Ein Meer von Gravitationswellen
Im Zentrum der meisten Galaxien befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch. Galaxien werden durch ihre gravitative Kraft zueinander hingezogen, und bei ihrer Verschmelzung bewegen sich die zentralen schwarzen Löcher in das neue Zentrum. Wenn diese sich spiralförmig nach innen bewegen und selbst miteinander verschmelzen, erzeugen sie extrem langwellige Gravitationswellen mit Hunderten von Billionen von Kilometern oder mehreren Lichtjahren Abstand zwischen den Wellenkämmen.
Das Universum ist voll von solchen verschmelzenden supermassereichen schwarzen Löchern, und sie füllen es mit einem Meer von niederfrequenten Raumzeitwellen.
Astronomen suchen seit Jahrzehnten nach diesen Wellen, indem sie die Pulse von Pulsaren, den dichten Überresten massereicher Sterne, systematisch beobachten. Pulsare rotieren mit extremer Regelmäßigkeit, und man weiss daher genau, wann jeder Puls zu erwarten ist. Das Meer der Gravitationswellen verändert jedoch auf subtile Weise den Zeitpunkt, an dem die Impulse die Erde erreichen, und die genaue Beobachtung vieler Pulsare am Himmel kann ihre Anwesenheit aufdecken.
Bei der bisherigen Suche nach diesen Wellen wurden ausschließlich große Radioteleskope eingesetzt. Nun hat ein internationales Team von Wissenschaftlern diese winzigen Schwankungen der Raumzeit in Daten der Gammastrahlung gesucht, die über mehr als zehn Jahre mit dem Fermi-Satelliten der NASA aufgenommen wurden. Ihre Analyse zeigt, dass der Nachweis dieser Wellen mit nur wenigen Jahren zusätzlicher Beobachtungen bereits möglich sein könnte.
"Fermi untersucht das Universum mit Gammastrahlen, der energiereichsten Form des Lichts. Wir waren überrascht, wie gut es diejenigen Pulsare aufspürt, die wir für die Suche nach diesen Gravitationswellen benötigen - bisher haben wir mehr als 100 gefunden", so Matthew Kerr, korrespondieren Autor für das Wissenschaftlerteam. "Das Fermi-Teleskop und die Gammastrahlen haben einige besondere Eigenschaften, die sie zusammen zu einem sehr mächtigen Werkzeug bei dieser Untersuchung machen.“
Kosmische Uhren
Licht nimmt viele Formen an. Niederfrequente Radiowellen können einige Objekte durchdringen, während hochfrequente Gammastrahlen zu energetischen Teilchenschauer führen, sobald sie auf Materie treffen. Gravitationswellen decken ebenfalls ein breites Spektrum ab, wobei massereichere Objekte tendenziell längere Wellen erzeugen.
Da es unmöglich ist, einen Detektor zu bauen, der groß genug ist,um wellen mit Billionen von Kilometern Wellenlänge aufzuspüren, die von miteinander verschmelzenden supermassereichen schwarzen Löchern erzeugt werden, verwenden die Astronomen Signale von kosmischen Uhren, den sogenannten Pulsar-Timing-Arrays. Dabei handelt es sich um Ansammlungen von Millisekunden-Pulsaren, die sowohl in Radiowellen als auch in Gammastrahlen leuchten und sich jede Sekunde Hunderte von Malen um ihre Achse drehen. Wie Leuchttürme scheinen diese Strahlen regelmäßig zu pulsieren, wenn sie über die Erde hinwegziehen, und wenn sie durch das Meer der Gravitationswellen hindurchgehen, wird ihnen das schwache Grollen entfernter, massereicher schwarzer Löcher aufgeprägt.
Einzigartige Messtechnik
Ursprünglich wurden Pulsare mit Hilfe von Radioteleskopen entdeckt, und Pulsar-Timing-Array-Experimente mit Radioteleskopen sind seit fast zwei Jahrzehnten in Betrieb. Deren fokussierende Parabolspiegel sind für die Auswirkungen von Gravitationswellen am empfindlichsten, jedoch erschweren interstellare Effekte die Analyse dieser Daten. Energiereiche Gammastrahlen werden weniger beeinflusst, so dass sie eine weitere, unabhängige Methode des „Pulsar Timings“ darstellen.
"Wenn wir weitere fünf Jahre lang Pulsardaten sammeln und analysieren, wird ein Pulsar-Timing-Array im Gammastrahlenbereich vergleichbar gut sein wie diejenigen im Radiobereich, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass wir uns sehr viel weniger Sorgen um die Wechselwirkungen mit interstellarer Materie machen müssen" sagt Olaf Reimer, Professor für Experimentelle Astroteilchenphysik an der Universität Innsbruck.
"Der Nachweis des Gravitationswellenhintergrunds mit Pulsaren kommt so näher, bleibt aber anspruchsvoll. Eine unabhängige Methode, wie sie hier unerwartet durch Fermi gezeigt wurde, ist eine großartige Neuigkeit, sowohl für die Bestätigung künftiger Ergebnisse als auch für die Demonstration von Synergien zwischen Techniken in verschiedenen Frequenzbereichen", so Olaf Reimer.