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Angewandte Literaturwissenschaft in Buchform

Untersuchungen zur Journalistin Krista Hauser. Von Birgit Battlogg


Erika Wimmer: Krista Hauser – Kulturjournalistin und Dokumentarfilmerin. Ein Porträt. Innsbruck: Studien-Verl., 2011. 188 S. ISBN: 978-3-7065-5017-8. Preis [A]: € 19,90.


Sie erhielt Drohbriefe, arbeitete mit großen Denkern ihrer Zeit, bewegte das konservative Tirol – nein, hier geht es weder um eine Politikerin noch um eine Aktivistin. Die Rede ist von einer Kulturjournalistin: Krista Hauser mischte das Tiroler Kulturleben mit ihrer Arbeit jahrzehntelang auf. Dieser außergewöhnlichen Person widmet nun Erika Wimmer, Mitarbeiterin des Brenner Archivs (Universität Innsbruck) ihr neues Buch. „Krista Hauser – Ein Porträt“, so der schlichte Titel. Doch es ist mehr als nur ein Porträt geworden. Wimmer legt eine detaillierte Untersuchung zur Journalistin Krista Hauser, ihren Tätigkeitsfeldern, ihren bevorzugten Sujets und ihrem Schreibstil vor. Die Autorin unterteilt ihr Buch in große Kapitel, die den Schaffensbereichen Krista Hausers entsprechen. Sie geht dabei nicht chronologisch vor, sondern nimmt auf Entwicklungen Rücksicht, die bereits früher ihre Anfänge nahmen und in einem späteren Berufsabschnitt wieder zum Tragen kamen.

 

Eine Frau mit leichter Feder

Erika Wimmer erzählt von einer Frau, die aufgrund ihrer leichten Feder gute Startmöglichkeiten bekam und diese auch zu nutzen wusste. Themen wie Architektur, Städteplanung oder moderne Kunst, entsprangen ihrem persönlichen Interesse. Anderes wiederum eignete sie sich über die Jahre durch Beobachtung und Beschäftigung mit dem Kulturbetrieb an: Theater, Musik, die Arbeit mit dem Medium Fernsehen. Mit zunehmender Erfahrung und durch ihr stetes Interesse an kulturellen Veränderungen innerhalb und außerhalb des Landes gelangte sie zu einer zielsicheren und anerkannten Einschätzung der Kunstwelt. Einige Male nahm ihre Feder dabei auch  scharfe Züge an. Doch ihre Wortwahl verlieh der Berichterstattung Form, Farbe, Geruch und Geschmack.

 

Kulturjournalistin in Tirol

In ihrer Zeit bei der Tiroler Tageszeitung widmete sich Krista Hauser neben der regulären Kulturberichterstattung vor allem der Beilage horizont, die über die Landesgrenzen hinaus großes Lob durch KünstlerInnen und JournalistInnen erfuhr. Einerseits war Hauser darum bemüht, kulturpolitische Themen einzubinden, andererseits ging es ihr immer auch darum, die moderne Kunst verständlich zu machen, also auch einen Bildungsauftrag wahrzunehmen. Damit stieß sie nicht immer auf Gegenliebe: Das Tirol der 1970er Jahre sparte nicht mit Missbilligung: (teils anonyme) Leserbriefe, schriftliche Kritik an der Redaktion der TT und auch einige Drohbriefe zeigten, dass diese Form des Kulturjournalismus ungewohnt und aufreizend war. Ihre Vorgesetzten wussten ihre Arbeit jedoch zu schätzen und ließen ihr trotzdem freie Hand.

 

Filmemacherin beim ORF

In den 1980er Jahren hatte sich die Welt verändert und somit auch die Welt der Kunst. Krista Hauser begann, für den ORF in Wien zu arbeiten. Sie war offen gegenüber den neuen Strömungen und nutzte das Wiener Parkett für ihre persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Neben den Berichten für das tägliche Fernsehen, widmete sich Krista Hauser zunehmend ausführlicheren Portraits, bis hin zu Dokumentarfilmen. Große Namen finden sich hier: Elias Canetti, Erich Fried, die Wiener Gruppe und auch Max Weiler, um nur einige zu nennen. Erika Wimmer verwendet für jeden dieser Filme ein eigenes Kapitel, in denen sie über Hintergründe berichtet, Arbeitsprozesse dokumentiert und auch eine Einordnung aus heutiger Sicht vornimmt.

 

Die Liebe zur Architektur

Von ihren Anfängen bei der TT bis hin zu ihrer Tätigkeit am Küniglberg entwickelte sich Krista Hausers Liebe für die  Architektur zur Profession. Bereits im horizont widmete sie sich der Baukunst, aber auch als Filmemacherin suchte sie herausragende Architekten für ihre Porträts. Dabei ging es ihr nicht nur um das Bauobjekt und die Person, die es erschaffen hatte, sondern immer auch um den kulturpolitischen Aspekt und um soziale Themen und Fragen, die mit den Bauabsichten in Zusammenhang standen. Wenn sie Bedeutendes von Unbedeutendem unterschied, lag ihr viel daran, analytisch vorzugehen und zu argumentieren, selbst wenn ihre Berichterstattung schlussendlich vor Wertungen nicht zurückschreckte.


Journalismus und Literaturwissenschaft

Es stellt eine ganz eigene Herausforderung dar, eine noch lebende Person in einem so umfassenden Buch zu porträtieren: Meist weiß Erika Wimmer die Balance zu halten zwischen kritischem Abstand und der Faszination für die Frau, die ihr bei den Interviews gegenüber gesessen hat. Auf gut 180 Seiten erfährt der Leser, welchen Weg Krista Hausers Leben, vor allem aber ihre Karriere genommen hat, mit welchen Widerständen sie zu kämpfen hatte und welche Anerkennung sie für ihr Wirken erhielt.

Es gelingt Erika Wimmer, Krista Hauser als eine Journalistin mit Ecken und Kanten zu zeichnen, als eine Frau, die Karriere machte, bevor von Gender oder Frauenquote die Rede war. Mit Liebe zum Detail zeichnet sie einen Lebensweg, der von viel Arbeit erzählt, von manchen Kämpfen, aber auch von viel Mut zu einer eigenen Meinung. Dabei breitet sie Hausers umfassendes Schaffen vor dem Leser aus. Wimmers Sprache bleibt dabei flüssig und lesbar, auch in jenen Passagen, in denen mit Zitaten und Quellenverweisen die Thesen zu Krista Hausers Werk begründet werden. Ein wenig mehr Modularisierung würde sich der verwöhnte Leser wünschen – Titel in Fettdruck, Zwischenüberschriften, vielleicht sogar Randnotizen. Aber die vielen Bilder aus Krista Hausers Privatarchiv helfen über die langen Textpassagen.

Krista Hauser. Ein Porträt stellt einen spannenden Forschungsbeitrag der Angewandten Literaturwissenschaft vor, und zeigt den Journalismus als germanistisches Arbeitsfeld in seinen Wirkungsmöglichkeiten.

 

Birgit Battlogg, 23.6.2013

Birgit.Battlogg@student.uibk.ac.at