Kristallographie: Auf der Suche nach Defekten

Mit Akribie und Ausdauer untersucht Dr. Hannes Krüger die Strukturen von Kristallen. Aber nicht die Ästhetik dieser regelmäßigen Strukturen ist es, die ihn interessiert. Er sucht vielmehr nach kleinsten Defekten, die die Eigenschaften eines Materials beeinflussen können. Nun geht Krüger mit Hilfe des FWF für ein Jahr nach Australien, um neue Methoden für seine Analysen anzuwenden.
An einem Röntgendiffraktometer bestimmt Hannes Krüger die Struktur von Kristallen.
An einem Röntgendiffraktometer bestimmt Hannes Krüger die Struktur von Kristallen.

Er habe sich immer schon gerne mit schwierigen Fällen auseinandergesetzt, erzählt Hannes Krüger, der 2003 mit dem damals neu berufenen Professor für Angewandte Mineralogie und Kristallographie, Prof. Volker Kahlenberg, von Bremen an die Universität Innsbruck gekommen ist. Schon in seiner Doktorarbeit hat sich Krüger am Institut für Mineralogie und Petrographie mit höherdimensionaler Kristallographie beschäftigt. Dabei werden die Strukturen von modulierten Kristallen mathematisch in einem höherdimensionalen Raum beschrieben.

 

Kristalle züchten und analysieren

Im neuen Projekt soll die Analyse von Fehlordnung im Vordergrund stehen. Abweichungen von der perfekt regelmäßigen Kristallstruktur können durch Analyse der diffusen Röntgenstreuung ermittelt werden. „Um Materialeigenschaften besser zu verstehen, ist eine genaue Untersuchung ihrer strukturellen Besonderheiten im Nanobereich erforderlich“, sagt der Nachwuchswissenschaftler. Diesen kleinen Besonderheiten ist er in Verbindungen auf der Spur, die insbesondere aus Zementklinkern bekannt sind, den Brownmilleriten. Dazu züchtet Hannes Krüger im Labor die Kristalle in immer wieder variierten chemischen Zusammensetzungen. Analysiert werden die höchstens einen halben Millimeter großen Kristalle mit Hilfe der Röntgenbeugung. „Aus den Beugungsmustern lässt sich ein Strukturmodell gewinnen“, erklärt der Mineraloge. Schließlich gilt es, die strukturellen Veränderungen mit den Eigenschaften des Materials in Beziehung zu setzen.

In Zusammenarbeit mit einem Forscherkollegen von der Universität Halle untersucht Krüger übrigens auch die Strukturen von Brownmilleriten aus speziellen Zementklinkern.

 

Neue Methoden und Messverfahren

Um nun kleinste Fehlordnungen oder Defekte in diesen Kristallen aufzuspüren, braucht es modernste Methoden. Diese will sich Hannes Krüger in den Arbeitsgruppen „Disordered Materials“ und „Solid State Inorganic Chemistry“ an der Research School of Chemistry der Australian National University in Canberra aneignen. Voraussichtlich im Mai tritt er ein Erwin-Schrödinger-Stipendium des FWF an, um ein Jahr lang in Australien zu forschen. Mit den gewonnenen Erfahrungen will er in Zukunft die Analyse von fehlgeordneten Materialien in Österreich weiter vorantreiben. Die beiden australischen Arbeitsgruppen gelten international als Vorreiter bei der Messung und Analyse diffuser Streuung. „In Canberra werde ich meine Untersuchungen an Elektronenmikroskopen weiterführen“, erklärt Krüger. „Auch verfügen die Australier über außergewöhnliche Erfahrung mit der Simulation von fehlgeordneten Strukturen.“ Mit solchen Computersimulationen lassen sich Fehlordnungen in Kristallstrukturen auch quantifizieren und später mit den Materialeigenschaften in Beziehung setzen. „In vielen Fällen ist die grundlegende Kenntnis der Defekte und ihres Einflusses auf die Materialeigenschaften von großer Bedeutung“, so Krüger abschließend.

 

(cf)