Der Start ist das Ziel

Österreichs Profi-Rodler stehen nicht nur im Winter am Start: Schnellkraft und Beschleunigung trainieren sie das ganze Jahr über mithilfe von zwei speziellen Geräten, die an der Universität Innsbruck entwickelt wurden. Wie effektiv „Grizzly Power“ und „Speedpaddler“ in Hinblick auf den realen Startvorgang sind, untersucht Sandra Lembert vom Trainingswissenschaftlichen Zentrum.
Der Grizzly Power zielt auf die Optimierung des Startabzugs ab. (Foto: TWZ)
Der Grizzly Power zielt auf die Optimierung des Startabzugs ab. (Foto: TWZ)

 

Nach Olympia ist vor Olympia: Dieser Grundsatz gilt für Sandra Lembert ebenso wie für die Österreichischen Spitzenrodlerinnen und -rodler. Die Sportwissenschaftlerin aus dem Team von Ass.-Prof. Christian Raschner evaluiert in enger Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Rodelverband die Trainingsgeräte „Grizzly Power“ und „Speedpaddler“, mit dem die erfolgreichen Linger-Brüder ebenso wie die Nachwuchsathletinnen und -athleten vom ÖRV den Startvorgang trainieren. „Der Einfluss der Startgeschwindigkeit auf die Endzeit ist sehr groß, darum ist der Startvorgang ein zentraler Aspekt im Rodeltraining“, schildert Lembert. Ein erfolgreicher Start basiert auf zwei Teiltechniken: dem Abzug von den Startbügeln und der zusätzlichen Beschleunigung durch sogenannten Tatzler. Für beide wurden am Trainingswissenschaftlichen Zentrum spezielle Geräte entwickelt, die während des Trainings Messungen und eine genaue Analyse der Bewegung ermöglichen. Während der Grizzly Power auf die Optimierung des Startabzugs abzielt, soll der der Speedpaddler die Effektivität der Tatzlerbewegung verbessern. Beide liefern komplexe Daten zu den wirksamen Kräften und Geschwindigkeits- bzw. Beschleunigungsverläufen.

 

Die Technik hinterm Sport

 

Im Rahmen des Evaluierungsprojektes werden zudem Parameter der Kinematik und Muskelaktivierung untersucht. „Kinematische Daten werden über Infrarotmarker gewonnen, die am Körper der Athleten angebracht sind und Signale aussenden. Diese werden dann über zwei Messbalken mit integrierten Infrarotkameras erfasst und bilden am Computer ein dreidimensionales Koordinatenmodell ab“, erklärt Lembert beispielhaft eine der Messkomponenten. Im Training kann die Analyse der Kinematik mit Highspeedkamera Aufnahmen von vorne und von der Seite erfolgen. „Die Kamera liefert bis zu 1000 Bilder pro Sekunde und ermöglicht es, den Bewegungsablauf bis ins kleinste Detail nachzuvollziehen“, ergänzt die Diplomsportwissenschaftlerin, die übrigens auch selbst als Trainerin tätig ist. „Mit den Bildern können wir den Sportlern ihre Fehler visuell verdeutlichen, was für die Umsetzung von Technikkorrekturen extrem wichtig ist.“

 

Der Vergleich macht sicher

 

Beim Training auf dem Speedpaddler und dem Grizzly Power befindet sich der Trainer direkt neben dem Athleten, außerdem kann der Start mehrmals hintereinander wiederholt werden – beides ist für die Trainingspraxis sehr vorteilhaft. „Steht der Trainer am Startbock oder an der Eisbahn, saust der Rodler vorbei“, so Lembert. „Bis zum Feedback durch den Trainer vergeht relativ viel Zeit, was sich auf den Lerneffekt negativ auswirkt.“ Darüber hinaus kann der Startvorgang nicht so oft hintereinander wiederholt werden. „Trainer und Sportler berichten von positiven Erfahrungen, für uns ist aber natürlich auch wichtig zu wissen, wie nahe die Bewegung am Trainingsgerät an die Bewegung unter realen Bedingungen herankommt“, verdeutlicht Sandra Lembert den Ausgangspunkt des Evaluierungsprojektes, an dem sie gerade arbeitet. An Probanden aus dem National- und Juniorenkader führt sie dazu auf den Trainingsgeräten und auf dem Trainingsstartbock beziehungsweise auf der Eisbahn die gleichen Messungen durch und stellt sie einander gegenüber. In einem Bereich liegen bereits Auswertungen vor: Der Vergleich der EMG-Messungen – das sind Messungen die mittels Elektroden Daten zur Muskelaktivierung liefern – haben laut Lembert gezeigt, dass die Bewegung am Trainingsgerät den realen in vielerlei Hinsicht entsprechen. Auf die endgültigen Ergebnisse in allen Bereichen, die in etwa eineinhalb Jahren vorliegen werden, warten die Fördergeber, der TWF und der Österreichische Rodelverband, ebenso gespannt wie die Wissenschaftler selbst.

(ef)