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Sponsionen und Promotionen am 19. Februar 2011

Autor:Guggenberger Wilhelm
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2011-02-25

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Magnifizenz, sehr geehrter Herr Vizerektor Meixner, geschätzte KollegInnen und Kollegen, liebe Studierende, verehrte Verwandte Freunde und Bekannte unserer Absolventen und natürlich ganz besonders Sie, die Sie heute hier den Abschluss eines oder gleich mehrerer Studien feiern können. Es freut mich, dass ich Ihnen an dieser Stelle noch einmal etwas sagen darf und dass ich es nicht mit der Absicht sagen muss, ihnen etwas beizubringen, dass ich es nicht mit dem Ziel sagen muss ein studientechnisches Problem zu lösen, sondern einfach weil es ein schöner Anlass ist und die Freude über schöne Anlässe des Ausdrucks bedarf.

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Manchmal freilich kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Freude - nicht nur die am Feiern, sondern auch die am Arbeiten, am Studieren, Forschen, Lehren und Lernen - dass diese Freude an unseren Universitäten etwas zu kurz kommt, ja gar erstickt wird. So hat die öffentliche Debatte über Österreichs hohe Schulen in den vergangenen Monaten doch den Eindruck erweckt, die vordringliche Aufgabe der Universitäten sei es, Menschen von sich fern zu halten. Derzeit ist gerade ein Gesetz in Ausarbeitung, das die so genannte Studieneinführungs- und Orientierungsphase neu regeln wird. Die mageren Inhalte dieses Gesetzes zielen freilich mehr auf Abführen, denn auf Einführen. Zunächst soll einmal ausgesiebt werden. Welches Bild von Universität wird denn so öffentlich vermittelt? Da war die Bezeichnung als Elfenbeinturm ja geradezu ein Kompliment, wenn man sie mit der Vorstellung einer Festung vergleicht, die sich gegen junge, wissbegierige und bildungswillige Menschen abschotten muss.

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Aber es soll in diesem festlichen Rahmen nicht gejammert und geklagt werden. Ich habe das auch gar nicht vor. Ich wolle nur ganz kurz auf jenen Hintergrund verweisen, vor dem ich um so glücklicher bin, dass wir es uns an der theologischen Fakultät leisten können, die Türen weit offen zu halten. Wir sind in dieser komfortablen Lage, weil vor unseren Türen die Einlass begehrenden Studienanfängerinnen und -anfänger nicht in langen Schlangen stehen. Ich gebe schon zu, manchmal wäre uns etwas mehr Andrang nicht unrecht. Und man muss auch sagen, dass nicht jedem und jeder die offene Tür die reizvollste ist. Wir Menschen sind nun einmal kuriose Wesen. Es zieht uns meist gerade dort hin, wo man uns am wenigsten haben will, weil wir dort besonders Begehrenswertes vermuten. Trotz all dem bin ich aber froh, dass wir an der Theologie keine Massenstudien zu verwalten haben. Das bietet uns die große Chance, der Individualität mehr Raum zu geben. Ich hoffe, dass Sie nach Jahren, die Sie mit philosophischen und theologischen Studien an unserer Fakultät verbracht haben, das auch bestätigen können und es heute nicht bereuen, gerade diese Wohnung im großen Haus der Leopold-Franzens-Universität betreten zu haben.

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Die Chance der Individualität unserer Studierenden Raum zu geben, verdankt sich nicht unserer Leistung, sie ist ein Geschenk der Umstände, nicht immer nur glücklicher Umstände, vielleicht auch der Vorsehung, ein Geschenk, um das uns andere im universitären Haus mehr oder weniger beneiden mögen, ein Geschenk jedenfalls, das wir nach Kräften zu kultivieren trachten.

