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Inhaltsverzeichnis
SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 12
zurück F. Arbeitnehmerhaftung iwS
vor H. Glücksverträge – Gewagte Geschäfte
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G. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Die §§ 1175-1216 ABGB handeln von der „Erwerbsgesellschaft”, die wir heute Gesellschaft bürgerlichen Rechts/GesbR nennen. Gschnitzer bezeichnet sie zu recht als „Mutterboden für ein hochentwickeltes Gesellschaftsrecht, das jetzt im Handelsrecht beheimatet” ist. – Allein der Anwendungsbereich der GesbR ist nach wie vor ein vielfältiger, mag auch die beträchtlich an Bedeutung verloren haben.
Erwerbsgesellschaft
Sie reicht immer noch von der Strassenbaulos-ARGE, über Bürgerinitiativen und verschiedene Interessengemeinschaften (zB von Mietern oder Wohnungseigentümern), bis zu den Bauwerbern eines Selbstbauprojektes. Und (mehrere) Banken bedienen sich der GesbR, wenn sie gemeinsam Wertpapiere begeben oder ein Kreditkonsortium gründen, um Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Land- und Forstwirte greifen auf diese Rechtsform zurück, wenn sie Maschinen- oder Transportringe udgl bilden. Dasselbe gilt für Musikgruppen, die sich lose zusammenschließen wollen oder Geschäftsleute die einen rechtlichen Rahmen suchen, um gemeinsame (Werbe)Aktionen durchzuführen; zB eine gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung; vgl auch SZ 44/123 (1971): Schischule G in Vlbg und SZ 53/9 (1980): Jagdgesellschaft. Oder den Sachverhalt von JBl 2002, 458: Liegenschaftseigentümer schliessen einen Gesellschaftsvertrag, um einen Abverkauf von Liegenschaften an dritte Personen zu verhindern
§ 1216 ABGB wollte die Vorschriften der GesbR noch (subsidiär) auf die Handelsgesellschaften angewandt wissen. Die Einführung des dtHGB im Jahre 1938 hat dem aber für die Personengesellschaften einen Riegel vorgeschoben (vgl Art 7 EVHGB) und die Kapitalgesellschaften brauchen wegen ihrer detaillierten Regelungen diese Regeln nicht mehr.
I. Geschichte, Wesen, Abgrenzungen
1. Geschichte
Das ABGB unterscheidet, dem römischen Recht folgend, zwischen Gemeinschaft/communio incidens und Gesellschaft / societas und regelt die beiden Rechtsinstitute in den §§ 825 ff und 1175 ff. – Die Gesellschaft entsteht, als gewollter Zusammenschluß mehrerer Personen, durch Vertrag; die Gemeinschaft dagegen unabhängig vom Willen der Beteilgten durch Gesetz. Typisch und häufig für letztere ist die Erben-, als (Mit)Eigentumsgemeinschaft; zB Geschwister erben nach dem Tod eines Elternteils ein Haus. – Man kann auch sagen: die Gesellschaft entsteht (privat)autonom durch Vertrag der Gesellschafter, die Gemeinschaft dagegen heteronom durch Regeln des Gesetzes.
Gemeinschaft oder Gesellschaft
Aber nicht alles , was auf Vertrag beruht, folgt deshalb schon den Regeln der GesbR; denn für die eheliche Gütergemeinschaft gelten die Vorschriften der §§ 1233-1236 ABGB und die Rspr nimmt bei blosser Beteiligung eines Arbeitnehmers am Gewinn eines Unternehmens kein Gesellschaftsverhältnis an; vgl EvBl 1974/51 und § 14 AngG. Auch wenn ein (Ehe)Paar gemeinsam zB ein Haus kaufte, wurde häufig nur eine Gemeinschaft und keine Gesellschaft angenommen, obwohl dem Erwerbsakt ein gemeinsamer Vertragsschluss zugrunde liegt. Die Rspr hat hier aber wenigstens zum Teil umgedacht; vgl JBl 1988, 516: Lebensgemeinschaft als GesbR. Für Ehepaare kommt eine GesbR aber überhaupt erst dann in Betracht, wenn die von ihnen erbrachten Leistungen über die eheliche Beistandspflicht des § 90 ABGB hinausgehen. – Zu restriktiv MietSlg 9579 (1962): Mehrere Mitbenützer einer Wohnung, von denen nur einer Hauptmieter ist, vereinbaren, dass ihnen im Innenverhältnis gleiche Rechte (wie Hauptmietern) zustehen sollen. OGH betrachtet das Rechtsverhältnis zwischen den Mitbenützern als Gemeinschaft. Richtiger wäre hier eine Innengesellschaft anzunehmen gewesen.
