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Ordo / Ordination in der evangelisch-lutherischen Kirche
(Kritische Auseinandersetzung mit der Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD vom 13. Oktober 2006)

Autor:Hell Silvia
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2007-12-03

Inhalt

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1. „‚Ordnungsgemäß berufen’ Eine Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD zur Berufung zu Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung nach evangelischem Verständnis” - Darstellung und Anfragen

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Das VELKD-Ordinationspapier „Allgemeines Priestertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis - Eine Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD” geht der hier zu behandelnden Empfehlung voraus und ist 2004 (Texte aus der VELKD Nr. 130) erschienen. Kritische Stimmen dazu gab es sowohl von römisch-katholischer1 als auch von evangelischer Seite2. Schlußendlich wurde der Text, den man unberechtigterweise voreilig als endgültige Empfehlung der VELKD und nicht als Entwurf einer Empfehlung ansah, überarbeitet und unter dem Titel „‚Ordnungsgemäß berufen’. Eine Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD zur Berufung zu Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung nach evangelischem Verständnis” am 13. Oktober 2006 in Ahrensburg im Konsens angenommen und veröffentlicht.3

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Das Augenmerk gilt in der Empfehlung CA XIV und der darin enthaltenen Rede von „ordentlicher Berufung”. Die Frage, die sich bei der Lektüre der Empfehlung stellt, lautet: Worin unterscheidet sich Ordination von einer bloßen Beauftragung? Ist Ordination mehr als nur eine Beauftragung - und wenn ja, worin besteht der Unterschied? Bischof Johannes Friedrich, leitender Bischof der VELKD, gibt im Vorwort der Empfehlung zu bedenken, dass die Praxis in den evangelischen Kirchen alles andere als einheitlich war: „Die Praxis war...sehr uneinheitlich. Es durften somit Vikare und Vikarinnen öffentlich predigen und teilweise die Sakramente verwalten ohne ordentlich nach CA XIV dazu berufen worden zu sein.”4 Es stellt sich die Frage, was unter „ordentlicher Berufung” zu verstehen ist.

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Zu beachten ist, dass nach evangelischer Auffassung der eigentliche Ansatzpunkt das Getauftsein aller Christen (allgemeines Priesterum) ist.5 Bevor evangelischerseits über Berufung bzw. Beauftragung nachgedacht wird, ist das allgemeine Priestertum im Blick. Es gibt einen allgemeinen, allen gleichermaßen geltenden Verkündigungsauftrag.6 In diesem Sinn ist in der Empfehlung von „priesterlicher Würde” die Rede, womit verdeutlicht werden soll, dass es sich beim allgemeinen Priestertum „um eine bestimmte Stellung vor Gott handelt”, nämlich um „die - in und durch Christus allen Christen gegebene - Gottunmittelbarkeit”.7 Die bei Luther häufig anzutreffende Rede von einem priesterlichen oder geistlichen Stand würde heute zu falschen Assoziationen verleiten und wird deshalb in der Empfehlung durch den Begriff „priesterliche Würde” ersetzt. Hinzu komme laut Vorwort der Empfehlung, dass der in CA 5 vorkommende Begriff „ministerium ecclesiasticum” bzw. „Predigtamt” nicht das mit ordnungsgemäßer Berufung übertragene Amt, sondern den allen gleichermaßen geltenden Verkündigungsauftrag meine.8 Das „Verkündigungsamt” ist lutherischerseits nicht einfach mit dem Amt der öffentlichen Verkündigung identisch. Deshalb nochmals die Frage: Was ist luthrischerseits unter „ordnungsgemäßer Berufung” zu verstehen? Worin besteht der Unterschied zwischen einem allen gleichermaßen geltenden Verkündigungsauftrag und einem Amt öffentlicher Verkündigung? Worin unterscheiden sich Beauftragung und Ordination voneinander?