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Dass sich Individuen, individuelle Studierendenpersönlichkeiten an der Innsbrucker Theologischen Fakultät durchaus zu entfalten vermögen, mit ihren Talenten und ihren Ideen, vielleicht auch mit ihren Träumen, mit ihrer Intelligenz aber auch mit ihrem Glauben, eben als Individuen, als ungeteilte Persönlichkeiten, dass das der Fall ist, lässt sich meines Erachtens Durchaus erkennen, wenn man auf die sehr kurze, aber erlesene Reihe der Absolventen schaut, die heute hier vorne sitzen. Es handelt sich um vier Männer unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft.

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Da ist der junge Mann aus Vorarlberg, der sich mit seiner Diplomarbeit in nun schon seit Jahren erfolgreiche FWF-Projekte der christlichen Philosophie eingeklinkt hat, die sich kritisch mit dem Weltbild des Naturalismus auseinandersetzen.

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Da ist der Student aus der Republik Korea, der schon Teile seines Diplomstudiums hier in Innsbruck absolviert und nun ein bibelwissenschaftliches Doktorat abgeschlossen hat.

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Da ist der Priester aus Polen, der nach Innsbruck gekommen ist, um etwas über Wirtschaftsethik zu lernen, von denen, die sich am Kapitalismus schon etwas länger die Hörner abgestoßen haben, als seine Landsleute.

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Und da ist schließlich jener Absolvent, der sich nicht nur an der theologischen, sondern auch an der philosophisch-historischen Fakultät, in ganz besonderer Weise entfaltet hat und noch weiter entfaltet. Der Vorarlberger Seniorenstudent, der nicht nur dabei ist, sich so ziemlich alles an akademischen Graden zu erwerben, was wir zu vergeben haben, sondern der auch noch einen Gutteil seiner Familie zum Studium an die Fakultät gebracht hat. Er ist der Grund dafür, dass  wir in dieser Feier neun Titel verleihen, allerdings nur an fünf Personen.

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Liebe Festgemeinschaft, an mir ist es eine angemessene Rede für diese fünf individuellen Persönlichkeiten zu halten. Es ist das erste mal, dass ich in meiner Funktion als Studienleiter unseren Dekan in dieser Hinsicht vertrete. Und wer Dekan Niewiadomski kennt, wer vor allem seine Reden, auch im Rahmen solcher Feiern kennt, der wird mir nachfühlen können, dass es doch einiges an Stress bedeutet, hier an seien Stelle treten zu sollen. Ich verfüge bei weitem nicht über die rhetorische Brillanz und noch weniger über den Elan im Vortrag, die sie vom Dekan hätten erwarten dürfen, aber ich hoffe doch zumindest in einer Hinsicht ein halbwegs adäquater Ersatz für ihn zu sein. In der Hinsicht nämlich, dass es mir gelingt einen roten Faden durch die kurze Vorstellung Ihrer Arbeiten zu schlingen. Denn bei aller individuellen Entfaltung und der Buntheit aller wissenschaftlichen Blüten, die sie treibt, zeichnen sich die Studien an unserer Fakultät doch gerade auch dadurch aus; durch den Roten Faden, einen größeren Sinnzusammenhang, eine weltanschauliche Orientierung, die es erlauben, das vielfältige Wissen zusammen zu ordnen.

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Beginnen wir also mit der Doktorarbeit von Jae Hyun Timothy Nam aus Korea. Die von Martin Hasitschka begleitete Dissertation trägt den Titel: “Wer dürstet, der komme zu mir und trinke. Exegetische und bibeltheologische Untersuchungen zur Wassersymbolik in den johanneischen Schriften”. Bei aller akribischen Detailarbeit an den Texten geht es Timothy Nam stets um die Begriffe von Durst und Hunger als symbolhafte Umschreibung elementarer menschlicher Sehnsüchte und die Frage, was diese Sehnsüchte zu erfüllen vermag. Die Antwort des Evangeliums ist eindeutig. Das lebendige Wasser (àδωρ ζäν), das unseren existentiellen Durst stillen kann, wird von Jesus Christus gegeben, ja letztlich mit ihm identifiziert. Und Timothy Nam meint, dass auch in einer Welt die auf die Schaffung irdischer Paradiese ohne Gott fixiert ist, der Durst nach ewigem, unvergänglichem Leben, ja der Durst nach Gott doch immer wieder aufbreche.

