Innsbrucks Physik im Rampenlicht

Innsbrucks Quantenphysikern gelang im vergangenen Jahr ein überraschendes Experiment: Sie verbanden zwei Atome zu einem repulsiv gebundenen Paar. Die Teilchen stoßen sich ab und bilden gerade dadurch ein unzertrennliches Paar. Nun wurde der Beitrag vom amerikanischen Magazin „Discover“ zu einer der sechs Top-Physik-Entdeckungungen des Jahres 2006 gekürt.
Johannes Hecker Denschlag im Labor
Johannes Hecker Denschlag im Labor

Die Erfolgsserie der Forscher geht weiter: Sie beginnen das neue Jahr mit einem weiteren Coup in der Quantenkontrolle derartiger Teilchensysteme.

 

In Zusammenarbeit mit den Theoretikern rund um Andrew Daley und Peter Zoller gelang den Experimentalphysikern um Johannes Hecker Denschlag und Rudolf Grimm im vergangenen Jahr erstmals ein Experiment, in dem sie die widerspenstigen Atompaare vereint beobachten konnten. Sie benutzen dazu ein Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-Atomen, um das sie langsam ein dreidimensionales, optisches Gitter aus Laserstrahlen legen. Überall dort, wo zwei Atome an einem Gitterplatz zu liegen kommen, bildet sich ein repulsiv gebundenes Paar. Obwohl sich die Atome abstoßen, können sie den Gitterplatz nicht verlassen, weil sie sich daran gegenseitig hindern. „So bildet sich ein stark korreliertes System, das sehr einem Molekül gleicht“, erklärt Johannes Hecker Denschlag, „nur die Bindungsenergie hat das ‚falsche’ Vorzeichen.“ Selbst wenn die Paare mit anderen Atomen kollidieren, lösen sie ihre ‚unheimliche’ Verbindung nicht auf. „Dieses Experiment kann für die Simulation von sehr abstrakten Modellen verwendet und so auch in der Entwicklung eines zukünftigen Quantencomputers eingesetzt werden“, erläutert Andrew Daley.

 

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Seltsame Signale standen am Anfang der Entdeckung. Die Experimentalphysiker holten sich Rat bei ihren Kollegen von der Theorie. Hier kannte man die repulsiv gebundenen Paare bereits aus Modellrechnungen. Freilich, experimentell nachgewiesen hatte sie bis dahin noch niemand. Die Aufdeckung der verhängnisvollen Zweisamkeit verdankt sich der engen Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsgruppen vom Institut für Experimentalphysik der LFU Innsbruck und vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Wahl zu einer der Erfolgsgeschichten des vergangenen Jahres unterstreicht einmal mehr den internationalen Stellenwert der Innsbrucker Quantenphysik. Das Wissenschaftsmagazin Discover kürt jedes Jahr die 100 besten Forschungsbeiträge aus unterschiedlichen Disziplinen. Aus dem Gebiet der Physik wurden sechs Arbeiten ausgewählt, darunter auch jene der Innsbrucker Quantenphysiker.

 
Neuer Durchbruch

Neben der Ausbildung einer repulsiven Bindung können die Atompaare auch so manipuliert werden, dass sie eine echte chemische Bindung eingehen. Die Forscher um Johannes Hecker Denschlag konnten nun erstmals demonstrieren, wie man mit Hilfe von Laserpulsen gezielt zwischen verschiedenen Bindungszuständen der Moleküle hin und herwechseln kann. Dies geschieht mit hoher Effizienz und mit genau definierten Quantenzuständen der Teilchen. Die Forscher berichteten darüber letzte Woche in der renommierten Fachzeitschrift Physical Reviews Letters.