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Die Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Bereich, die die Empfehlung anführt, dient zunächst dazu, zwischen der Verantwortung des Allgemeinen Priestertums und

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der des Amtsträgers zu unterscheiden. Von der Ausübung des Allgemeinen Priestertums im privaten Bereich müsse laut Empfehlung „seine Wahrnehmung in der öffentlichen Versammlung der Gemeinde”9 unterschieden werden. Weil die Feier des Abendmahls ihrem Wesen nach eine „öffentliche Verkündigung des Evangeliums ist”10, liege sie nicht in der Verantwortung des Allgemeinen Priestertums. Das grundsätzlich jedem Christenmenschen zukommende Priesterrecht werde „nur von Personen wahrgenommen”, „die ordnungsgemäß berufen sind, dieses Recht im Namen aller und für alle auszuüben”.11 Grundsätzlich haben jedoch alle Christen als Getaufte „die Fähigkeit zum priesterlichen Dienst”12 sowie die Pflicht, die öffentliche Lehre zu beurteilen. Das, was der Kirche als Gesamtes zukomme, werde allerdings von denen wahrgenommen, die von der Kirche ordnungsgemäß berufen worden sind. ”Soll gewährleistet sein, dass jenes allgemeine Amt öffentlich wahrgenommen wird, so muss es duch Einzelne ausgeübt werden, die dazu als Einzelne von allen berufen sind. Das geschieht in der ordnungsgemäßen Berufung nach CA XIV.”13 Die Berufung erfolge unter Gebet und Handauflegung. Betont wird in der Empfehlung, dass dadurch keinesfalls eine besondere geistliche Fähigkeit verliehen werde, die über die aller Christen hinausginge.14 Mit der ordnungsgemäßen Berufung werden vielmehr „Recht und Auftrag zur öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung übertragen”15.

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Angesichts der sich heute stellenden Aufgaben hält die Empfehlung eine Neureflexion

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des Allgemeinen Priestertums und des Amtes der öffentlichen Verkündigung für erforderlich. Die Reformationszeit konnte unmöglich die heutigen gesellschaftlichen Bedingungen vor Augen haben. Deshalb müsse zwischen der Sache, um die es den lutherischen Bekenntnissen gehe, und der konkreten Formulierung, „in der diese ‚Sache’ im 16. Jahrhundert ausgedrückt wurde”16, unterschieden werden. Im Klartext ausgedrückt: „Während in der Reformationszeit die Übertragung des Amtes der öffentlichen Verkündigung gleichbedeutend war mit der Ordination und mit dieser in eins fiel, stellt sich heute die Frage, ob es in der Aufgabe der Kommunikation des Evangeliums liegende Gründe geben kann, von dieser Praxis der Reformationszeit abzuweichen, ohne deswegen aber den Sachgehalt von CA XIV aufzugeben.”17 Man will mit dieser Aussage Zweierlei: zum einen die reformatorischen Grundprinzipien wahren, zum anderen den gegenwärtigen Anforderungen gerecht werden.

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Der Auftrag zur öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung erfolgt „unter Zuspruch der Verheißung, Gebet mit Bitte um den Heiligen Geist, Auflegung der Hände und Segnung”18. Die Vorstellung, dass dadurch eine „besondere, zu spezifischen Amtsvollzügen überhaupt erst instandsetzende Seinsqualität”19 verliehen werde, wird - wie bereits gesagt - vehement abgelehnt. Hingewiesen wird, dass in evangelischen Kirchen das eine Amt der Kirche seit der Reformationszeit differenziert wahrgenommen wird. Je nach Auftragsumfang werden, so die Empfehlung, unterschiedliche Begriffe verwendet: „Ordination” und „Beauftragung”. „Personen, denen das Amt der öffentlichen Verkündigung zur Wahrnehmung eines die gesamten pfarramtlichen Aufgaben umfassenden Dienstes, sei es ein gemeindlicher oder ein übergemeindlicher Dienst, einschließlich der Teilhabe an der Gemeindeleitung (z.B. im Kirchenvorstand) und der juristischen Verantwortlichkeit übertragen wird, werden ordiniert. Die mit der Ordination verbundene Übertragung des Amtes ist zeitlich nicht befristet.”20 „Weitere Personen, denen das Amt der öffentlichen Verkündigung übertragen wird, werden beauftragt.”21 Die Beauftragten üben ihren Dienst in Abstimmung mit dem/der zuständigen Ordinierten aus - üblicherweise zeitlich befristet.