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Durst und Hunger nach Leben, das ist ein Motiv, das auch hinter der zweiten Arbeit steht, die ich Ihnen vorstellen darf, hinter der Dissertation von Marcin Kokoszka aus Polen, mit dem Titel: “Wirtschaftsethische Grundlinien in der Soziallehre von Johannes Paul II. Im Vergleich mit der integrativen Wirtschaftsethik von Peter Ulrich und im Bezug auf die wirtschaftliche Situation Polens”. Betreut hat diese Arbeit Wolfgang Palaver. So unterschiedlich Themenstellung und Zugang, so analog sind doch die Schlussfolgerungen aus beiden bisher genannten Arbeiten. Marcin Kokoszka beschäftigt sich intensiv mit dem Schweizer Wirtschaftsethiker Ulrich, für den an jede wirtschaftliche Aktivität zwei Fragen zu stellen sind: die Frage nach dem Sinn und die Frage nach der Legitimität. Man könnte auch sagen, es geht darum, ob Ökonomie dem Menschen wirklich dient und ob sie es in einer Weise tut, die das Glück der einen nicht auf Kosten der anderen zu erreichen versucht. Peter Ulrich bringt in diesem Zusammenhang keine religiösen Fragestellungen ins Spiel, das tun die Texte von Johannes Paul II. natürlich um so mehr. Diese gehen davon aus, dass die Frage nach dem Sinn unseres Tuns, dem Sinn des Lebens notwendiger Weise auch die Transzendenzdimension mit einbeziehen müssen. Notwendig auch, damit die Sinnsuche in eine Zivilisation der Liebe mündet und nicht in unbarmherzige Konkurrenz. Durst und Hunger nach dem Leben, wie kann es gelingen sie zu stillen und dabei gerecht bleiben.

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Die Gerechtigkeit und wie sie im Rahmen des gesatzten Rechts zum Tragen kommt, das war das Thema der philosophischen Dissertation von Günter Pichler. Ich will hier aber nicht in fremden Revieren wildern und an dieser Stelle daher auf die an unserer Fakultät bei Siegfried Battisti verfasste Diplomarbeit verweisen. Sie trägt den Titel: “Unternehmensethik und wirtschaftliche Effizienz - ein Widerspruch?” Nicht selten scheinen ökonomische Effizienz und Lebensdienlichkeit in Spannung miteinander zu stehen. Gott sei dank wird aber auch immer mehr erkannt, dass auf lange Sicht eine tragfähige Wirtschaft auch einer ethischen Wertbasis  bedarf. Letztlich also auch hier wieder die Frage: wie gelingt es uns, unseren existentiellen Hunger und Durst zu stillen, nicht nur eben mal schnell satt zu werden, kurzfristig befriedigt, sondern auf Dauer zufrieden. Ich vermute und unterstelle einmal, dass es solche Fragen sind, die Günter Pichler umtreiben und dazu veranlasst haben, nach einem langen, erfolgreichen Berufsleben Jahre an unserer Universität zu verbringen mit philosophischen und theologischen Studien und seit neuestem sogar ganze Schulklassen aus Vorarlberg an unsere Fakultät und in Kontakt mit diesen Studien zu bringen, wie sich in der letzen Ausgabe unserer Fakultätszeitung nachlesen lässt.

