Information der Innsbrucker Physik:

Forschungsstrategie Österreich:
Verteilungskampf statt gesundem Wettbewerb?

Als Wissenschaftler sollte man sich eigentlich freuen können, wenn die Finanzministerin für die kommenden zehn Jahre eine „Forschungsmilliarde“ zusagt, wie es kürzlich an der „Elite-Uni“ IST Austria geschehen ist. Diese junge Institution braucht Planungssicherheit und eine solide Basisfinanzierung, wie unser Wissenschaftsminister zu Recht betont. So begrüßen wir sehr, dass diese Notwendigkeit von der Politik nun sichergestellt wurde. Dass die Situation in der österreichischen Forschungslandschaft nun aber eine dramatische Schieflage erreicht, können wir als in Österreich erfolgreich tätige Wissenschaftler nicht akzeptieren.

Das Beispiel der Innsbrucker Physik zeigt einen international höchst erfolgreichen Forschungsschwerpunkt, der auch für eine exzellente universitäre Ausbildung auf allen Stufen sorgt. Hier wird seit Jahren ein Musterbeispiel vorgelebt, wie eine Universität in Kollaboration mit einem Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IQOQI – Institut für Quantenoptik und Quanteninformation) größtmögliche Synergien erreichen kann. Über viele Jahre hinweg wurden in diesem bestens funktionierenden Exzellenzkonzept objektiv belegbare wissenschaftliche Höchstleistungen erbracht (siehe z.B. Publikationen und Zitierhäufigkeit). Zahlreiche europäische ERC-Grants wurden erfolgreich eingeworben, dazu viele START- und zwei Wittgensteinpreise als höchste nationale Auszeichnungen und viele internationale Preise.

Den großen Erfolgen der Innsbrucker Physik stehen massive Probleme gegenüber, die eine Weiterentwicklung blockieren. Die Laborinfrastruktur leidet eklatant unter dem Zustand unserer Gebäude, es stehen keine Räume mehr für Nachwuchswissenschaftler zur Verfügung, von langfristiger Planungssicherheit kann sowohl von Seiten der Universität Innsbruck als auch der Akademie der Wissenschaften nicht die Rede sein. Der dringend benötigte Neubau „Haus der Physik“ scheint in weite Ferne gerückt. Die vom unterfinanzierten Wissenschaftsfonds FWF, der für die kompetitive Vergabe von Mitteln nach internationalen Maßstäben steht, vorbereitete Exzellenzinitiative wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. So bekommen wir die Misere der österreichischen Universitäts- und Wissenschaftslandschaft mit voller Wucht zu spüren. Gerne würden wir mit einer Institution wie IST Austria langfristig in einen fairen und gesunden Wettbewerb treten, doch dafür stehen die überaus großzügigen Zusagen an IST Austria in zu großem Widerspruch zur sonstigen Unterfinanzierung der Universitäten und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

So wie uns geht es vielen erfolgreichen Wissenschaftlern und Institutionen in Österreich, die an Universitäten und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beheimatet sind. Wir fragen uns, wie diese Signale zu deuten sind und wie sich die Forschungsstrategie in unserem Land entwickelt. Wird es in Zukunft Strategie sein, wissenschaftliche Verteilungskämpfe anzufachen, um sie dann per Dekret politisch zu entscheiden, anstatt für einen fairen Wettbewerb um Forschungsgelder zu sorgen? Wird es nun Forschungsstrategie sein, alle exzellente Wissenschaft regional zu konzentrieren und sonst in Österreich allenfalls bessere Ausbildungsstätten zu betreiben? Oder ist, ganz optimistisch betrachtet, die großzügige Zusage an IST Austria ein wichtiger erster Schritt, um die gesamte Forschungs- und Universitätslandschaft in unserem ganzen Land auf eine gesunde Finanzierungsgrundlage zu stellen? Als Wissenschaftler erwarten wir uns überzeugende Antworten auf diese Fragen.

Die ProfessorInnen der Innsbrucker Physik:

o. Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt, Quantenphysik
Universität Innsbruck und IQOQI, Österreichische Akademie der Wissenschaften

Univ.-Prof. Dr. Hans Briegel, Quantenphysik
Universität Innsbruck und IQOQI, Österreichische Akademie der Wissenschaften

Univ.-Prof. Dr. Francesca Ferlaino, Quantenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Rudolf Grimm, Quantenphysik
Universität Innsbruck und IQOQI, Österreichische Akademie der Wissenschaften

Univ.-Prof. Dr. Armin Hansel, Ionenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Andreas Läuchli, Quantenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Hanns-Christoph Nägerl, Quantenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Olaf Reimer, Astroteilchenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Helmut Ritsch, Quantenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Paul Scheier, Ionenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Gregor Weihs, Quantenphysik
Universität Innsbruck

Univ.-Prof. Dr. Roland Wester, Molekülphysik
Universität Innsbruck

o. Univ.-Prof. Dr. Peter Zoller, Quantenphysik,
Universität Innsbruck und IQOQI, Österreichische Akademie der Wissenschaften

 

 

Rückfragehinweis:

Univ.-Prof. Dr. Rudolf Grimm
Leiter des Schwerpunkts Physik
Universität Innsbruck
Geschäftsführender Direktor
IQOQI Innsbruck
Tel.: +43 676 872563000
E-Mail: rudolf.grimm@uibk.ac.at

Dr. Christian Flatz
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck
Tel.: +43 676 872532022
E-Mail: christian.flatz@uibk.ac.at