Vorhang auf – Marie Curie, Lise Meitner und Hedy Lamarr geben sich die unteilbare Ehre!
Die abendfüllende Produktion „Curie_Meitner_Lamarr_unteilbar“ des portraittheater zog bei seiner Aufführung am Freitag, den 6. März 2015 im Hauptgebäude der Universität Innsbruck das zahlreich erschienene Publikum in seinen Bann. In episodischen Szenenwechseln portraitierte Anita Zieher in beeindruckendem Gesamtspiel drei international bedeutende Wissenschaftspionierinnen ihrer Zeit und ihres Faches. Von Marie Curie, zweifache Nobelpreisträgerin, Vorreiterin in der Radiologieforschung und erste Frau am Lehrstuhl für Physik an der Pariser Sorbonne, spannte Zieher den Bogen zur österreichisch-schwedischen Kollegin in der Atomphysik, Lise Meitner. Beide Frauen erkämpften mit großem persönlichem Engagement gegen die Verhinderung weiblicher Beteiligung in der wissenschaftlich-technischen – und, vor allem – männerdominierten Forschungsliga ihren Platz. Diesen Kampf um Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Leistungen und ihre persönliche Entwicklung inszenierte Zieher als Universaldarstellerin mit Fokus auf die Einzelwirkung ihrer Figuren, die für sich selbst sprechen. In Verbindung mit der in Wien geborenen Hollywood-Ikone Hedy Lamarr rückte Zieher auch epochale technische Erfindungen, die außerhalb des Wissenschaftsbetriebes erfolgten, in der Folge aber große Forschungsgeschichte schrieben, in den Blick.
Die facettenreiche Darstellung Ziehers unterstrich dabei die vielschichtigen Beteiligungen der drei Protagonistinnen in zentralen Wissenschaftsmomenten des ausgehenden 19. wie 20. Jahrhunderts. Unter dem griffigen Motto „Strahlung. Kernspaltung. Frequenzsprünge.“ stellte die Aufführung die einprägsamen Errungenschaften der vorgestellten Pionierinnen im internationalen Rahmen vor den Vorhang und entführte ihr Publikum in eine Vorführung, die so mancher Blockbusterverfilmung in puncto Unterhaltungswert den Rang ablaufen könnte. Begleitet wurde das abwechslungsreiche Theaterstück durch Musik- und Videosequenzen, die die Begeisterung junger Wissenschaftlerinnen, den großen Vorbildern nachzufolgen, spielerisch näherbrachten. Marie Curie, Lise Meitner und Hedy Lamarr ‑ drei Namen, die für Elan, Wissbegierde und Entschlossenheit stehen und deren Trägerinnen schon zu Lebzeiten im internationalen Wissenschaftskontext konkrete Größen waren.
Projekt portraittheater – große Frauen, groß präsentiert!
Die Koproduktion von portraittheater unter der Leitung von Anita Zieher und ihrer Kollegin Sandra Schüddekopf und dem Theater Drachengasse entstand im Jahre 2014 und erfreut sich bereits internationaler Bekannt- und Beliebtheit. Das neueste Werk aus der Drehbuchschmiede ist in Arbeit: Als nächste außergewöhnliche Frau wird Rosa Luxemburg vorgestellt. Bei diesem Projekt wird Anita Zieher musikalische Unterstützung on stage erhalten. Weiters tourt die „Unteilbar“-Produktion ab Juli dieses Jahres nun erstmals auch als englischsprachiges Format; neben weiteren Produktionen, wie dem seit fünf Jahren bestehenden Werk „Peace Please. Ein Bertha von Suttner Journal“, reihen sich die „Unteilbaren“-Frauen nun unverkennbar in die Riege faszinierend vielseitiger One-Woman-Shows von Anita Zieher ein. Die studierte Politikwissenschafterin und Publizistin hat es sich mit ihrem – vornehmlich weiblichen – Team zur Aufgabe, nein, vielmehr Passion gemacht, großen Frauen und ihren ganz persönlichen Portraits ein Sprachrohr im Wissenschaftskontext zu bieten. Dabei geht es Anita Zieher als Schauspielerin, die es auch vermag, in verschiedenen Rollen die Dynamik ihres Stückes anzuheizen, um das Aufzeigen von Wirkmomenten; es geht bei der Portraitierung rein um das Wirken der jeweiligen Protagonistin selbst, ihren (wissenschaftlichen) Erfolg, ihren Werdegang – ihr Ich. Die Konzentration Ziehers auf das Hineinschlüpfen in die Haut einer Curie, Meitner oder Lamarr weist auch ihre äußerst präzise Arbeit aus und die Gabe, drei Lebens- und Wirkwelten in einem Verständniskosmos zu vereinen.
„Unteilbar“ genial!
Marie Curie und Lise Meitner waren beide in ihrer Profession als Naturwissenschaftlerinnen und ihren jeweiligen Errungenschaften in den Bereichen der Physik und auch der Chemie weithin bekannt. Bei Hedy Lamarr sieht die Sache ein wenig anders aus. „Ich wollte sie als Kontrast und Fingerzeig einbringen“, so Anita Zieher zu der Wahl ihres dynamischen Trios. „Sie hat immerhin nach dem Motto „schaut’s, ich muss nicht studiert haben, um auch mal einen Fuß in die wissenschaftliche Pforte zu bekommen!“ gezeigt, dass es auch anders geht. Sie war Schauspielerin und hat einfach so nebenbei eine technische Neuerung vorgestellt – das macht sie doch so interessant und vor allem erwähnenswert!“ Mit der Arbeit an einem Lochkartensystem lieferte Lamarr zusammen mit dem Komponisten George Antheil die Vorlage für eine Fernsteuerungsvorrichtung für Torpedos, die vor allem von den USA in der Endphase des II. Weltkrieges vielfach entscheidend genutzt wurden.
Noch dazu lässt sich eine Brücke schlagen von der über die Wissenschaftsdiskussion hinaus weithin bekannten Kernphysikerin Lise Meitner zur ausdrucksstarken Hedy Lamarr. „Beide haben als Österreicherinnen essenzielle Beiträge zum technischen Fortschritt des 20. Jahrhunderts geleistet, jede auf ihre Art. Generell verbindet alle drei das Überwinden gewisser gegebener kultureller Hindernisse – und das macht die Sache doch erst spannend“, meint Zieher dazu.
Zusammenarbeit auf Uni-Level
Dass die Produktion „Curie_Meitner_Lamarr_unteilbar“ zum Weltfrauentag 2015 an der Universität Innsbruck aufgeführt wurde, ist das Ergebnis einer Kooperation des Büros für Gleichstellung und Gender Studies an der LFU Innsbruck und der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Brücken zu schlagen, Brücken zwischen faszinierenden Einzelgeschichten, Episoden aus dem Lebenselixier Wissenschaft und Forschung und Passionen dreier grundsätzlich differenzierter wie faszinierender Persönlichkeiten – dieser Cocktail an Spannung und spannend gestalteter Fachunterhaltung ist bei der heurigen Aufführung zum Weltfrauentag 2015 mehr als gut gelungen.
(Ricarda Hofer)