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Die Empfehlung führt in diesem Kontext einen dritten Begriff ein: nämlich Berufung. Die ordnungsgemäße Berufung könne in Form einer Ordination oder Beauftragung erfolgen. Die ordnungsgemäße Berufung, die evangelischerseits entweder in Form der Ordination oder der Beauftragung geschieht, berechtige zur öffentlichen Verkündigung in Wort und Sakrament. Unterschiede gebe es lediglich in der theologischen Kompetenz22.

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Von dem durch Ordination oder Beauftragung übertragenen Amt der öffentlichen Verkündigung werden in der Empfehlung Dienste der Mitwirkung an der öffentlichen Verkündigung unterschieden.23 Darunter fällt z.B. das Kantoren- und Küsteramt. Von den Diakonen und Diakoninnen sowie den Gemeindepädagogen und Gemeindepädagoginnen heißt es in der Empfehlung, dass sie am Amt der öffentlichen Verkündigung nicht teilhaben.24 Bei denjenigen, die bei der öffentlichen Verkündigung mitwirken, könne an eine Einführung im Rahmen einer „gottedienstlichen Feier”25 gedacht werden. Es müsse davon allerdings „die ordnungsgemäße Berufung ins Amt der öffentlichen Verkündigung und Sakramentsverwaltung” „deutlich unterscheidbar bleiben”.26

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Zuletzt kommt die Empfehlung noch auf „eine inzwischen weitgehend eingeführte, erprobte und bewährte Möglichkeit”27 zu sprechen, nämlich auf Ordination zu einem ehrenamtlich wahrgenommenen Dienst. Der Lebensunterhalt könne auch auf andere Weise als durch die Ausübung des Amtes gesichert sein. Es werden in Zukunft vermehrt „unterschiedliche Verbindungen und ‚Mischungsverhältnisse’”28 nebenamtlicher Tätigkeit im Pfarramt und weltlichem Beruf existieren. Es gebe zwar gute Gründe für die Verbindung von Ordination und Gewährung einer dauerhaften Alimentation durch Wahrnehmung des mit der Ordination übertragenen Amtes, diese seien aber für das reformatorische Amtsverständnis nicht konstitutiv29. Für die Ordination unabkömmlich: abgeschlossene Ausbildung im praktischen Dienst und entsprechender Dienstauftrag.

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2. Anmerkungen dazu

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2.1 Von evangelischer Seite

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Lutherische Theologen haben bei ihrem Treffen am 7./8. Mai 2007 in Fulda eine Stellungnahme zu den Empfehlungen der VELKD herausgegeben.30 In dieser Stellunnahme äußern sich die Theologen ablehnend zur Empfehlung. Sie kritisieren die Auffassung, dergemäß alle getauften Christenmenschen grundsätzlich „die Fähigkeit zum priesterlichen Dienst“ hätten und damit auch die Fähigkeit, einen Wandlungssegen zu vollziehen. Den Ausdruck „Wandlungssegen” würde man römisch-katholisch gesehen im Munde evangelischer Theologen nicht sofort vermuten, er sei aber - so beteuern die lutherischen Theologen in ihrer Stellungnahme - durchaus mit den Lutherischen Bekenntnisschriften konform. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Apol CA X,55.

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In 2 Tim 1,6ff bezeuge die Bibel die Vermittlung eines Charismas durch die Handauflegung des Apostels Paulus: „Um solcher Ursache willen erinnere ich dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht. Darum so schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn ...”31 Die erwähnte „Gabe Gottes“ stehe deutlich erkennbar im Zusammenhang mit der Ermutigung zur Verkündigung des Evangeliums. Hier sei ganz offenkundig von einer Amtsgnade die Rede.

