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Am Limit: Trockenstress als Risiko für den Wassertransport in Bäumen

Bäume verfügen über einzigartiges Wasserversorgungssystem. Fast alle Arten weltweit operieren jedoch – wie ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universitäten Western Sydney und Ulm in der Zeitschrift Nature berichtet – nahe am Limit zum Versagen ihres hydraulischen Systems. Sogar Regenwaldbäume sind daher durch die zunehmende Trockenheit gefährdet. Der Publikation liegt eine Datenbank zugrunde, an der 24 Universitäten weltweit, darunter auch die Universität Innsbruck, mitgewirkt haben.


Trockenheit ist einer der wesentlichen Stressfaktoren für Waldökosysteme: Weltweit verursachte Trockenstress in den letzten Jahrzehnten zahlreiche und großflächige Waldschäden. Für eine Abschätzung zukünftiger Entwicklungen der Wälder sind daher fundierte Kenntnisse über die Hydraulik von Bäumen unabdingbar. Aus diesem Grund haben Brendan Choat von der Universität Western Sidney und Steven Jansen von der Universität Ulm ein internationales Team von 24 Pflanzenbiologen um sich geschart, um Daten aus unterschiedlichsten Regionen und Arten zusammenzuführen und zu interpretieren. Univ.-Prof. Stefan Mayr vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck wurde als einschlägiger Fachmann für alpine Arten eingeladen, an dem Großprojekt teilzunehmen.

Pflanzen müssen große Mengen an Wasser transpirieren, um Photosynthese zu betreiben und die Blätter zu kühlen. Das dazu notwendige Wasser wird aus dem Boden aufgenommen und über ein Netzwerk an Leitelementen von den Wurzeln bis in die Blätter transportiert. „Für Pflanzen stellt dabei die Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Leitsystems eine zentrale Herausforderung dar“, erklärt Univ.-Prof. Stefan Mayr. Insbesondere Trockenheits-induzierte Luft-Embolien können zum Zusammenbrechen des Wassertransportes führen können. Wenn Böden austrocknen, wird das Wasser in den Leitelementen hohen Zugspannungen ausgesetzt, was ein Abreißen der Wasserfäden verursachen kann. Dies führt zum Eindringen von Luft und in der Folge zu einer Blockade von Leitelementen – analog zu den Embolien im menschlichen Blutkreislaufsystem. Bei zunehmendem Trockenstress wird das Transportsystem immer stärker beeinträchtigt bis die Pflanze austrocknet und abstirbt. Die Toleranz verschiedener Baumarten gegenüber Trockenheits-induzierten Embolien variiert allerdings beträchtlich, was Aussagen über zukünftige Entwicklungen von Wäldern erschwert.

Trockenheit macht fast allen zu schaffen

Wie erwartet fanden die Wissenschaftler bei Arten aus humiden Gebieten eine geringere Resistenz gegenüber Embolien als bei Arten aus trockenen Gebieten. Der Vergleich von Embolieresistenzen und Feuchtigkeitsansprüchen der Arten zeigte jedoch auch, dass alle Baumarten sehr nahe am Limit der hydraulischen Sicherheit „arbeiten“ und somit sehr empfindlich gegenüber einem zusätzlichen Anstieg der Trockenheitsintensitäten sind.

Während zwischen Pflanzenarten also große Unterschiede in der Resistenz gegenüber Embolien bestehen, ist die Empfindlichkeit gegenüber Trockenstress in allen Waldtypen ähnlich. Gemäß der durchgeführten Studie operieren 70 Prozent von 226 Waldbaumarten aus 81 Standorten innerhalb sehr enger Sicherheitsbereiche zu potentiell tödlichen Trockenstressintensitäten. Das Forschungsteam konnte belegen, dass diese Sicherheitsbereiche weitgehend unabhängig von der jährlichen Niederschlagsmenge sind und somit eine globale Konvergenz in der Empfindlichkeit von Wäldern gegenüber Trockenheit besteht. Alle Waldtypen sind deshalb - unabhängig von den herrschenden Niederschlagsverhältnissen - in ähnlichem Ausmaß anfällig gegenüber hydraulischem Versagen.

„Auch bei Bäumen der alpinen Waldgrenze tritt Trockenstress auf, wenn im Winter kein Wasser aus dem gefrorenen Boden aufgenommen werden kann während über die Krone Wasser verloren geht. Von dieser Frosttrocknis sind besonders die immergrünen Koniferen betroffen. Das Auftreten von Embolien in strengen Wintern zeigt , dass auch diese Bäume ein hohes hydraulisches Risiko tragen. Manchmal sind die Bäume so stark emboliert, dass ein Überleben kaum vorstellbar ist – wie unsere Waldgrenzbäume das trotzdem schaffen ist Teil unserer aktuellen Forschungen“ sagt Stefan Mayr, der mit seinem Team seit vielen Jahren Gehölze im Bereich der alpinen Waldgrenze untersucht und wesentliche Beiträge zur höhenabhängigen Variabilität der Embolieresistenz lieferte.

Kein Armageddon der Wälder

Aus den gesammelten Ergebnissen lässt sich ableiten, warum Trockenheits-induzierte Waldschäden nicht nur in ariden Regionen, sondern auch in Wäldern, für die kein offensichtliches Trockenheitsrisiko besteht, beobachtet werden. Die riskante hydraulische Strategie der Waldbäume ist dabei in der notwendigen Balance zwischen Wachstum einerseits und dem Schutz vor Funktionsverlusten andererseits begründet.

Für Bäume und unseren Planeten sind die Konsequenzen zunehmender Trockenheit dramatisch: Ein Kollaps tropischer Regenwälder durch zunehmende Trockenheit etwa würde diese Wälder noch im Laufe dieses Jahrhunderts von CO2-Senken zu CO2-Qellen werden lassen.

Dennoch kann aus dieser Studie nicht gleich ein Armageddon der Wälder abgeleitet werden: Es ist anzunehmen, dass die Wälder auf Veränderungen des Klimas in vielfältiger Art und Weise reagieren werden. Manche Arten könnten eine ausreichend rasche Entwicklung zeigen, um mit der Veränderung des Klimas Schritt halten zu können, andere Arten könnten neue Verbreitungsgebiete mit passenden Umweltbedingungen erschließen. Das Überleben von Arten wird dabei wesentlich von der Zeit abhängen, die für eine Anpassung zur Verfügung steht. Der neue Datensatz wird es ermöglichen, bessere Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen von Wäldern zu treffen und das Überleben oder Aussterben von Waldbaumarten unter geänderten Bedingungen zu prognostizieren.

 

Publikation: Global convergence in the vulnerability of forests to drought.

Choat B., Jansen S., Brodribb T.J., Cochard H., Delzon S., Bhaskar R., Bucci S., Feild T.S., Gleason S.M., Hacke U.G., Jacobsen A.L., Lens F., Maherali H., Martinez-Vilalta J., Mayr S., Mencuccini M., Mitchell P.J., Nardini A., Pittermann J., Pratt R.B., Sperry J.S., Westoby M., Wright I.J., Zanne A. (2012)
The dataset was gathered with the friendly support of ARC-NZ Research Network.