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2. Wesen
Die GesbR ist nach hA keine juristische Person und daher auch nicht auf Mitgliederwechsel angelegt, wenngleich sie einen solchen auch nicht ausschliesst. Sie begründet demnach kein von den Mitgliedern gesondertes rechtliches Eigenleben, sondern bloß ein Schuldverhältnis auf Dauer (DSchV) zwischen den Gesellschaftern.
JurP?
Daher kommt es nach Aufnahme der Gesellschaftstätigkeit im Falle der Auflösung oder Anfechtung des Gesellschaftsvertrags zu einer ex nunc-Lösung und nicht zu einer solchen ex tunc; vgl § 218 Abs 2 AktG.
Die Gesellschafter gründen die Gesellschaft nicht dazu, um gegenseitig Leistungen auszutauschen, sondern um ihre unterschiedlichen Beiträge (Geld, Sacheinlagen, Gebrauchs- und Benützungsrechte, Arbeitsleistungen, Zurverfügungstellen von Know-How etc) einem gemeinsamen Zweck zu widmen → Gesellschaftsvermögen
Gemeinsamer Zweck
Dieser Zweck kann sowohl ein
wirtschaftlicher, aber auch ein
• sog idealer, also ein nicht wirtschaftlicher sein.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 24/87 (1951): Auch eine Gesellschaft, die vorwiegend ideelle Zwecke verfolgt, ist unter § 1175 ABGB zu subsumieren.
Der angestrebte gemeinsame Zweck verlangt daher von der Gesellschaft, die gemeinsamen Angelegenheiten getrennt von denen der einzelnen Mitglieder zu behandeln. Schon bei der GesbR ist daher zwischen Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsschulden und dem (Privat)Vermögen und den Schulden der Mitglieder zu unterscheiden. Das für die Haftung juristischer Personen wichtige Trennungsprinzip ist bei der GesbR aber noch nicht durchgeführt → KAPITEL 4: Haftung.
Trennungsprinzip
Auch die Gemeinschaftsorganisation ist noch unentwickelt, was aber im (kautelarjuristischen) Gesellschaftsvertrag verbessert werden kann.
Gemeinschaftsorganisation?
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3. Abgrenzungen
Die GesbR ist von verschiedenen ähnlichen rechtlichen Gebilden abzugrenzen. – Nämlich:
• der stillen Gesellschaft → KAPITEL 3: Abgrenzungen des Darlehens (Darlehen „partiarisch”)…
• dem partiarischen Darlehen vgl ebendort (Darlehen „partiarisch”)…
• der Teilpacht (§ 1103 ABGB) sowie
• den bloß gewinnbeteiligten Angstellten nach § 14 AngG.
Diese können aber Gesellschafter sein, wenn ihnen Einfluss auf die Betriebsführung, Kontrollrechte sowie eine Beteiligung an Gewinn und Verlust eingeräumt werden, selbst wenn sie als Einlage in die Gesellschaft nur Arbeitsleistungen und kein Kapital einbringen.
Zu den Erwerbsgesellschaften der freien Berufe nach dem ErwerbsgesellschaftenG/EGG 1990, BGBl 257 idgF; vgl auch → KAPITEL 4: Nicht jede ¿Gesellschaft¿ ist eine juristische Person.
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II. Der Gesellschaftsvertrag
Wie erwähnt, entsteht die GesbR durch Vertrag und unterscheidet sich dadurch von der Gemeinschaft. Die bloß grobmaschige gesetzliche Ausformung der GesbR lässt es ratsam erscheinen, im Gesellschaftsvertrag sorgfältig kautelarjuristisch nachzubessern.
