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Abschmelzende Gletscher wirken global auf wirbellose Tiere

In Flüssen lebende wirbellose tierische Organismen reagieren auf die weltweit abschmelzenden Gletscher. Wissenschaftler haben mehr als eine Million von ihnen in verschiedenen Regionen mit schrumpfenden Gletschern untersucht, um die Auswirkungen globaler Umweltveränderungen zu bestimmen. Ihre Ergebnisse wurden in Nature Ecology & Evolution veröffentlicht.


Wirbellose Tiere, Invertebraten, machen fast 95 % der Tierarten auf der Erde aus. Sie erfüllen wichtige ökologische Schlüsselrollen, denn sie erhalten beispielsweise die Bodenfruchtbarkeit, den Kohlenstoffkreislauf und verbessern die Wasseraufbereitung. Diese im Wasser lebenden Wirbellosen werden schon jahrzehntelang als Indikatoren für den Zustand unserer Gewässer verwendet. Daher ist das Verständnis ihrer funktionellen Reaktionen auf Umweltveränderungen sehr wichtig. So kann einer möglichen Gefährdung entgegengewirkt und mögliche Veränderungen der Lebensgemeinschaften und ihrer wichtigen Funktionen im Ökosystem vorhergesagt werden. „Die Erkenntnisse der Studie deuten auf ein weltweit einheitliches Muster hin, wie Invertebraten auf die abnehmende Gletscherbedeckung reagieren“, erläutert Leopold Füreder, Professor am Institut für Ökologie an der Uni Innsbruck, der Teil des internationalen Forscher-Teams war. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass es mit der dargestellten Methode der Analyse der Arteigenschaften möglich ist, Prognosen der Umweltauswirkungen auf wirbellose Tiere zu erstellen. Dies ließe sich auch in anderen Arten von Ökosystemen realisieren. Der Hauptautor Professor Lee Brown von der School of Geography und water@leeds an der University of Leeds erklärt: „Wir haben Aufzeichnungen über in Flüssen lebende wirbellose tierische Organismen aus der ganzen Welt kombiniert. Dadurch sind wir in der Lage, funktionale Merkmale wie Körpergröße, Bewegung, Lebenszykluslänge und Ernährungsgewohnheiten abzubilden.“ So hat Neuseeland zwar nicht genau die gleichen wirbellosen Süßwasserarten wie die USA oder Europa, aber die Arten, die an jedem Standort vorkommen, besitzen ähnliche funktionelle Eigenschaften. „Da Merkmale bestimmen, wie Arten auf Veränderungen in der Umwelt reagieren, können wir die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf funktionelle Merkmale aufzeichnen und so die Auswirkungen auf die Wirbellosengemeinschaften der Flüsse weltweit verstehen“, erläutert Leopold Füreder. Bereits seit 1996 untersucht er mit seinem Team Hochgebirgsflüsse um Obergurgl und im Nationalpark Hohe Tauern, wo derartige Methoden entwickelt und angewandt werden. Für die nun erschienene Publikation wurden erstmals Daten über Invertebraten kombiniert, die an über 170 Standorten in neun verschiedenen Gebirgszügen in drei Kontinenten gesammelt wurden. Von Gletschern gespeiste Flüsse seien häufig noch unberührter als andere Flussökosysteme. Diese Bedingungen nützten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, um zu ermitteln, inwiefern die Auswirkungen auf die funktionellen Merkmale auf Umweltveränderungen zurückzuführen sind, die durch den Rückgang des Gletschers verursacht werden. Martin Wilkes von der Universität Coventry verdeutlicht: „Diese Studie zeigt, wie funktionelle Merkmale die Anpassung der Arten an die sich verändernde Umwelt beeinflussen. Der Rückgang der Gletscher beeinflusst beispielsweise, ob Wirbellose zu einem neuen Standort migrieren, um dort weiter zu gedeihen.“ Unter Szenarien eines schnellen zukünftigen Umweltwandels wie dem globalen Gletscherrückzug könnten Organismen, die nur kurze Entfernungen überwinden können, mit den Veränderungen der Lebensräume nicht Schritt halten, was zu großen Veränderungen in den aquatischen Ökosystemen führen würde. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, merkmalbasierte Ansätze zu nutzen, um die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf wirbellose Tiere vorherzusagen, die in anderen Ökosystemen wie Ozeanen, Böden oder sogar in Städten vorkommen“, so Füreder.

 

Publikation: Functional diversity and community assembly of river invertebrates show globally consistent responses to decreasing glacier cover. Lee E. Brown, Kieran Khamis, Martin Wilkes, Phillip Blaen, John E. Brittain, Jonathan L. Carrivick, Sarah Fell, Nikolai Friberg, Leopold Füreder, Gisli M. Gislason , Sarah Hainie, David M. Hannah, William H. M. James, Valeria Lencioni, Jon S. Olafsson, Christopher T. Robinson, Svein J. Saltveit, Craig Thompson and Alexander M. Milner


DOI: 10.1038/s41559-017-0426-x


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