 begeistert von dessen erstem Brief:
Sehr geehrter Herr!
Gott sei Dank, Sie sind kein Frauenverein! Kein „politischer“, kein „sozialer“, kein „fortschrittlicher“, kein „mazdananischer“ und Sie verlangen nicht von mir, dass ich „voranschreite“ oder mich „an die Spitze stelle“ oder „einen Vortrag halte“ oder wenigstens „mein Visier lüfte“ oder endlich sage, ob ich „Sibyl“ aus den „Kegelschnitten“ bin, sondern Sie schreiben mir ganz einfach einen netten Brief; bravo![4]
Zu einem ersten Treffen ist es Ende 1932 in Meran gekommen, wo sich Sir Galahad von Dezember 1932 bis Januar 1933 für einige Wochen zur Erholung von einer Angina aufhielt, aber auch, um sich für ein geplantes Buchprojekt über Byzanz mit FHO auszutauschen. Dieser schrieb am 29. Januar 1933 an die Schriftstellerin Margret Nauheim-Naval: „Wir haben jetzt interessante Wochen gehabt. Sir Galahad war hier – gleich der erste Besuch dauerte 11 Stunden.“[5] Durch Anmeldungen auf Visitenkarten sind mehrere Treffen belegt[6] – es ist anzunehmen, dass die Autorin das vorliegende Exemplar von Mütter und Amazonen bei einem ihrer letzten Besuche vor der Abreise aus Meran für FHO signierte.
Der fasste sein Urteil schon ein halbes Jahr zuvor zusammen: „Wir lasen jetzt das wunderschöne Buch: Sir Galahad ‚Mütter & Amazonen‘. Kennen Sie es? wenn nicht: lesen! Hoffentlich ist sie Prophetin.“[7]
Irene Zanol
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[1] Evelyne Polt-Heinzl: „So eine Spur im Schnee zu ziehen, vernichtet jede Spur im Kopf“. Sir Galahad (1874–1948). In: [Diess.]: Zeitlos. Neun Porträts. Von der ersten Krimiautorin Österreichs bis zur ersten Satirikerin Deutschlands. Wien: Milena, 2005, S. 52-75, hier S. 60.
[2] FHO an Kristina Pfeiffer-Raimund, 9.12.1929. In: Fritz von Herzmanovsky-Orlando: Sämtliche Werke, Bd. VIII: Ausgewählte Briefwechsel 1885 bis 1954. Hg. und kommentiert von Max Reinisch. Salzburg, Wien: Residenz, 1989, S. 221-222, hier S. 221.
[3] Ebd.
[4] Sir Galahad an FHO, 17.7.1932. In: Anm. S. 252.
[5] FHO an Margret Nauheim-Naval, 29.1.1933. In: Anm. S. 508.
[6] Vgl. FIBA, Sign. 010-27-18.
[7] FHO an Karl Wolfskehl, 28.7.1932. In: Anm. S. 247-248, hier S. 247.