1. Form
Das Gesetz schreibt für die Errichtung einer GesbR keine Form vor. Nur wenn sie sich auf das gesamte gegenwärtige oder auch auf das künftige Vermögen bezieht, verlangt § 1178 ABGB die Errichtung eines Inventars. – Gesellschaftsverträge können danach auch mündlich geschlossen werden, ja es kommt der gesamte Anwendungsbereich des § 863 ABGB in Betracht; daher auch konkludentes Vereinbaren einer GesbR. Das spielt zwischen Freunden/innen, Lebensgefährten und Ehegatten eine praktische Rolle. – Die Rspr beurteilt aber – wie angedeutet – manche Vereinbarung, die besser als eine GesbR verstanden würde, als bloße Gemeinschaft oder wendet doch die Regeln der §§ 825 ff ABGB auf diese Vereinbarungen analog an.
Formfreiheit
Rechtssprechungsbeispiel
So wenn MietSlg 9579 (1962) auf mehrere Mitbenützer einer Wohnung, von denen nur einer Hauptmieter ist, die aber vereinbart haben, dass ihnen (im Innenverhältnis) gleiche Rechte zustehen sollen „als ob alle Mitbenützer Hauptmieter wären”, die §§ 825 ff ABGB analog anwendet, statt eine Innengesellschaft anzunehmen.
Vgl auch SZ 50/123 (1977): Zu den Voraussetzungen eines konkludenten oder stillschweigenden Zustandekommens einer GesbR – Eine Österreicherin betreibt mit ihrem ausländischen Lebensgefährten einen Gärtnereibetrieb. Der OGH nimmt keine konkludent errichtete Innengesellschaft an, sondern verweist den Lebensgefährten (nach Beendigung der Lebensgemeinschaft) auf Bereicherungsansprüche.
Abgelehnt wird vom OGH auch die Annahme einer (Innen)Gesellschaft in SZ 40/123 (1967) nach deren Sachverhalt Ehegatten gemeinsam die Mittel für einen Hausbau aufbringen und dabei über die eheliche Beistandspflicht hinaus Leistungen erbracht werden, idF aber nur der Mann verbüchert wird.
Anders schon JBl 1963, 264: Hausbau von Ehegatten wird als Gesellschaftsverhältnis beurteilt.
Für Änderungen des Gesellschaftsvertrags wird idR Einstimmigkeit verlangt; vgl aber SZ 40/73 (1973), S. 215, wo der OGH uH auf § 1188 ABGB von einem Mehrheitsbeschluss ausgeht.
Satzungsänderungen
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2. Sorgfaltspflichten – Haftung
Während das Handelsrecht (Art 7 Nr 3 EVOHGB) einen Gesellschafter bei Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten „nur für diejenige Sorgfalt (einstehen lässt), die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt” – sog culpa in concreto, was aber keine Haftungsbefreiung für grobe Fahrlässigkeit bedeutet, haben Gesellschafter einer GesbR für jedes Verschulden (omnis culpa) einzustehen; vgl § 1191 ABGB.
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3. Außen- und Innengesellschaft
Der Gesellschaftvertrag stellt auch Weichen im Hinblick auf diese wichtige Unterscheidung:
• Die Innengesellschaft weist intern zwar ein Gesellschaftsverhältnis auf, läßt dieses aber nach außen hin nicht in Erscheinung treten. – Nach außen hin, also Dritten gegenüber, ist nur eine (Bezugs)Person berechtigt und verpflichtet, mögen auch die von ihr getätigten Geschäfte auf gemeinsame Rechnung gehen. Bei der Innengesellschaft tritt der die Geschäfte führende Gesellschafter nach außen im eigenen Namen, wenn auch auf fremde Rechnung (nämlich auf Rechnung aller Gesellschafter) auf. Er wird als indirekter Stellvertreter tätig → KAPITEL 13: Die indirekte Stellvertretung
Rechtssprechungsbeispiel
GesRZ 1986, 93: Karl Schranz, als Leiter der Schischule St. Anton am Arlberg ist passiv für Schadenersatzansprüche einer Schischülerin legitimiert. Vgl auch → Geschäftsführung, Vertretung, Klagslegitimation: Klagslegitimation.
SZ 50/96 (1977): Gemeinsamer Betrieb einer Apotheke.