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Ähnlich verhalte es sich auch mit 1 Tim 4,14: „Laß nicht außer acht die Gabe in dir, die dir gegeben ist durch Weissagung mit Handauflegung des Presbyteriums.”32 Mit dem Wort „Weissagung“ sei doch unbezweifelbar ein vollmächtiges Gotteswort gemeint bzw. ein vollmächtiges Ordinationsgebet. Das biblische Wort für „weissagen“ habe ein sehr weites, aber ein immer direkt gottbezogenes Bedeutungsfeld. In 1 Tim 4,14 wie in 2 Tim 1,6 sei klar und eindeutig: Timotheus habe bei seiner Ordination ein Charisma bekommen, das er nicht bereits seit seiner Taufe besaß. Daraus folgern die lutherischen Theologen: Die Taufe allein gibt nicht alles, was für den Amtsträger hilfreich und nötig ist. Die lutherischen Bischöfe schreiben zwar in der Empfehlung, dass die Ordination nicht die Verleihung einer besonderen geistlichen Fähigkeit sei, die über die aller Christen hinausginge. Das heiße aber nicht, so folgern die lutherischen Theologen in ihrer Stellungnahme, dass das Charisma, das Timotheus bei seiner Ordination erhalten habe, unnötig, also überflüssig, sei. Die Ordination wäre ansonsten „leeres Theater”. Oder sollen wir annehmen, so fragen die lutherischen Theologen, dass die Ordination zu biblischen Zeiten noch eine besondere Gabe des Heiligen Geistes vermittelt habe, dass aber die heute zu Ordinierenden diese nicht mehr brauchen?

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Gesagt wird in der Stellunnahme der lutherischen Theologen, dass sich die lutherischen Bischöfe in der Empfehlung ausgiebig auf das allgemeine Priestertum berufen. Über das königliche Priestertum aller Gläubigen könne man in der Tat viel Gutes sagen, es gebe aber keine Schriftstelle, aus der hervorgehe, dass es nach der Taufe keine weiteren Gnadengaben gebe, dass alle Getauften die gleiche Segensvollmacht hätten oder dass durch das allgemeine Priestertum ein besonderes kirchliches Amt ausgeschlossen sei.

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Zu bedenken geben die lutherischen Theologen: Wenn die evangelischen Kirchen nicht mehr die Absicht haben, ihren Pfarrern bei der Ordination ein besonderes Amts-Charisma zu übertragen, stehe zu befürchten, dass auch keines übertragen werde. Es sei zu vermuten, dass schon bei der Predigt das Fehlen der Amtsgnade eine geringere Überzeugungskraft nach sich ziehen würde. Weit schlimmer jedoch seien die Folgen für das Abendmahl: Ohne ein besonderes Amtscharisma - das heißt: ohne eine besondere Segensvollmacht - könne es, so geben die evangelischen Theologen in ihrer Stellungnahme zu bedenken, keine wirkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Jesu Christi geben.

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2.2 Von römisch-katholischer Seite

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Das Zweite Vatikanische Konzil hat deutlich die Bedeutung der Taufe hervorgehoben: „Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistlichen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht...” (Vat. II, LG 10). Darin stimmt die Römisch-Katholische Kirche mit der Wertschätzung des allgemeinen Priestertums in dem Schreiben „Ordnungsgemäß berufen” überein. Differenzen gibt es im Hinblick auf das Priestertum des Dienstes: „Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen...und das Priestertum des Dienstes, das heißt das hierarchische Priestertum, unterscheiden sich...dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach” (Vat. II, LG 10). Auch wenn in LG gleich hinzugefügt wird, dass beide (das gemeinsame Priestertum und das Priestertum des Dienstes / das hierarchische Priestertum) einander zugeordnet sind und beide „je auf besondere Weise am Priestertum Christi” teilnehmen, so ist für die evangelische Seite die Beschreibung des Unterschieds zwischen gemeinsamem Priestertum der Gläubigen und einem Priestertum des Dienstes mit der Bezeichnung „dem Wesen nach” nicht nachvollziehbar.33 Die römisch-katholischer Seite redet ausdrücklich von „Weihe” und „Sakrament”.34

