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Der Heilige Geist und der interreligiöse Dialog

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2003-06-05

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Die Rede vom interreligiösen Dialog ist zum Schlagwort geworden. Dennoch: der Dialog ist unbedingt notwendig, und zu ihm gehört eine große innere Offenheit. Doch was ist das? Die Offenheit wird oft mit Unverbindlichkeit oder eigener Unsicherheit verwechselt. Wer selber nicht weiß, was er glaubt oder glauben will, steht persönlich vor wichtigen und oft schweren Entscheidungen und in dieser Situation neigen manche zum interreligiösen Dialog. Gerade sie dürften dazu aber ungeeignet sein. Wer selber schwankt, kann die Entschiedenheit bei Gläubigen anderer Religionen kaum verstehen und wird rasch Fundamentalismus vermuten. Schwankende können auch die eigene Religion den Gesprächspartnern nicht angemessen vermitteln. Sie fördern deshalb eher Missverständnisse und bringen den Dialog in Verdacht. Zum wahren Dialog gehört, dass man sich mit den gegenteiligen Überzeugungen tief konfrontiert, aber ebenso die eigene Überzeugung offen und ehrlich zu vermitteln vermag, ohne persönliche Probleme mit den Grundüberzeugungen der eigenen Religion zu verwechseln.

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Ein echter Dialog ist anspruchvoll, ja er ist so anspruchsvoll, dass er die eigenen Kräfte übersteigt. Er ist kein handliches Programm, das man beliebig einsetzen könnte, sondern ein Geschenk von oben, eine Gabe des Hl. Geistes. Nur dieser Geist kann letzte Gewissheit und volle Offenheit zugleich schenken. Extreme sind immer leicht. Aus Fanatismus kann man sich problemlos in etwas verbohren, und aus Unverbindlichkeit kann man leicht die Rolle des 'Offenen' spielen. Die Einheit der Spannungspole zu leben ist jedoch weit schwieriger.

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Jesus war offen. Er hat alle eingeladen und zugleich harte Gerichtsworte verkündet. Gerade wegen seiner Offenheit hat er seine Feinde auch offen als Feinde angesprochen, ihnen viel zugemutet und den Konflikt nicht mit schönen Worten übertüncht. Er war so offen, dass er sich von seinen Gegnern sogar verurteilen und töten ließ. Dies ist die radikale Offenheit, auf die der wahre Dialog zielt, und der ganz anders läuft, als das übliche modische Reden in den Medien uns heute nahelegen will.

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Auf die neue Friedensinitiative des amerikanischen Präsidenten im Nahen Osten, antworten extremere Kräfte auf beiden Seiten bereits mit klarer Ablehnung, und auf beiden Seiten werden religiöse Argumente ins Feld geführt. In Konfliktsituation entsteht fast immer ein mächtiger Sog, das religiöse Potential zur Stärkung der eigenen Gruppe gegen andere einzusetzen. Von Dialog ist da nicht mehr viel zu spüren. Die Rede vom Dialog gedeiht leicht in Studierstuben und in gutbürgerlichen Verhältnissen. Der wahre Dialog, wie Jesus in gelebt hat, bewährt sich jedoch in Konflikten. In solchen Situationen nicht mit den Wölfen zu heulen, sondern auf den Gegner zu hören, bedarf des Geistes von Pfingsten. Er ist für uns und für die Menschen im Nahen Osten heute bitter nötig. Beten wir darum!

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