Die Stille Gesellschaft (§§ 178 ff HGB) ist weder eine Innengesellschaft, noch überhaupt eine Gesellschaft. – Die Unterbeteiligung, d. i. die Beteiligung an einer Beteiligung, zB an der eines OHG-Gesellschafters oder Kommanditisten, ist blosse Innengesellschaft/GesbR.
• Die Außengesellschaft tritt – wie ihr Name sagt – nach außen hin als Gesellschaft auf. Ein Gesellschafter, der dabei für die GesbR tätig wird, ist direkter Stellvertreter und berechtigt dadurch die anderen Gesellschafter, nicht dagegen die Gesellschaft! (Der GesbR fehlt die Rechtspersönlichkeit!) Nach hA bedarf es auch dazu nach § 1201 ABGB einer internen Beschlussfassung (Mehrheitsbeschluß) zur Vollmachtserteilung.
Merkregel: Wer im Innenverhältnis geschäftsführungsbefugt ist, kann seine Mitgesellschafter auch im Außenverhältnis gültig vertreten, also berechtigen und verpflichten.
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1982, 93: Bau-ARGE – Zwei Bauunternehmer vereinbaren, dass nur einem von ihnen die Geschäftsführung und Vertretung zukommen soll; dies bei Ausschluß der Haftung des anderen;
GesRZ 1985, 137: Bau- ARGE übernimmt Baulos. Im Innenverhältnis wird völlige Trennung der Arbeiten beschlossen.
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III. Wirkungen der Gesellschaft
Zweck der Gesellschaft ist es, die unterschiedlichen gemeinsamen Leistungen der Gesellschafter einem gemeinsamen Zweck zu widmen. Die Leistungen, die die einzelnen Gesellschafter erbringen, stellen demnach kein Entgelt dar. – Als Entgelt anzusehen ist es aber, wenn Gewinn- und Verlustanteile nach der Höhe der Beiträge bemessen werden. – Steht einem Gesellschafter, trotz Erbringens von Leistungen kein Gewinn zu, ist das als Unentgeltlichkeit zu qualifizieren.
Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an Gschnitzers Kategorie der entgeltfremden Leistungen → KAPITEL 5: Weitere Einteilungsgesichtspunkte.
1. Beitrags- und Mitwirkungspflicht
Die §§ 1184 ff ABGB bestimmen die Rechte und Pflichten der (Gesellschafts)Mitglieder. Danach sind idR alle Mitglieder verbunden, einen gleichen Anteil zum gemeinschaftlichen Hauptstamm beizutragen und ohne Rücksicht auf die Grösse ihres Anteils „zu dem gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken”; sog Beitrags- und Mitwirkungspflicht.
Die Bewertung der Einlagen obliegt den Gesellschaftern. – § 1189 ABGB schliesst eine Nachschusspflicht aus. Satz 2 dieser Norm ist aber zu beachten. – Als „Beitrag” können ganz unterschiedliche Leistungen erbracht werden; Sachen können ebenso eingebracht werden (zu Eigentum oder zum Gebrauch), wie Geld, Arbeitsleistungen oder Know How.
Nachschusspflicht
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2. Treuepflicht
§ 1186 ABGB regelt die Treuepflicht der Gesellschafter, zumal die Gesellschaft ein (höchst) persönliches Vertrauensverhältnis begründet. Daher ist kein Mitglied befugt, „die Mitwirkung einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft zu unternehmen”. – Daraus hat sich das Konkurrenzverbot des Handelsrechts (§ 112 HGB: für die OHG) entwickelt → KAPITEL 11: Rspr-Beispiele.
Vertrauensverhältnis
Man beachte den grundsätzlichen Unterschied zur (Eigentums)Gemeinschaft der §§ 825 ff ABGB, bei der jeder Miteigentümer seinen Anteil veräußern oder belasten kann (wenn auch nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen; § 830 ABGB), ohne die anderen Gemeinschafter auch nur zu verständigen → KAPITEL 8: Schlichtes oder ideelles Miteigentum.
Aus der Treuepflicht folgt auch die Unübertragbarkeit der Mitgliedschaftsrechte. – Abgetreten werden kann aber der Anspruch auf Gewinnbeteiligung, nicht aber der auf Rechnungslegung.
