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Fröhliche Ferien und die Welt der Verzweiflung

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2003-07-08

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Einer ausgelassenen Stimmung begegnet die Welt der Verzweiflung. Während in Moskau vierzigtausend Jugendliche sich einem Musikfestival überlassen, dringen zwei fremde junge Frauen ein und sprengen sich in die Luft. Ergebnis: 18 Tote und Dutzende von Verletzten. Ein tragischer Einzelfall? Kaum! Während in den reichen Ländern Millionen von Menschen von Entspannung, Spaß und Vergnügen in den kommenden Ferien träumen, leben in anderen Teilen der Welt noch mehr Menschen in Armut und Elend. Viele geraten in die Welt der Verzweiflung und sehen keine Zukunft mehr. Manche sind deshalb bereit, ihrem Leben ein Ende zu setzen; sie wollen diesem Ende aber durch ein 'Opfer' für eine höhere Sache einen Sinn zu geben. Sie 'opfern' sich für ihr Volk. Wahnsinn und Fanatismus? Ja, - von außen gesehen! Aber die Welt der 'Opfer' war schon immer eine eigene Welt. Sie durchzieht die ganze Menschheitsgeschichte und wird überall dort virulent, wo Völker in Krise und an den Rand des Chaos geraten.

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Auch die heutige Welt hat etwas Chaotisches, wie der Unterschied zwischen reich und arm zeigt. Die Welt des Reichtums triumphiert für den Augenblick, sie bewegt sich aber auf einem dünnen Boden, der leicht brechen kann. Der Spaß ist jeweils rasch vergessen, die 'Opfer' und 'Selbstopfer' prägen sich aber tief ins Bewusstsein derer ein, die mit ihnen verbunden sind. Auch wenn dies für uns Wahnsinnstaten sind, die Mitleidenden, von denen es viele gibt, sehen und empfinden es anders. Der Sieg im Irak hat für kurze Zeit die Amerikaner erfreut. Doch nun beginnt eine andere Zeit, die Johannes Paul II. in seinem Einsatz gegen den Krieg vorausgesehen hat. In den kommenden Monaten und Jahren dürften sich im Irak manche 'selber opfern' und viele andere zu 'Opfern' machen. Überdauern werden schließlich jene, die die Welt der 'Opfer' besser ertragen und ihr einen Sinn zu geben vermögen, was bei einer Spaß-Gesellschaft zu bezweifeln ist.

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Die Welt der Ferien und des Tourismus bewegt sich auf einer dünnen Oberfläche, und sie will normalerweise das Abgründige nicht sehen. Doch der Terrorismus ist schon öfters in sie eingebrochen, und Ähnliches dürfte auch in Zukunft sich wieder ereignen. Dies sind Zeichen, dass die Ferienzeit nicht nur eine heile Zeit ist. Die Erholung lädt uns deshalb zugleich zur Besinnung ein. Zwar sollten wir nicht ständig an mögliche Attentate oder Unfälle denken, wohl aber sind wir aufgefordert, die dunkle Welt auch in der Ferienzeit nicht zu verdrängen. Wir sollten etwas Zeit finden für jene, die an der Welt der Erholung keinen Anteil haben, etwa kranke und alte Menschen. Wir sind auch eingeladen, auf etwas vom Überflüssigen - im Sinne eines kleinen 'Opfers' - zu verzichten, um mit dem Ersparten anderen zu helfen. Damit kaufen wir uns von den Verpflichtungen gegenüber dem leidenden Teil der Menschheit nicht frei, wohl aber setzen wir für uns selber ein Zeichen. Dieses wird wie von selber seine Wirkung in unserem Leben und vielleicht auch im Leben anderer Menschen haben.

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