Eliten und Körperkult

Xerxes als gepiercter und bemalter Kunstkörper – historische Darstellung des antiken persischen Großkönigs oder Produkt der an Pop- und Comickultur geschulten Filmphantasie des 21. Jahrhunderts?
Der persische Großkönig Xerxes, wie er im Kinofilm 300 dargestellt wurde [Foto: stupi …
Der persische Großkönig Xerxes, wie er im Kinofilm 300 dargestellt wurde [Foto: stupidedia.de]
Macht und Körperlichkeit

Dass Macht und Körperlichkeit offensichtlich zusammengehören, zeigte sich in jüngster Zeit am Eklat, den Angela Merkels Dekolleté bei der Eröffnung der neuen Oper in Oslo auslöste. Die Zeit wollte darin sogar einen neuen Trend zum „Wettbrüsten“ sehen, wo entblößte Oberkörper der europäischen PolitikerInnen als Signale des Machtstrebens gedeutet werden könnten – Merkels Dekolleté wurde entsprechend als Streben nach dem Großmachtstatus in Europa interpretiert (Die Zeit, 17.04.2008).

 

Schöne Körper in der Antike

Wie wurde in der Geschichte der Körper „kultiviert“, konnte Körperschmuck und -inszenierung Macht bedeuten oder doch eher als Ausdruck einer dekadenten und degenerierten Gesellschaft angesehen werden? Dürfen sich Männer wie Frauen schminken, pflegen, die Schamhaare frisieren, oder gelten sie dann als „metrosexuell“? Was ist schließlich über die Zeiten hinweg als „schön“ angesehen worden oder lassen sich Konzepte von Schönheit nur in der jeweiligen Zeit bestimmen?

 

Diese Fragen führen ins Zentrum der diesjährigen Jahrestagung des Schwerpunkts „Politische Kommunikation und die Macht der Kunst“ (24.-25. April 2008). Unter dem Motto „Eliten und Körperkult“ wurde ein Vergleich antiker und moderner Körperinszenierungen gesucht und dezidiert die Frage nach dem Verhältnis von Körperausdruck und Macht gestellt. So konnte Birgit Gufler (Innsbruck) in ihrem Beitrag zu den Perserdarstellungen bei Herodot das Topos des schönen Persers (wobei den Persern auch in der Antike bereits Körperschmuck nicht unähnlich dem Xerxes aus dem Kinofilm 300 zugeschrieben wurde) zum Teil bestätigen, vor allem, wenn es um Perser als mächtige Gegner ging: Der mächtige Feind, den man besiegte, sollte durchaus als schön und in seiner Körperlichkeit beeindruckend dargestellt werden.

 

Wolfram Martini (Gießen) und Elisabeth Walde (Innsbruck) zeichneten in ihren Beiträgen jeweils Körperinszenierungen der Frau bzw. des Mannes im antiken Griechenland nach und konnten dabei keine nach Geschlechtern getrennte Körperkulte aufzeigen: Männer wie Frauen konnten ihre Körper bis ins letzte Detail frisieren, schmücken und pflegen, Körperlichkeit und Sinnlichkeit enthüllen und in gleicher Weise aber auch wieder den Körper verhüllen und dem Blick entziehen – wandelnde Zeiten bedingen wandelnde Körperdarstellungen. Die Frage muss offen bleiben, ob es sich dabei um Schönheitsideale der Zeit oder schlicht um Normen handelte, die mit politischer Intention auch über Körperbilder weiter getragen wurden.

 

Zerrbilder des Körpers in der Moderne

Während in der antiken Sektion der Begriff „schön“ eine zentrale Rolle spielte – vielleicht auch als Spiegel der modernen Rezeption der „schönen“ griechischen Kunst – wartete die Moderne mit Zerrbildern des Körperlichen auf. Barnaba Maj (Bologna) zeigte am Beispiel Mussolinis, wie dieser seinen Körper selbst als Idol und verdichtetes politisches Programm inszenierte, was schließlich in der  Schändung seiner Leiche durch das Volk einen fast konsequenten Schlussakt fand. Helga Treichl (Innsbruck) setzte sich in ihrem Vortrag mit der Technisierung und Virtualisierung des Körpers im 20./21. Jahrhundert auseinander: Der Körper wird zunehmend zu einer Projektionsfläche bzw. zu einer Leerstelle, die mit Inhalten aufgeladen wird, die zum Beispiel durch die Mode vorgegeben werden. Insofern nimmt der Körper Rollen ein, wird zur Maske.

 

Begehren und Schönheit

Sybille Moser-Ernst (Innsbruck) schließlich schaffte eine Verbindung zwischen den beiden Blöcken, indem sie sich auf die Suche nach dem „Schönen“ machte, das sie anhand von Bildern nachzeichnete, die von der Renaissance bis in die Gegenwart reichten. Das Schöne, so Moser-Ernst, lässt sich nicht an positivistischen Kriterien festmachen, sondern vor allem am Begehren. Der besondere Bezug zwischen Körper und Begehren gipfelt schließlich in Bildern, in denen der Körper überdimensional dem Blick preisgegeben, die reine Fleischlichkeit inszeniert wird.

 

Körpermärkte und Leni Riefenstahl

Die Tagung konnte in der Kürze nur einige Aspekte anreißen; wie aktuell das Thema ist, zeigt das am 15.-16. Mai in Innsbruck stattfindende 2. Wirtschaftshistorische Symposium zum Thema „Von Körpermärkten“. Eine weitere Vertiefung bietet aktuell die Fotoausstellung zu Leni Riefenstahl im Fotoforum West am Adolf-Pichler-Platz, wo an allen Samstagen im Mai um 10.00 Uhr jeweils Riefenstahl - Filme gezeigt werden. Dies schließt einen willkommenen Bogen zur Veranstaltung des Schwerpunkts, die mit der Projektion des Films „Triumph des Willens“ am Institut für Musikwissenschaft begonnen hatte. Die Thematik wird auch in der weiteren Arbeit des Schwerpunkts fortgesetzt werden, wobei besonders auch das Medium Film verstärkt miteinbezogen wird.

 

An den beiden Nachmittagen gingen die MitarbeiterInnen des Schwerpunkts wie in den vergangenen Jahren in Klausur und planten die weiteren Aktivitäten der gemeinsamen Arbeit für die nächsten Jahre. – „Eine gelungene Tagung, die vor allem dank der Unterstützung durch die Vizerektorate für Forschung und Personal erfolgreich umgesetzt werden konnte“, darin waren sich die TeilnehmerInnen einig.

 

Text: Christina Antenhofer