Unübertragbarkeit der Mitgliedschaftsrechte
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3. Gesellschaftsvermögen
Alle in die Gesellschaft eingebrachten Sachen (iSd § 285 ABGB) stellen das Gesellschaftsvermögen dar. Aber eine GesbR muß über kein Vermögen im herkömmlichen Sinn verfügen. Gschnitzer nennt als Beispiel die Lese- oder Spielgemeinschaft.
Vgl § 1182 ABGB: „Alles, was ausdrücklich zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden ist, macht das Kapital, oder den Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Übrige, was jedes Mitglied besitzt, wird als ein abgesondertes Gut betrachtet.”
Das lässt fragen: Was kann in eine GesbR eingebracht werden?
Was kann eingebracht werden?
Sachen zu Eigentum / quoad dominium: Diese gehen ins Miteigentum der Gesellschaft über;
Sachen können der GesbR aber auch bloß zum Gebrauch / quoad usum überlassen werden;
• Schließlich können Sachen nur ihrem Wert nach / quoad sortem der GesbR überlassen werden; vgl JBl 2000, 238 (Anm Jabornegg): In diesem Fall bleibt der Einbringende formell Eigentümer, aber die GesbR trägt die (wirtschaftliche) Gefahr.
Auf das Einbringen von Einlagen in die GesbR ist die Lehre von Titel und Modus anzuwenden → KAPITEL 2: Die Lehre von Titel und Modus. § 1181 ABGB bezeichnet den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich als Titel „Eigentum zu erwerben”.
Titel und Modus
Das Gesellschaftsvermögen steht im Sondervermögen der GesbR und ist als solches nach § 1182 iVm § 1202 ABGB vom Vermögen der Mitglieder zu trennen.
Gesellschaftsvermögen
Darüber wie das einzelne Mitglied zum Hauptstamm/Gesellschaftsvermögen rechtlich steht, gingen die Meinungen immer wieder auseinander. Gschnitzer, SchRAT 114 f führt dazu aus:
„Nach h. L. steht das Gesellschaftsvermögen im Miteigentum der Gesellschafter. Dafür sprechen die §§ 1183/1 und 1192/2. Da das ABGB nur das schlichte Miteigentum kennt [?], besagt das, dass das einzelne Mitglied über seinen ideellen Anteil verfügen kann, wenn auch nicht verfügen darf, da der Anteil dem gemeinsamen Zweck gewidmet ist (obligatorische Innenwirkung, keine Außenwirkung).”
Miteigentum
„Dieser unangenehmen Folge sucht die deutsch-rechtlich beeinflusste Lehre von der Gesamthand abzuhelfen. Sie beruft sich auf § 1202. Danach kann ein Mitglied über sein nicht in die Gesellschaft eingebrachtes Vermögen ‚nach Belieben’ verfügen. E contrario könne es über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht verfügen. Somit könne über das Ganze wie über die einzelnen Anteile nur gesamthänderisch von allen Mitgliedern verfügt werden.”
Gesamthand
In diesem Sinne SZ 24/87 (1951): Sieben Berufskameraden kaufen eine Almhütte. – Danach ist die Abtretung eines Gesellschaftsanteils an einen Dritten ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter nach § 1186 ABGB unwirksam, auch wenn dem Dritten die Rechtsnatur der GesbR nicht bekannt war.
„Lehre von der juristischen Person (Wahle [und idF Ostheim]). Sie lehnt beide Ansichten ab. Die Gesellschaft dürfe mit ihren Mitgliedern nicht identifiziert werden (Mitgliederwechsel!). Sie sei juristische Person, das Gesellschaftsvermögen daher in ihrer alleinigen Verfügung. Der einzelne Gesellschafter habe keinen Miteigentumsanteil. …”
Juristische Person
Forderungen und Schulden von Gesellschaftern: § 1203 Satz 1 ABGB
Forderungen und Schulden: § 1203 ABGB
„Was also jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die Gesellschaft fordern oder bezahlen.” – Vgl SZ 55/117 (1982).
