Gefangen zwischen Eisschollen und Nebel

Nebel behindert derzeit die Arbeit der High-Arctic-Forscher im Norden Kanadas. Hubschrauberflüge zum Fischfang in entlegenen Seen sind derzeit nicht möglich, deshalb fischen die drei Innsbrucker in der Umgebung ihres Basislagers, der Forschungsstation in Resolute. Die Wissenschaftler berichten täglich über ihre Arbeit im arktischen Norden.
Das Team der High-Arctic Expedition August 2002
Das Team der High-Arctic Expedition August 2002
Unerwartet starke Eisdecken auf den arktischen Seen und das schlechte Wetter verzögern derzeit die Arbeiten des High-Arctic-Expeditionsteams, das Anfang August nach Resolute im Norden Kanadas aufgebrochen ist, um in den arktischen Seen Fische für Untersuchungen über Umwelteinflüsse zu fangen. "Leider war unser Fischzug diesmal nicht von Erfolg gekrönt: auch nach drei Stunden hat sich kein Fisch ins Netz verirrt," beschreibt Projektleiter Günter Köck die Schwierigkeiten im iPoint-Expeditionstagebuch. Dort berichtet er täglich über die Aktivitäten seines Teams in Resolute und Umgebung.

Am vergangenen Samstag konnten der Zoologe Köck und seine beiden Mitarbeiter Burkhard Berger und Harald Niederstätter vom Institut für Gerichtliche Medizin noch zum Sapphire Lake im Gebiet des Houghton-Krater fliegen. Mit einem Schlauchboot legten sie ein 120 Meter langes Netz im drei Grad kalten Wasser aus. Nach zwei Stunden wurden das Netz eingeholt und der Fang geborgen. Noch an Ort und Stelle wird den Fischen das Blut für die später in Innsbruck durchgeführten Stressindikator-Untersuchungen abgenommen. Die eigentliche Arbeit beginnt dann im Labor. Bei den Fischen werden Leber- und Nierenproben für die Analyse von Schwermetallen entnommen. Des weiteren werden Blut- und Leberproben für biochemische Analysen aufbereitet. Darüber hinaus werden die Otolithen entfernt, an denen später die Altersbestimmung der Tiere sowie Elementanalysen durchgeführt werden. Zusätzlich werden auch Muskelproben entnommen, an denen die Analyse von Quecksilber, organischen Schadstoffen sowie stabiler Isotope durchführt werden. "Die Aufarbeitung der Fische im Labor ist sehr zeitaufwendig, sodass wir erst gegen halb zwei Uhr früh ins Bett kommen," so Köck.

Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit stoßen die Innsbrucker Forscher auch immer wieder auf interessante Aspekte der nordischen Welt. So überquerten sie beim Rückflug vom Sapphire Lake die Insel Beechey, auf der in den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts die gefrorenen und daher gut erhaltenen Leichen von drei Matrosen der Franklin-Expedition aus dem Jahren 1846 gefunden wurden. Auf der Suche nach der berüchtigten Nordwest-Passage ging diese Expedition mit über 100 Mann unter mysteriösen Umständen verloren. In der Nähe des Resolute Lake besuchte das Forschungsteam gestern Überreste der Thule-Kultur, die ihre Blütezeit in der zweiten Hälfte des ersten christlichen Jahrtausends erlebt hatte. Diese Inuitkultur war geprägt vom Walfischfang und hatte sich auf erstaunliche Weise den unwirtlichen Lebensbedingungen des hohen Nordens angepasst. "Die Besichtigung der aus Steinen, Walknochen und Tierhäuten errichteten 'Häuser' lässt uns die unglaublich harten Lebensbedingungen dieser frühen Arktisbewohner erahnen," schreibt Günter Köck ins Tagebuch.