Den Schadstoffen in der Luft auf der Spur

Die Schadstoffbelastung in der Luft ist nicht zuletzt seit den Diskussionen rund um den Transitverkehr ein aktuelles Thema. Um diese Belastung genau zu analysieren und entsprechende Maßnahmen setzen zu können, benötigt man exakte und flexible Methoden. Innsbrucker Ionenphysiker haben eine praktikable Lösung dafür gefunden.
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Am Institut für Ionenphysik der Universität Innsbruck wurde ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, sehr schnell und präzise Höhe und Art der Schadstoffbelastung zu messen. Über diese und weitere Anwendungsgebiete der bahnbrechenden Entwicklung werden in den kommenden Tagen in Innsbruck-Igls mehr als 70 Teilnehmer aus zehn Nationen im Rahmen der "1. Internationalen Konferenz über Protonen-Tausch-Reaktions Massen-Spektrometrie (PTR-MS) und deren Anwendungen" diskutieren. Das Kürzel PTR-MS steht für das am Institut für Ionenphysik der Universität Innsbruck entwickeltes Analyseverfahren, mit dem organische Moleküle in wenigen Sekunden in der Atem-, Raum-, oder Außenluft quantitativ aufgespürt werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten des Messgerätes sind vielseitig und liegen neben der Umweltphysik auch in den Bereichen der Lebensmitteluntersuchung und der Medizin.

Schadstoffe in der Atmosphäre analysieren

Langsam aber sicher ändern menschliche Aktivitäten die komplexe Spurengaszusammensetzung der Erdatmosphäre. Erste negative Auswirkungen wie der Treibhauseffekt und die zunehmende Smogbelastung (bodennahes Ozon, Staubteilchen etc.) zeigen sich schon seit Jahren. Das Inn- und das Wipptal sind aufgrund der extremen Verkehrsbelastung hier besonders betroffen. Das PTR-MS-Verfahren erlaubt Untersuchungen der atmosphärischen Luft in "Echtzeit" und bildet damit zusammen mit Atmosphären-Modellrechnungen den Schlüssel zum Verständnis der komplexen Probleme. Diese genaue Analyse ist dann die Voraussetzung für sinnvolle Regulierungsmaßnahmen (z.B. welche Schadstoffemissionen müssen unbedingt begrenzt werden, etc.).

Qualitätsprüfung bei Lebensmitteln

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit liegt im Bereich der Lebensmitteluntersuchung. Fleisch, Obst und Gemüse im rohen Zustand emittieren eine Vielzahl an organischen Spurenstoffen. Diese charakteristischen "Aromamuster" geben Auskunft über Qualität - ja sogar Herkunft (Klonstamm) - der Lebensmittel. Damit kann sehr genau festgestellt werden ob die Lebensmittel noch in Ordnung sind und ob der angegebene Herkunftsort wirklich der Wahrheit entspricht. Aber es geht dabei nicht allein um Feinschmeckerei, sondern in erster Linie um Prävention. Beim Rösten von Lebensmittel können gesundheitsschädliche Stoffe wie Acrylamid entstehen. Eine Untersuchung mit dem PTR-MS-Verfahren, kann hier sehr schnell klären, ob das Produkt gesundheitsschädlich ist oder nicht.

Statt Blutabnahme ins Röhrchen blasen

Derzeit arbeiten die Innsbrucker Wissenschaftler daran das Verfahren auch für die Medizin nutzbar zu machen. Eine der wichtigsten Diagnoseformen ist beim Arzt heute noch die Blutuntersuchung. Dies könnte sich aber schon bald ändern. Im menschlichen Atem befinden sich geringe Konzentrationen verschiedener Spurenkomponenten, weichen diese vom Normalwert ab, ist dies häufig ein Hinweis auf Erkrankungen. Die Patienten müssten lediglich in ein Röhrchen blasen und bereits nach wenigen Sekunden würde das Ergebnis vorliegen. Noch ist das eine Zukunftsvision, an deren Realisierung aber schon gearbeitet wird. Sehr anschaulich zeigt sich das am Beispiel von Azetonitril. Dieser Spurenstoff entsteht bei der Verbrennung von Biomasse, also auch beim Rauchen einer Zigarette. Noch mehrere Tage nach der letzten Zigarette können diese Moleküle mit dem PTR-MS-Verfahren im Atem des "Rauchers" nachgewiesen werden.

Seit vier Jahren wird dieses Gerät von der Innsbrucker Firma Ionicon Analytik GmbH - ein Spin-off-Unternehmen der Universität Innsbruck - weltweit vertrieben und für die oben genannte Untersuchungen eingesetzt. Ziel der 1. PTR-MS Konferenz ist es nun, Wissenschaftler und Industrieanwender zu einem freien Meinungsaustausch zusammenzubringen und somit das Verfahren als auch die möglichen Anwendungsgebiete weiterzuentwickeln.