Forderungen und Schulden der Gesellschaft: § 1203 Satz 2 ABGB
„Ebenso hat aber bei gesellschaftlichen Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Anteil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Falle, welcher bei Handelsleuten vermutet wird, dass alle für einen und einer für alle etwas zugesagt oder angenommen haben.”
Gschnitzer fügt dem hinzu: „Die h. L. nimmt daher an, dass der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden neben der Gesellschaft mit seinem Privatvermögen, aber nur anteilig – nicht wie bei der OHG solidarisch – hafte. Der Gläubiger könne danach wählen, ob er sich an das Gesellschaftsvermögen halte oder auf die einzelnen Gesellschafter pro parte greife. Anders bei den Gesellschaftsforderungen: Hier könne nicht jeder Gesellschafter seinen Anteil, sondern nach § 848/2 und 3 nur Zahlung zur gesamten Hand verlangen.”
Zu beachten ist hiebei, dass eine Haftung der GesbR mit deren Gesellschaftsvermögen nur durchgesetzt werden kann, wenn alle (!) Gesellschafter in Anspruch genommen werden; denn die GesbR kann nicht wie die OHG und die KG nach § 124 HGB unter ihrem Namen geklagt werden.
Inanspruchnahme aller Gesellschafter
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4. Geschäftsführung, Vertretung, Klagslegitimation
Die Geschäftsführung betrifft das Innen-, die Vertretung das Außenverhältnis. – § 1188 ABGB verweist für die Geschäftsführung auf die §§ 833-842 ABGB:
„Bei der Beratschlagung und Entscheidung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten sind, wenn keine andere Verabredung besteht, die in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigentumes gegebenen Vorschriften anzuwenden (§§ 833-842).”
Nach § 833 Satz 1 ABGB kommt der „Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache … allen Teilhabern insgesamt zu”. Bei der GesbR treten an die Stelle der „Teilhaber” alle Gesellschafter. § 1201 ABGB bestimmt dasselbe für die Vertretung. Geschäftsführung und Vertretung fallen daher, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, zusammen. – Nach § 833 Satz 2 ABGB entscheidet bei Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung die Anteilsmehrheit, bei solchen der außerordentlichen Verwaltung gilt grundsätzlich Einstimmigkeit, wobei der Schutz der Minderheit zu beachten ist (§§ 834 f ABGB).
o. und ao. VerwaltungWas ist damit gemeint?
Der Gesellschaftsvertrag kann Geschäftsführung/Verwaltung und Vertretung auch „einem oder einigen Mitgliedern” anvertrauen; § 1190 ABGB. – Diese Personen sind dann „als Bevollmächtigte zu betrachten”. § 1190 ABGB verweist bezüglich ihrer „Beratschlagungen und Entscheidungen” wiederum auf die §§ 833-842 ABGB. – Die §§ 1198-1200 ABGB verpflichten die Bevollmächtigten, denen die Verwaltung anvertraut wurde, zur Rechnungslegung.
Bevollmächtigte
Nach hA wurde die GesbR lange nicht als parteifähig angesehen, besaß demnach prozessual weder Aktiv-, noch Passivlegitimation für Klagen. – Die Rspr hat hier aber – im Kielwasser der Rspr durch den dtBGH – für Erleichterungen gesorgt, was zu begrüßen ist.
Aktiv- und Passivlegitimation
Rechtssprechungsbeispiel
Vgl noch SZ 53/9 (1980): Klagebegehren gegen eine Jagdgesellschaft muss sich gegen sämtliche Mitglieder der Jagdgesellschaft und nicht nur gegen die Mitglieder des Jagdausschusses richten;
GesRZ 1986, 93: Schischule St. Anton am Arlberg / K. Schranz → Außen- und Innengesellschaft
OGH 13. 4. 2000, 6 Ob 58/00y, EvBl 2000/180: Ein GesbR-Gesellschafter erfüllt seine Individualverpflichtungen nicht und wird daraufhin von einem anderen Gesellschafter geklagt; actio pro socio. – OGH: Da die GesbR in Österreich keine juristische Person ist, ist sie im Zivilprozess nicht parteifähig, sodass Parteien des Rechtsstreits die Gesellschafter als Einzelpersonen sind. Das hätte beim Einklagen von Sozialansprüchen der GesbR zur Folge, dass der beklagte Mitgesellschafter sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite auftreten müsste; bei einer derartigen Konstellation liegt daher die Notwendigkeit der actio pro socio auf der Hand. Bei Individualansprüchen kann ein Gesellschafter der GesbR Ansprüche der Gesellschaft gegen einen einzelnen Gesellschafter mit actio pro socio im eigenen Namen geltend machen und Leistung an alle Gesellschafter verlangen.