22
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Nach römisch-katholischem Verständnis gibt es zwischen Ordination / Weihe und Beauftragung einen wesentlichen Unterschied. Durch die Weihe wird nach römisch-katholischem Verständnis ein unauslöschliches Merkmal eingeprägt, nicht aber durch die Beauftragung. Im ökumenischen Dialog gibt es heute vielversprechende Versuche, den allzu belasteten Begriff des „unauslöschlichen Merkmals” von einer einseitig ontologischen Sichtweise zu befreien. So heißt es z.B. in dem Dokument „Das geistliche Amt in der Kirche”, das von der römisch-katholischen und evangelisch-lutherischen Kommission 1981 gemeinsam veröffentlicht wurde: „Charakter indelebilis” bedeute, „dass die Berufung und Beauftragung durch Gott den Ordinierten für immer unter die Verheißung und den Anspruch Gottes stelle.”35 Positiv zu würdigen ist der Versuch einer Neubeschreibung von „character indelebilis”. Kritisch anzumerken ist, dass in dem besagten Dokument im selben Atemzug von „Berufung” und „Beauftragung” die Rede ist, ohne hier genauer zu unterscheiden. Eine Unterscheidung wäre aber angebracht.

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Nach römisch-katholischem Verständnis hat das ordinierte Amt bei der Feier der Eucharistie eine konstitutive Bedeutung.36 Wenn es in der Stellungnahme der lutherischen Theologen vorhin geheißen hat, dass es um die Bevollmächtigung zum Sprechen des Wandlungssegens gehe, so hat hier die römisch-katholische Kirche eine verblüffend ähnliche Position. Ohne die Bedeutung des gemeinsamen Priestertums zu schmälern, geht es ihr um die spezifische Rolle des Ordinierten beim Vorsitz in der Eucharistiefeier. Es geht nicht um seine „Machtstellung”, sondern vielmehr um seine spezifische Rolle, die nur im Blick auf die gesamte Kirche, d.h. auf das gemeinsame - oder evangelisch ausgedrückt: auf das allgemeine - Priestertum, näher bestimmt werden kann.37 Der Aspekt des Dienstes, den das Zweite Vatikanische Konzil so hervorgehoben hat,38 erweist sich hierin als besonders weiterführend.

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Anmerkungen:

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1 Hell, Silvia: „Allgemeines Priestertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis“, in: Una Sancta 60. Jg., 3 (2005), 282-291, dies.: Lutheraner: Diskussion um das kirchliche Amt. Allgemeines Priestertum - Ordination und/oder Beauftragung, in: KNA-ÖKI 43 (24. Oktober 2006) 10–12, Kasper, Walter: ‚Brücken niedergerissen‘ - Zum Papier der VELKD ‚Allgemeines Priestertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis‘, in: epd Dokumentation Nr. 12 (15. März 2005) 39f, Lies, Lothar: Ende der Ökumene im Land der Reformation?, in: Stimmen der Zeit (Mai 2005 / Heft 5) 291-296; Kardinal Wetter, ‚Fragestellungen der derzeitigen ökumenischen Situation‘, in: epd Dokumentation Nr. 12 (15. März 2005) 47f, ‚Kardinal Kasper beklagt Rückschritt in der Ökumene’, in: < http://www.katholisch.de/2461_8431.h tm> vom 14.01.2005, ‚Kardinal Kasper kritisiert Papier der deutschen Lutheraner’, in: < http://www.epd.de/print/index_32465. htm> vom 14.01.2005.

