"Jazz - die klassische Musik der Globalisierung"

In einem wissenschaftlich fundierten wie sensationellen Vortrag mit Musikbegleitung informierten am Dienstag Abend im Rahmen der International Summer School New Orleans der Salzburger Historiker Reinhold Wagnleitner und der Spitzenpianist Tom McDermott aus New Orleans auf innovative und gleichzeitig unterhaltende Art über die musikalischen und kulturellen Hintergründe der globalen Anziehungskraft des Jazz.
Jazz Piano
Jazz Piano
"Fast seit hundert Jahren schon zerbrechen sich Kritikerinnen und Kritiker den Kopf, worin denn nun die globale Anziehungskraft des Jazz besteht, ohne zu begreifen, dass die Musik als solche das kulturelle Herzstück der Globalisierung bildet, dass der Jazz von Beginn an die klassische Musik der Globalisierung, die originäre Weltmusik darstellte", so Wagnleitner über den "Jazz als die klassische Musik der Globalisierung" bei der Veranstaltung am Dienstag. Diese "Openlecture", die im Rahmen der New Orleans Summer School stattfand, gab Wagnleitner nicht nur einen Einblick in die Zeit, als der Jazz in New Orleans geboren wurde, sondern beschreibt auch die Wiege der "klassischen Musik der Globalisierung": "Als der Jazz das Licht der Welt erblickte, war New Orleans nicht nur die bei weitem internationalste und am meisten globalisierte - und damit gleichzeitig die am wenigsten "typisch amerikanische" - Stadt der USA, sondern wahrscheinlich auch der kulturell internationalste Ballungsraum weltweit. Jazz ist eine durch und durch transnationale Musik, und das Geheimnis seiner globalen Attraktivität ist nicht schwer zu enträtseln. Es ist bereits in den globalen Ingredienzien des frühen Jazz angelegt", erläuterte Wagnleitner weiter. Abwechselnd mit den musikalischen Darbietungen des Pianisten Tom McDermott bildete dieser Abend zweifellos ein gelungenes Highlight der heurigen Summer School. Nach den musikalischen Genüssen ließ man den Abend dann bei einem reichhaltigen Buffet kulinarisch ausklingen.

Univ.-Prof. Dr. Reinhold Wagnleitner
ist außerordentlicher Universitätsprofessor für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Salzburg. Der am 17. Jänner 1949 in Mauerkirchen, Oberösterreich, geborene Professor spielte über viele Jahre Bass in österreichischen Pop-, Rock- und Jazz-Gruppen. In den 1970er Jahren war er sowohl für das Rock- und Jazzprogramm der Salzburger "Szene der Jugend" verantwortlich als auch für die redaktionelle Betreuung des Katalogs dieses jährlich stattfindenden ersten Alternativ-Festivals in der Stadt Salzburg. Seine zahlreichen Beiträge in Fachzeitschriften und Sammelbänden widmete Wagnleitner bisher vor allem dem kulturellen Einfluss der Vereinigten Staaten in Europa, der politischen, ökonomischen und ideologischen Rolle der Kulturindustrie im Kalten Krieg, der britischen und österreichischen Außenpolitik in den 1930er und 1940er Jahren, den Auswirkungen des Internet auf Studium und Verständnis von Geschichte sowie den Ursachen anderer gegenwärtiger Probleme. Er ist langjähriges Vorstandsmitglied der "Austrian Association for American Studies", seit 2001 auch Vorstandsmitglied der "European Association for American Studies". Wagnleitner ist Gründer des Projekts "Geschichte @ Internet", Science Host der ORF-Website "Science On", Vorsitzender der Gesellschaft für Geschichte der Neuzeit sowie des wissenschaftlichen Beirats der "Leopold-Kohr-Akademie" und seit 2002 Mitorganisator des Salzburger Ostersymposions.

Der Pianist Tom McDermott
wurde 1957 in St. Louis, Missouri, USA geboren. Aus einer Musikerfamilie stammend, begann er mit sechs Jahren Klavierstunden zu nehmen und tritt seit dem 16. Lebensjahr als professioneller Pianist auf. Seit seiner Jugend interessierte er sich besonders für Ragtime und traditionellen Jazz. Im Alter von zwanzig Jahren begann er Ragtime zu komponieren und Musikkritiken für Zeitungen in St. Louis zu schreiben. Nach Erwerb seines Masters in Musik siedelte er 1984 nach New Orleans, wo er eine Karriere mit traditionellem und modernem Jazz, New Orleans Rhythm & Blues und allem, was sonst noch zum Überleben dazu gehört, aufbaute. Mehr als acht Jahre tourte er mit den Dukes of Dixieland durch die ganze Welt und konzertierte auch in der Carnegie Hall, New York City. 1994 gründete er die "New Orleans Nightcrawlers Brass Band". Auch dieses Ensemble blickt bereits auf eine intensive Reisetätigkeit zurück und kann auf drei hervorragende CDs verweisen. Unter anderem konzertierte Tom McDermott in Australien, den Bermudas, Brasilien, Dänemark, Ekuador, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Neu Seeland, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Paraguay, Schweden, in der Türkei und in Ungarn. Die New York Times vermerkte daher zu Recht: "In welche Richtung er auch immer geht, Tom McDermott ist ein sehr fachkundiger und exzellenter Pianist." (bb)