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5. Gewinn, Verlust, Rechnungslegung und Kontrolle
Für die Gewinn- und Verlustverteilung macht das Gesetz in den §§ 1193 ff ABGB einen dispositivrechtlichen, also modifizierbaren Vorschlag. Eine andere Gewinn- und Verlustverteilung ist daher möglich, nicht aber eine Beteiligung nur am Verlust; sog societas leonina. In diesem Fall ist aber das Vorliegen eines allfälligen Schenkungs- oder Garantieversprechens zu prüfen.
Gewinn ist nach § 1192 Satz 1 ABGB, was „nach Abzug aller Kosten und erlittenen Nachteile über den Hauptstamm zurückbleibt”; was ihn mindert, Verlust.
Jeder Gesellschafter kann jährlich Rechnungslegung verlangen; §§ 1198 f ABGB. Dazu kommt ein Recht auf Bucheinsicht; § 1199 Schlußsatz ABGB. – Auf diese Rechte kann aber nach § 1200 ABGB verzichtet werden.
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IV. Ausscheiden von Gesellschaftern – Auflösung der Gesellschaft
Das Ausscheiden von Gesellschaftern beendet die GesbR nicht, mag sie auch mangels eigener Rechtspersönlichkeit nicht auf einen Mitgliederwechsel angelegt sein. Das Ende der Mitgliedschaft (von Gesellschaftern) ist daher von der Beendigung der GesbR zu unterscheiden.
1. Ende der Mitgliedschaft – Eintritt neuer Mitglieder
Gesellschafter können aus folgenden Gründen ausscheiden:
Ausscheiden
• Beim Tod von Gesellschaftern unterscheidet § 1207 ABGB zwischen der Zwei-Personen-GesbR (Satz 1), bei der durch den Tod eines Gesellschafters die GesbR „erlischt”; und der Mehr-Personen-GesbR für die Satz 2 die (Rechts)Vermutung aufstellt, dass die übrigen Mitglieder die Gesellschaft „noch unter sich fortsetzen wollen”.
Die GesbR kann aber nach § 1206 Satz 3 ABGB mit den „Erben eines Mitgliedes” fortgesetzt werden, obwohl die „gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten … in der Regel nicht auf die Erben eines Mitgliedes über[gehen]”.
Austritt/Kündigung Ausschluss eines Gesellschafters: Gesellschafter einer GesbR können aus dieser austreten; nach dem Gesetz (§ 1189 ABGB) aber nur dann, wenn sie die für das Erreichen des Gesellschaftszweckes nötige Erhöhung der Einlage (sog Nachschuss/Kapitalerhöhung) nicht leisten wollen. In diesem Fall kann ein Mitglied auch „zum Austritt verhalten werden”. – Es sind demnach einseitiger Austritt und (erzwungener) Ausschluss zu unterscheiden. § 1210 ABGB kennt aber noch weitere Ausschlussgründe; so wenn „ein Mitglied die wesentlichen Bedingungen des Vertrages nicht erfüllt” oder „wenn es in Konkurs verfällt” oder bestimmte strafbare Handlungen setzt. – Unter Heranziehung des § 834 ABGB wird von der hM ein einseitiger Gesellschafteraustritt auch dann gebilligt, wenn ein Gesellschafter bei wichtigen Angelegenheiten überstimmt wird und er diese Entscheidung nicht mittragen will. Und § 1211 ABGB gewährt ein (Auf)Kündigungsrecht, „wenn dasjenige Mitglied, von welchem der Betrieb des Geschäfts vorzüglich abhing, gestorben oder ausgetreten ist”. – § 1212 ABGB gewährt ein noch weitergehendes Kündigungsrecht, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und auch aus der Natur des Geschäfts nicht bestimmt werden kann. In diesem Fall „mag jedes Mitglied den Vertrag nach Willkür aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit geschehen (§ 830)”.