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2 Wenz, Gunther: Rite vocatus/a. Zu einer Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD, in: epd Dokumentation Nr. 12 (15. März 2005) 24-32, Wendebourg, Dorotha: Sondervotum zu ‚Allgemeines Priestertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis‘, in: epd Dokumentation Nr. 12 (15. März 2005) 18-23. Prof. Dorothea Wendebourg, Vorsitzende des Theologischen Ausschusses der VELKD, führt drei Argumente an, warum das VELKD-Papier abzulehnen sei: 1. Das Papier widerspreche dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis, im besonderen CA XIV. 2. Das Papier widerspreche sich selbst. 3. Das Papier habe zur Folge, dass die gegenwärtige inkonsistente, für evangelische Gemeinden und Amtsträger gleichermaßen undurchsichtige und auch ökumenisch unglaubwürdige Praxis bestehen bleibe (Sondervotum, in: epd Dokumentation Nr. 12 [15. März 2005] 25-28, hier 25).

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3 ‚Ordnungsgemäß berufen’. Eine Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD zur Berufung zu Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung nach evangelischem Verständnis, in: < http://www.velkd.de/pub/Ordination.pd f>.

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4 Ordnungsgemäß berufen’ - Vorwort I.

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5 Zwischen der Rede von einem „allgemeinen Priestertum” (ev.) und einem „gemeinsamen Priestertum” (röm.-kath.) bestehen feine Nuancen, die nicht zu überhören sind: Die römisch-katholische Rede von einem „gemeinsamen Priestertum der Gläubigen” (Vat. II, LG 10) setzt ein „Priestertum des Dienstes”, d.h. „hierarchisches Priestertum” (oder: besonderes Priestertum) voraus, das dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach von ersterem unterschieden ist. Eine solche Unterscheidung entspricht nicht der evangelischen Auffassung. Darüberhinaus wird evangelischerseits die Formulierung „allgemeines Priestertum” bzw. „Priestertum aller Christen” der Formulierung „Priestertum aller Glaubenden” bzw. „Getauften” vorgezogen, weil zwischen Taufe und Glaube ein Unterschied bestehe: „Durch die Taufe wird das Christsein als Priestersein einem Menschen zugeeignet, im Glauben wird das Christsein als Priestersein von einem Menschen angeeignet” (ebd. 10 ). Als reformatorische Einsicht gilt, „dass jeder Christenmensch durch Taufe und Glauben an der priesterlichen Würde und dem priesterlichen Dienst uneingeschränkt teilhat” (ebd. 11 / Fußn. 29).

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6 Ebd. 5 / Fußn. 11.

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7 Ebd. 9 / Fußn. 22.

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8 Vgl. ebd. Die Interpretation, die die Empfehlung vorlegt, ist nicht unumstritten. Die eine Richtung sieht in CA V („ministerium ecclesisticum” bzw. „Predigtamt”) einen allen Christen geltenden Verkündigungsauftrag, die andere Richtung deutet CA V ganz von CA XIV her und meint, es gehe auch hier (in CA V) um das ordinationsgebundene Amt. Zur letzteren Deutung s. Wenz, Gunther: Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche: Eine historische und systematische Einführung in das Konkordienbuch. Band 2. Berlin / New York 1997, 325.

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9 Ebd. 11.

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10 Ebd. / Fußn. 31. Weil die Feier des Abendmahls ihrem Wesen nach eine öffentliche Verkündigung des Evangeliums sei, deshalb habe sich Luther ablehnend „zur häuslichen Abendmahlsfeier in der Verantwortung des Allgemeinen Priestertums” geäußert (ebd.). Hinzugefügt wird dann allerdings sogleich, dass diese Ablehnung nichts damit zu tun habe, „dass ohne einen ordnungsgemäß berufenen Amtsträger keine sakramentale Gegenwart Jesu Christi zustande komme” (ebd.).

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11 Ebd.

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12 Ebd.11f.

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13 Ebd. 12. CA XIV: „Vom Kirchenregiment wird gelehrt, dasz niemand in der Kirchen offentlich lehren oder predigen oder Sakrament reichen soll ohn ordentlichen Beruf ”- lateinisch: „De ordine ecclesistico docent, quod nemo debeat in ecclesia publice docere aut sacramenta administrare nisi rite vocatus” (BSLK 69,1-4, Hevorheb. S.H.).

