ebl_blazaren

Die Ge­schi­chte des Sternen­­lichts ver­­messen

Mit Daten des Fermi-Weltraumteleskops hat ein internationales Team von Wissenschaftlern das gesamte Sternenlicht gemessen, das über einen Großteil der Geschichte des Universums erzeugt wurde. Die Analyse wurde in Science veröffentlicht. Sie liefert eine Einschätzung der Entstehungsrate von Sternen und kann als Referenz für zukünftige Missionen dienen.

 

Sterne erzeugen das meiste Licht, das wir sehen, und synthetisieren die meisten schweren Elemente des Universums, wie Silizium und Eisen. Die ersten Sterne bildeten sich, als das Universum einige Millionen Jahre alt war. Heute wissen wir, dass über 10 Trilliarden Sterne existieren. Wie sich Sterne bilden und entwickeln, hängt in weiten Teilen mit der Entwicklung des Kosmos zusammen.

Eines der Hauptziele der Fermi-Mission, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum im Orbit feierte, war die Vermessung des extragalaktischen Hintergrundlichts (EBL), einer nebelartig diffusen Strahlung, die sich aus allem ultravioletten, sichtbaren und infraroten Licht zusammensetzt und über die Geschichte des Universums entstanden ist. Da Sternenlicht noch lange nach dem Ausbrennen seiner Quellen durch den Kosmos wandert, können Astronomen bei der Messung des extragalaktischen Hintergrundlichts die Sternenbildung und Sternenentwicklung getrennt von den Sternen selbst untersuchen.

In dem nun im Fachmagazin Science erschienen Artikel präsentiert das Fermi-Large Area Telescope (LAT)-Team eine detaillierte Messung des EBL und seiner kosmischen Entwicklung. „Aus den mit dem Fermi Teleskop gesammelten Daten konnten wir indirekt das gesamte Sternlicht messen, das jemals ausgesandt worden ist. Das wurde bisher niemals erreicht, und erlaubte es uns, den Sternentwicklungsprozess besser zu verstehen”, betont Dr. Marco Ajello, Assistenz-Professor an der Clemson University in South Carolina und leitender Wissenschaftler dieser Arbeit.

Gammastrahlen interagieren mit sichtbarem Licht

„Dies ist eine unabhängige Bestätigung alternativer Messungen von Sternbildungsraten“, erklärt Mitautorin Dr. Anita Reimer, assoziierte Professorin und Leiterin der theoretischen Hochenergieastrophysik-Gruppe des Instituts für Theoretische Physik und des Instituts für Astro- und Teilchenphysik an der Universität Innsbruck. „Wenn in der Astronomie zwei völlig unabhängige Methoden die gleiche Antwort liefern, bedeutet das normalerweise, dass wir etwas richtig machen. In diesem Fall messen wir die Sternentstehung, ohne die Sterne überhaupt zu betrachten. Die Beobachtung von Gammastrahlen, die durch den Kosmos gereist sind, trägt diese Information ebenso. Wir benutzen die Quellen der Gammastrahlung als Sonden für das extragalaktische Hintergrundlicht.“

Gammastrahlen sind die energiereichste Form von Licht. Sie sind in der Tat so energiereich, dass ihre Wechselwirkungen mit dem Sternenlicht ungewöhnliche Folgen haben. „So führt beispielsweise die Kollision von hochenergetischen Gammaphotonen mit einem des Infrarotlichts zur Erzeugung eines Teilchenpaares, wobei ein Elektron und sein Antiteilchen, ein Positron, erzeugt werden. Der gleiche Prozess findet statt, wenn mittelstarke Gammastrahlen mit sichtbarem Licht interagieren oder niedrige Gammastrahlen mit ultraviolettem Licht. Weil das LAT-Instrument Gammastrahlen über einen weiten Energiebereich erkennt, ist es optimal für die Abbildung des EBL-Spektrums geeignet.“ erklärt Mitautor Univ.-Prof. Dr. Olaf Reimer vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck. Je weiter die Quellen des Gammalichtes entfernt sind, desto öfter wechselwirken diese Gammastrahlen mit sichtbarem Licht, und desto deutlicher wird das Signal dieser Wechselwirkung in den Daten des Fermi-LAT Instruments erkennbar.

 

 

Bestätigung früherer Schätzungen

Die Wissenschaftler des Fermi-LAT Teams untersuchten Gammastrahlensignale von 739 Blazaren - Galaxien mit gigantischen, schwarzen Löchern in ihren Zentren -, die über neun Jahre hinweg von Fermi-LAT beobachtet wurden und berechneten, wie sich der EBL im Laufe der Zeit aufbaute, inklusive des Höhepunktes der kosmischen Sternenbildung vor rund 10 Milliarden Jahren.

Die neue EBL-Messung liefert auch eine wichtige Bestätigung früherer Schätzungen der Sternenbildung aus Missionen, die viele einzelne Quellen in tiefen Galaxienvermessungen analysieren, wie das Hubble-Weltraumteleskop. Dieser Art von Untersuchungen entgehen jedoch oft schwächere Sterne und Galaxien und sie können die Sternenentstehung, die im intergalaktischen Raum stattfindet, nicht berücksichtigen. Die fehlenden Beiträge müssen bei der Analyse deshalb geschätzt werden. Der EBL beinhaltet jedoch das Sternenlicht aller Quellen und vermeidet dieses Problem. Das Fermi-Ergebnis korrigiert somit Messungen aus tiefen Galaxienuntersuchungen. Es kann damit helfen, zukünftige Beobachtungen von Missionen wie dem James Webb Space Telescope (JWST) zu verbessern.

„Eines der Hauptziele von JWST ist es, herauszufinden, was in den ersten Milliarden Jahren nach dem Urknall passiert ist“, sagt Ko-Autor Kári Helgason, Astrophysiker an der University of Iceland. „Unsere Arbeit setzt wichtige neue Grenzen für die Menge an Sternenlicht, die wir in diesen ersten Milliarden Jahren - einer weitgehend unerforschten Epoche im Universum - erwarten können, und liefert einen Maßstab für zukünftige Studien.“

Am Bau der Detektoren auf Fermi und am Betrieb des Observatoriums sind neben der NASA und dem US-Energieministerium Forschungseinrichtungen in den Vereinigten Staaten, in Frankreich, Italien, Schweden, Deutschland und Japan beteiligt.

Nach oben scrollen