Ein ausscheidendes Mitglied kann Rechnungslegung verlangen, muss dies aber, wenn nötig, auch selber tun. – Dem Ausscheidenden ist sein Anteil, der durch Schätzung festzustellen ist, in Geld auszuzahlen.
Rechnungslegung + Auszahlung
Die mangelnde Systematik der Austritts-, Kündigungs- und Ausschlussregeln offenbart legistische Schwächen dieser ABGB-Paragraphen.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 44/123 (1971): Die Ausschließung eines Geselslchafters aus einer GesbR (Schischule in Vlbg) ist ein Gestaltungsrecht, das, wenn der Vertrag nichts anderes vorsieht, nur von der Gesamtheit der übrigen Mitglieder ausgeübt werden kann; ebenso SZ 53/9 (1980): Jagdgesellschaft.
Möglich ist nicht nur der Austritt aus einer bestehenden GesbR, sondern auch der Eintritt neuer Mitglieder, doch bedarf es dazu eines einstimmigen Aufnahmevertrags. – Auf diese Weise kann auch die Mitgliedschaft von einem ausscheidendem auf ein neues Mitglied übertragen werden.
Eintritt neuer Mitglieder
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2. Auflösung der Gesellschaft
§ 1205 ABGB nennt Zweckerreichung, Zweckvereitelung / Verlust des Hauptstammes und Zeitablauf; ausdrückliche oder stillschweigende Fortsetzung sind aber möglich. – Daneben besteht im Rahmen der Vertragsfreiheit auch die Möglichkeit einer einvernehmlichen Auflösung.
Auflösungsgründe
Zu den einseitigen Kündigungsmöglichkeiten der §§ 1211 und 1212 iVm § 830 ABGB → Ende der Mitgliedschaft – Eintritt neuer Mitglieder
Durch die Auflösung wandelt sich die GesbR in eine Gemeinschaft (§§ 825 ff ABGB) um, die dann ihrerseits durch Teilung des gemeinschaftlichen Vermögens beendet wird → KAPITEL 8: Schlichtes oder ideelles Miteigentum. – Die GesbR kennt aber, anders als die (Personen)Handelsgesellschaften, keine Liquidation; vgl SZ 63/44 (1990). – Zuständig für die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens auf alle Gesellschafter (nach dem Verhältnis ihrer Anteile) sind alle Gesellschafter nach den Gemeinschaftsregeln der §§ 841 ff ABGB. Danach entscheiden mangels Einigung „das Los, oder ein Schiedsmann, oder, … [letztlich] der Richter”.
Abwicklung
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 63/44 (1990): Der ausschließende Gesellschafter einer aus nur 2 Personen bestehenden GesbR übernimmt unter Ausschluss der Liquidation das gesamte Gesellschaftsvermögen und kann dem ausgeschlossenen Gesellschafter das Betreten der Geschäftsräumlichkeiten untersagen.
OGH 9. 11. 1999, 4 Ob 291/99v, EvBl 2000/84: Eheleute gründen eine GesbR (Kosmetiksalon); der Gatte vermietet das Geschäftslokal im Parterre seines Hauses an die GesbR. Nach Scheidung und Auflösung der GesbR klagt er die Frau auf Räumung des Geschäftslokals, da sie dieses nunmehr titellos nutze. – OGH: Bestandrechte einer GesbR (!)/societas bleiben bis zur endgültigen Auseinandersetzung aufrecht. Die Gesellschaft wandelt sich erst mit ihrer Auflösung in eine Rechtsgemeinschaft/communio iSd §§ 825 ff ABGB, die ihrerseits erst durch Teilung des gemeinschaftlichen Vermögens beendet wird. Es kommt also durch die Auflösung des GesbR nicht zu einer Vereinigung iSd § 1445 ABGB. Ein (ehemaliger) Gesellschafter nutzt die Bestandräume daher bis zur endgültigen Aufteilung des Gesellschaftsvermögens nicht titellos.
zurück F. Arbeitnehmerhaftung iwS
vor H. Glücksverträge – Gewagte Geschäfte