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14 Vgl. ebd. 13.

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15 Ebd. 14.

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16 Ebd. 16.

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17 Ebd.

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18 Ebd. 18.

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19 Ebd.

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20 Ebd. 19.

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21 Ebd.

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22 Die theologische Kompetenz der Ordinierten wird in der Empfehlung kurz beschrieben (ebd. 19f). Nicht ausgeführt wird, worin die theologische Kompetenz der Beauftragten besteht (s. dazu ebd. 20). Vgl. dazu auch ebd. 22.

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23 Vgl. ebd. 20f. Gedacht ist an die Vorbereitung und Durchführung von Gottediensten, wie z.B an die Übernahme von Lesungen und Gebeten sowie an die Austeilung des Heiligen Abendmahls (ebd. 22), weiters an „die Seelsorge im persönlichen Bereich” (ebd.), zu der auch - anders als in der Römisch-Katholischen Kirche - das Hören der Beichte gehöre.

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24 Vgl. ebd. 21.

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25 Ebd. 22.

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26 Ebd.

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27 Ebd. 23.

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28 Ebd. 24.

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29 Vgl. 23.

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30 http://www.stmichael-online.de/stellungnahme_text.htm (Abfrage am 14.10.2007).

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31 Ebd. 2.

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32 Ebd. 2f.

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33 Siehe dazu „Ordnungsgemäß berufen” 18: „Weil die Fähigkeit dazu [zu Wortverkündigung und zur gültigen Darreichung der Sakramente] allen Christenmenschen eignet, ist jede Deutung der Übertragung des Amtes im Sinne einer Weihe abzulehnen. Sie verleiht keine besondere, zu spezifischen Amtsvollzügen überhaupt erst instandsetzende Seinsqualität...”

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34 Dass die Getauften zu einem Priesterum geweiht sind, steht nicht in einem Konkurrenzverhältnis zu einer Weihe zum Priestertum des Dienstes. Was den Begriff „Sakrament” angeht, so weiß auch die Römisch-Katholische Kirche um die Notwendigkeit, zu differenzieren: Taufe/Firmung und Eucharistie sind nicht in der gleichen Weise Sakrament wie z.B. Ehe und Ordo - oder anders formuliert: Es wird zwischen „sacramenta maiora” und „sacramenta minora” unterschieden. Diese Unterscheidung ist für den ökumenischen Dialog von großer Wichtigkeit. Vgl. dazu: Gemeinsame römisch-katholische - evangelisch-lutherische Kommission, Das geistliche Amt in der Kirche. Paderborn / Frankfurt a. Main 31982,29f (Nr. 33).

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35 Ebd. 31f (Nr.37).

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36 Vgl. ebd. 27 (Nr. 28).

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37 Vgl. dazu Hell, Silvia: Der sakrifizielle Charakter eulogischer Vollzüge. Ökumenische Anmerkungen zum Messopfer, in: Eucharistie und Ökumene (Sonderband anl. des 65. Geburtstags von Lothar Lies SJ) - ZKTh 127/2-3 (2005) 215-236. Der Ordinierte bzw. Geweihte ist von der Kirche offiziell erwählt, um für den „liturgischen Raum”, d.h. für das Ankommen Christi beim Menschen, zu sorgen. Dies geschieht „im glaubenden Gedenken, Bitten, Loben und Danken” (ebd. 233) - in eucharistisch-eulogischen Vollzügen, die der Ordinierte / Geweihte mit den und für die Getauften vollzieht. Deutlich bleiben muss dabei, dass Christus das eigentliche Subjekt ist.

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38 Vat. II, LG 7, 10, 12, 13, 18, 20, 24, 26, 28, 29, 32 (unter ‚Dienste in der Kirche’ - laut Register nur die Hauptstellen).

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