... Dis­puta­tion des durch­lauch­tigs­ten Grafen...

Ein großer Ehrentag für einen Studenten, keine Promotion sondern eine öffentliche Disputation, garniert mit erlauchtem Publikum, durchgängig ritualisiert, gefolgt von einem Ausklang bei Speis und Trank, Musik und Böllerschüssen.
Symbolbild Symbole und Rituale
Bild: Symbolbild Symbole und Rituale. Montage (von links): Festakt mit Szepter der Universität, historisches Siegel der Universität Innsbruck. (Credit: Universität Innsbruck)

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Eintrag v. 7. August 1702. Üb. v. Simon Wirthensohn.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Eintrag v. 7. August 1702. Üb. v. Simon Wirthensohn.

Übersetzung:

Montag. Feierliche philosophische Disputation des durchlauchtigsten Grafen Anton Rupert Christoph Fugger Graf in Kirchberg und Weissenhorn usw. Magister der Philosophie, der aus diesem Anlass vom höheren Katheder aus verteidigte. Den Vorsitz führte der verehrte Pater Peter Pfister SJ, der emeritierte Professor der Philosophie. Die Thesen, die gedruckt und mit vier in Erz eingravierten Emblemata reichlich dick waren, waren Joseph, dem allerhöchsten König des Heiligen Römischen Reiches gewidmet, welcher zur Disputation sozusagen einen Kommissär entsandt hatte, und zwar den vortrefflichen Herrn Paris, Grafen von Lodron, ein enger Berater seiner Majestät und der höchste Jagdpräfekt in Tirol, welcher seine Rolle als Opponent an den Prokanzler der Universität übertrug. Diesem folgte als Opponent sogleich der sehr ehrwürdige und berühmte Pater Johan Baptist Halden SJ, Professor für Moraltheologie. Zur Steigerung der Feierlichkeit wurde an der Stelle des Rektorstuhls ein Baldachin mit dem Bild des allerhöchsten Patrons und einem Königsthron aufgestellt (der Stuhl wurde auf die gegenüber liegende Seite gebracht). Diesem rezitierte vor dem Beginn der Disputation, nachdem er eine dreifache tiefe Reverenz vorausgeschickt hatte, der durchlauchtigste Defendent einen Widmungsbrief, und legte, nachdem er die Reverenz noch dreimal wiederholt hatte, die Thesen, welche in Samt und Seide eingeschlagen waren, auf ein Polster über dem Königsthron. Nach dem Ende der Disputation, welcher der vortreffliche Herr Kommissär vor und nach Mittag beiwohnte, befestigte der genannte vortreffliche Herr Graf eine goldene Halskette mit einer Münze, auf welche ein Bild des Kaisers geprägt war, am Hals des durchlauchtigsten Herrn Defendenten. Darauf befand sich auch eine geschmückte Gratulation in deutscher Sprache. Der Herr Kommissär verhielt sich sowohl gegenüber dem Herrn Defendenten, dem Grafen, als auch gegenüber allen Patres der Universität überaus freundlich. Am Abend wurde vom durchlauchtigsten Herrn Defendenten im Hofgarten für die Herren Professoren und einige andere Gäste spontan ein ansprechendes Gastmahl gegeben. Dabei spielten feierlich zwei Flötenspieler und Trommlergruppen, während deren Aufführung drei Kanonenschüsse abgegeben wurden.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Eintrag v. 7. August 1702. Üb. v. Simon Wirthensohn.

Die Gewährung einer öffentlichen feierlichen Disputation war, abgesehen von der Verleihung akademischer Würden, die größte Auszeichnung, die die Universität vergab. Die Thesen waren meist aufwendig gedruckt und einer hochgestellten Persönlichkeit gewidmet. Eine solch feierliche Disputation dauerte in der Regel einen ganzen Tag und endete mit der Darreichung von Erfrischungen bzw. einem Mahl. Da es sich um einen feierlichen öffentlichen Akt handelte, war nicht nur der Ablauf sondern v.a. die Positionierung der Universitätsangehörigen und die Reihenfolge der Opponenten genau geregelt. Abweichungen oder Verfehlungen bei diesem Ritual erregten Ärgernis, verursachten Beleidigung. Eine Kette mit dem Bild des Kaisers im Wert von 200 bis 300 fl war durchaus das übliche Geschenk bei dieser feierlichen Zeremonie. Andererseits waren die Kosten wie Gebühren, Druck der Thesen, Festgestaltung, die dem Verteidiger der Thesen bzw. seinen Angehörigen anfielen, sehr hoch.

Der Defendent hatte seine Thesen dem römisch-deutschen König Joseph gewidmet. Joseph (1678–1711) war bereits 1690 zum römisch-deutschen König gewählt und gekrönt worden. 1705 folgte er seinem Vater Leopold unmittelbar nach dessen Tod als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches nach. Wenn ein Herrscher bei einer offiziellen Feierlichkeit nicht anwesend war, war es üblich, einen Thron und sein Bild auf ein Podest zu stellen, damit war er symbolisch, in effigie, präsent. Sein Vertreter, der die Würde der Feier erhöhte, aber in diesem Fall inhaltlich sicher nichts beizutragen hatte, übergab seine Rolle dem Prokanzler Sigismund Epp, d.i. dem Vertreter des Bischofs von Brixen, der qua Amt Kanzler der Universität war. Der Weltpriester Epp war außerdem Professor der Polemik und dreimal, auch 1702, Rektor. Der zweite Opponent, Pater Halden SJ, war 1689 zum Professor der spekulativen Theologie ernannt worden.

(Margret Friedrich)

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