Algenforscher unterwegs – von den Alpen nach Kanada

Prof. Eugen Rott verbringt auf Einladung von Prof. John S. Richardson einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der University of British Columbia (UBC). Zusammen mit einem Team von Fließgewässerexperten beschäftigt er sich intensiv mit der Veränderung der Algengemeinschaften in Abhängigkeit von Nährstoffen, Umweltbedingungen und Konsumenten.
Die Quellregionen der westlichen Nadelwälder und der Gletscherbäche im Küstengebirge  …
Die Quellregionen der westlichen Nadelwälder und der Gletscherbäche im Küstengebirge (der Coastal Range) in British Columbia, Kanada werden erforscht.

Erforscht werden die Quellregionen der westlichen Nadelwälder und der Gletscherbäche im Küstengebirge (der Coastal Range) in British Columbia, Kanada. Dr. Eugen Rott ist ein international anerkannter Fachmann auf dem Gebiet der organismischen und funktionalen Biodiversität von Algen in Gewässern.

 

Er beschäftigt sich mit allen Gruppen, insbesondere aber mit oxygenen Cyanobakterien und Kieselalgen. Die Erforschung von artspezifischen Nischen und der Primärproduktion der Schlüsselarten im gesamtökologischen (limnologischen) Zusammenhang sind weitere Schwerpunkte. Zusammen mit seinen MitarbeiterInnen untersucht er langfristig Berg- und Gletscherbäche der Alpen. Zurzeit arbeitet er an drei Projekten über Quellen und Quellbäche der Alpen (CRENODAT – bilaterales Projekt mit dem Naturmuseum Trento, zwei regionale Projekte in Vorarlberg bzw. der Provinz Bozen).

 

Der ökologische Zustand von Gewässern

Am Department of Forest Sciences, Stream and Riparian Research Laboratory der University of British Columbia versucht Dr. Rott nun in Zusammenarbeit mit Prof. Richardson und seinem Team “Indikatoren für den ökologischen Zustand eines Gewässers im Zuge einer nachhaltigen Forstverwaltung“ zu finden. Indikatoren sowohl für das Fließgewässer selbst als auch für den Uferbereich sind notwendig, um negative Einflüsse etwa durch Rodung bis zum Gewässerrand bzw. in näherer oder weiterer Entfernung davon aufzuzeigen. Besonders in kleinen Fließgewässern, in denen es keine oder nur sehr wenige Fische gibt, muss auf andere Organismen zurückgegriffen werden. Während benthische Invertebraten in Britisch Columbia bereits untersucht wurden, sollen nun zusätzliche Indikatoren die Ergebnisse komplettieren.

 

Drei Bewertungsmethoden

Im Zuge dieses Projektes werden drei alternative Bewertungsmethoden untersucht und verglichen. Eine Methode stützt sich auf Algen, die als sehr artenreiche Gruppe gute Indikatoren sind. Proben sind einfach und ohne großen Materialaufwand zu entnehmen und können auch in nationale Bewertungsmethoden in US-Labors eingebunden werden. Die Rolle der Algen für den Laubabbau und als Ernährungskomponente von Insektenlarven wurde bisher nicht untersucht. Eine weitere Methode bezieht aquatische Pilze ein, die an der Zersetzung von Laubstreu beteiligt sind. Auch sie sind  sehr artenreich und können ohne großen Aufwand beprobt werden. Die dritte Bewertungsmöglichkeit beobachtet die Zersetzung von Laubstreu, einem wichtigen ökosystemaren Prozess in vielen Gewässern.  Diese Methode wird in Europa in den letzten Jahren zum Vergleich von Fließgewässern angewandt (EU RIVFUNCTION Projekt).

 

Feldexperimente

Im Zuge zweier Feldkampagnen (März-Mai, Juli-August) werden Proben aus 16 Fließgewässern entnommen und experimentell untersucht (In-situ-Fluoreszenztechniken). Im Anschluß daran werden die Organismen bestimmt und die Ergebnisse mit denen der anderen Gruppen verglichen.

 

Einige der folgenden Fragen sollen die Algenzusammensetzungen erhellen:  Wie verändert sich der ökologische Zustand (Trophieindikatoren)? Welchen Einfluss hat das Licht im Vergleich zu anderen Ressourcen (Abholzungs-Effekt)? Welche biotischen Interaktionen gibt es zwischen Algen und Grazern (= v.a. viele Insektenlarven, die den Aufwuchs mit ihren Mundgliedmaßen abschaben, bürsten oder kratzen)? Algen als Teilkomponente des Biofilms – Schlüsselrolle als Nahrung für Insektenlarven?

 

In der Coastal Range werden auch Gletscherbäche beflogen. Die Bäche werden in zwei Untersuchungsgruppen eingeteilt – Gletscherbachoberläufe mit einem Gletschersee und solche ohne einen See – und getrennt von einander untersucht. Die jeweiligen Ergebnisse können dann mit jenen aus den Alpen verglichen werden.

 

Aufschlussreiche Ergebnisse früherer Forschungsaufenthalte

Schon frühere Forschungsaufenthalte in Nordamerika führten zu interessanten und aufschlussreichen Ergebnissen. Die Arbeit am Department of Biology der University of Waterloo (Ontario) im Jahr 1994 brachte Erkenntnisse über die Artstruktur der Kieselalgenflora und die Eutrophierung eines mittelgroßen kanadischen Flusses (Gran River) im Bereich der Großen Seen. Am Stroudwater Research Center, Avondale (Pennsylvania) im Jahr 1999 analysierte Dr. Rott die positiven Auswirkungen der Widerbewaldung von Weideflächen auf die Zusammensetzung, Quantität und Funktionalität der Lebensgemeinschaften. Besonders intensiv beschäftigte er sich hier mit den benthischen Algengemeinschaften in Bergbächen.

 

Der dezeitige Forschungsaufenthalt in Kanada wird vom Institut für Botanik (O. Univ. Prof. Dr. Sigmar Bortenschlager), dem Zentrum für Kanadastudien (Univ. Prof. Dr. Ursula Moser-Mathis) und dem Vizerektorat für Forschung (Univ. Prof. Dr. Dr .h.c. Tilmann Märk) unterstützt.