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Klein-Krieg-Fasten
(Tiroler Tageszeitung und die Diözese Innsbruck begleiten durch die Fastenzeit.)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:Tiroler Tageszeitung 68 vom22./23. März 2003, 14.
Datum:2003-03-24

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Restlos haben sie unsere Phantasie besetzt. "Der große Cowboy Bush" und sein Widerpart: "der große Schurke Saddam". Der einzig wichtige Riss betrifft vielleicht noch die Aufteilung der Rollen. Wer von den beiden ist ein "good boy" und wer ein "bad boy" - wer ist der gute und wer der miese Bursche? Mit der Bibel unterm Sattel war der Cowboy immer schon ein braver, sein Gegner immer schon ein korrupter Konfliktpartner. Da sie die einfachen Muster längst durchschaut haben, halten viele Zeitgenossen nicht viel von dieser klassischen Wertung. So vertrauen sie dem Opfer eines Konfliktes mehr als seinem Gegner, dämonisieren auch deswegen den großen Cowboy. Aus Angst vor den Folgen des Krieges und der Überzeugung, den Kriegstreiber eindeutig identifiziert zu haben, gingen Menschen auf die Straßen, um gegen diesen Krieg zu demonstrieren. Durch gleiche Angst motiviert, trieben die anderen ihre Kriegsvorbereitungen voran. Diplomaten, die den großen Cowboy "klein kriegen" wollten, gaben wochenlang jenen die Hand, die dasselbe mit dem großen Schurken zu tun gedachten. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem alle den Krieg für unausweichlich hielten. Und zwar deswegen, weil alle nur dem jeweils anderen, diesen Krieg in die Schuhe schoben. Und eigene Hände in Unschuld wuschen! Tun wir alle aber etwas essentiell anderes?

2
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Der große Krieg erlaubt uns, die vielen kleinen Kriege des Alltags für banal zu erklären. Etwa die zwischen Vater und Sohn. Der eine ist ein Hobby-Computerfan, der andere ein "Spezialist". Der Vater kauft die neueste Ware, der Sohn installiert, kennt sich sofort aus, ist immer dem Vater einen Schritt voraus. Die Abende enden regelmäßig im Streit. Im Urlaub verwandelte sich gar eine harmlose Unterhaltung um neue Software zu einem Streit, wo beide nahe daran waren aufeinander einzuschlagen. Oder die schon zur Routine gewordenen Trennungsstrategien bei unseren Lebensabschnittspartnerschaften? Der Wettlauf um die Gunst der Partner verwandelt sich da zu einer geradezu tödlichen Rivalität. "Den 'bad boy' klein zu kriegen!" "Die Partnerin zu demütigen, selbst dann, wenn sie - objektiv gesehen - im Recht wäre!" Wer kennt das nicht? Diesen festen Glauben, dass nur der andere mit seinem Verhalten den "Kleinkrieg" herbeiführt. Während doch ich... Als Opfer des Konfliktes, will ich nichts anderes als das Recht. Nur deswegen möchte ich ja den anderen "kleinkriegen"!

3
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Fasten könnte auch hier weiterhelfen. In einer Kultur, die bloß im anderen die "Quelle des Bösen" sieht, wirkt das Klein-Krieg-Fasten friedensstiftend. "Den kleinen Bush" und auch "den kleinen Saddam" in sich selber entdecken! Das könnte dazu beitragen, dass man die anderen Menschen im Alltag nicht nur "klein kriegen" will. Die gute alte Fastenlogik machte keinen Unterschied zwischen den großen und den kleinen Kriegen. Sie verharmloste die großen keineswegs. Sie radikalisierte bloß den Blick auf deren Wertung. Die Gründe für den Krieg suchte sie nämlich zuerst bei sich selbst. Nicht bei den anderen. Die größte Gefahr des menschlichen Lebens sah sie eben in der Rivalität und der Selbstgerechtigkeit. Fasten sollte zur "Reinigung des Gedächtnisses" beitragen und auch "die Brille" putzen mit der wir die Welt betrachten. Diese alte Kultur wusste aber, dass man sogar den Verzicht und auch das Fasten pervertieren kann. Etwa dann, wenn man sich aufgrund der eigenen Fastenübungen für besonders groß, gut und gerecht hielt. Deswegen ordnete Jesus ja die Liebe dem Fasten über.

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