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Daniel Wehinger hat bei Edmund Runggaldier eine Diplomarbeit verfasst, mit dem Titel: “Subjektivität und Selbstbewusstsein”. Nun mag sich dieser knappe Titel dem Laien nicht gleich erschließt. Ich wage aber einmal zu behaupten, auch hier geht es - zumindest indirekt - um grundlegende Sehnsüchte und um Existenzhunger. Daniel Wehinger arbeitet sich nämlich an zeitgenössischen philosophischen Konzepten ab, die der Frage nach einem sinnerfüllten Leben wohl prinzipiell die Grundlage entziehen, indem sie das menschliche Subjekt als solches negieren. Wehinger hält hingegen am Subjektbegriff mit guten Argumenten fest, verteidigt aber ein Subjekt, das nicht analog zu physikalischen Objekten interpretiert wird, sondern - wenn ich das so formulieren darf - ein Subjekt, das einen Mehrwert besitzt, der sich nicht in naturalistischer und materialistischer Kalkulation auflösen lässt. Mit solchen Arbeiten wird die rationale Verantwortbarkeit ethischer und biblisch-existentieller Rede geklärt, die die vorangehenden Arbeiten prägt.

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Nun wollte ich an dieser Stelle noch über die Arbeit von Rainer Klotz,  verfasst bei Gerhard Leibold, sprechen. Herr Klotz ist heute morgen leider nicht bei uns, ich beziehe ihn trotzdem in meine Ansprache mit ein, weil diese sonst ohne wirklichen Abschluss bleiben würde. Die Dissertation stellt eine Kritische Edition und Studie zu “De glorificatione Trinitatis” Ruperts von Deutz dar und enthält auch eine teilweise Neuübersetzung dieses Werks. Es geht hier also um Texte eines Theologen aus der Zeit um 1100, dem sich Rainer Klotz offenbar verschrieben hat. Auch er leistet - vor allem textkritische und editorische - Grundlagenarbeit für die systematisch theologische Forschung. Und er tut das anhand eines Werkes über die Trinität. Und eben die Trinität benötige ich als Stichwort, um meinen roten Faden wieder aufgreifen zu können. Denn gerade das trinitarische Gottesbild kann als Modell dafür gelesen werden, wie sich der Hunger und Durst nach Sein, nach Leben in einer Weise stillen lässt, die nicht andere zu Opfern meiner eigenen Sehnsüchte macht. Denn letztlich richtet sich unser Durst doch immer auf ein Anerkannt-, Angenommen-, Geachtet- und Geliebt-Sein; selbst wenn wir uns mit vielen materiellen Objekten umgeben, bleibt das der Zielpunkt unserer Sinnsuche. Die trinitarische Liebe gewährt diese Anerkennung und Annahme durch etwas, das unseren zwischenmenschlichen Beziehungen so oft fehlt. Das besondere der trinitarischen Liebe, so hat es ein anderer Theologe des 12. Jahrhunderts ausgedrückt: Richard von St. Victor, ist, dass in der trinitarischen Gemeinschaft jeder will, dass der andere ebenso sehr geliebt wird, wie er selbst, und mehr noch: jeder will, dass der, den er liebt und von dem er geliebt wird andere, dritte ebenso sehr liebt wie ihn selbst. Angesichts solcher Aussagen meldet sich bei uns doch auf der Stelle die Eifersucht, die Missgunst, die Angst zu kurz zu kommen. Und schon machen wir unsere Welt trotz bester Absichten wieder zu einem Dürftigen Ort, an dem nicht die Fülle herrscht, sondern Hunger und  Durst.

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Meine Damen und Herren,  bevor ich nun doch eine Vorlesung zu halten beginne, schließe ich an dieser Stelle mit einem Wunsch, einem Wunsch für uns alle und auch für allen die uns am Herzen und vielleicht auch manchmal im Magen liegen. Ich wünsche uns, dass es uns gelingt einander seltener mit dem Blick einer Konkurrenz zu betrachten, der lediglich die Knappheit steigert und Hunger und Durst nach dem Sein so nur vermehrt. Ich wünsche uns, dass wir einander statt dessen öfter mit dem wohlwollenden Blick des trinitarischen Gottes sehen können, mit einem Blick, der sich an der Stärke, dem Erfolg und dem Glück des anderen freut. In diesem Sinn: gehen Sie mit offenen und wohlwollenden Augen in eine gesegnete Zukunft.

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