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Selbstmordattentate - Vorzeichen für die Zukunft?

Autor:Schwager Raymund
Veröffentlichung:
Kategoriekommentar
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2002-06-20

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Gegen die andauernden Selbstmordattentate der Palästinenser vor einigen Monaten hat Israel mit militärischen Schlägen gegen die palästinensische Autonomiebehörde und gegen Flüchtlingslager reagiert. Es hoffte, damit der Bedrohung ein Ende zu setzen. Doch nun hat eine ähnliche Serie von Anschlägen erneut begonnen. Die Spirale der Gewalt dreht sich einmal mehr weiter. Was bewegt palästinensische Terrorgruppen zu diesem mörderischen Widerstand, unter deren Folgen und Gegenschlägen das eigene Volk am meisten zu leiden hat? Es kann wohl nur eine Stimmung der Verzweiflung angesichts eines Feindes sein, der ständig als mächtig und siegreich erlebt wird. Brühten aber ähnliche Stimmungen der Verzweiflung nicht in anderen Gegenden der Welt? Im wirtschaftlichen und technologischen Wettlauf gibt es ja immer mehr Verlierer und der Abstand zwischen Reich und Arm erweitert sich ständig. Die Mächtigen gewinnen stets neue Macht. In einer solchen Welt, so scheint es, wollen die palästinensischen Terrorgruppen beweisen, dass man auch einen übermächtigen Feind, wenn man den eigenen Tod nicht scheut, empfindlich treffen und mit der Zeit zermürben kann.

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Eine weltfremde Pädagogik der letzten Jahrzehnte hat gemeint, die Jugend brauche keine Vorbilder, und es genüge, sie zur Kritik und zur Selbstverwirklichung anzuspornen. De facto hat sie die Jugend aber allen möglichen Idolen aus dem Bereich der Schlager und Sportwelt und des Showbusiness zugewandt. Je mehr von Kritik geredet wurde, um so mehr herrschten in Wirklichkeit Moden, denn Vorbilder wirken unabhängig von dem, was man kritisch über sie erzählt. Welche Vorbilder aber hat die große Masse jener Jugendlichen, die im verlierenden Teil der Menschheit leben? Sie können von den Idolen der westlichen Welt zwar träumen. Die Anspruchsvolleren unter ihnen werden aber dennoch andere Vorbilder suchen, die ihren Anliegen und Nöten besser entsprechen. Ist deshalb nicht zu befürchten, dass Selbstmordattentäter, die einem übermächtigen Feind die Stirn bieten, für sie zu den großen Idolen werden? Werden sie sich nicht von jenen Jugendlichen faszinieren lassen, die ebenfalls aus den Reihen der Schwachen kommen und die dennoch den mächtigsten Mann der Welt, den Präsidenten der USA, nötigen, seine große Rede immer wieder zu verschieben?

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Den palästinensischen Terrorgruppen fehlt es nicht an Menschen, die bereit sind, jenen zu folgen, die sich selber töten, und in den großen Massen jener Jugendlichen, die von erfolgreichen Idolen zwar hören, die aber für ihr eigenes Leben keine Zukunft sehen, werden viele mit ihnen sympathisieren. Unter ihnen lassen sich wohl auch manche finden, die ebenfalls bereit sind, durch ähnliche Taten ihren Mut zu erweisen. Deshalb drängt sich die Annahme auf, dass mit Macht allein die gegenwärtige Ordnung der Welt kaum auf Dauer verteidigt werden kann. Dunkle Ahnungen melden sich. Sollen sie nicht Wirklichkeit werden, bedarf es den Mut zu anderen und neuen Lösungen.

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Auch heute gibt es noch jüdische und palästinensische Gruppen, die trotz einer Welt der Verbitterung und des gegenseitigen Hasses um sie herum, für Verständigung und Versöhnung arbeiten. Diese sind die wahren 'Helden'. Sie sollten in der Öffentlichkeit mehr Beachtung finden, damit sie zu neuen und besseren Vorbildern werden, die vielleicht doch noch etwas zum Bessern wenden können.

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