Professor Rathmayr lehrte Denken

Der Erziehungswissenschaftler Prof. Bernhard Rathmayr hat in den über vier Jahrzehnten seiner universiären Laufbahn Generationen von Studierenden geprägt und sich unermüdlich für das Ideal einer „Mitbestimmungsuniversität“ engagiert. Bei seiner Abtrittsvorlesung am 16. November war die Aula der Universität zum Bersten voll.
Prof. Berhard Rathmayr [Foto: Michael Rathmayr]
Prof. Berhard Rathmayr [Foto: Michael Rathmayr]

Am 16.11. fand in der  Aula des Universitätshauptgebäudes die von Helga Peskoller, Michaela Ralser und Maria Wolf initiierte und vorbereitete „Abtrittsvorlesung“ von Bernhard Rathmayr statt. Neben letzterem sprachen Rektor Karlheinz Töchterle,  die Leiterin des Institutes für Erziehungswissenschaften, Lynne Chisholm,  akademische Weggefährten wie Horst Rumpf, Helmwart Hierdeis, Dietmar Larcher und Michaela Ralser sowie Vertreter vergangener StudentInnengenerationen seit 1972.

 

„Dieses Institut ist kein Bordell!“

Als Bernhard Rathmayr in den 70er Jahren Assistent an der Katholisch-Theologischen Fakultät war, wurde die Tür der Bibliothek  nur ausgewählten Studenten geöffnet. Die Antwort des damals zuständigen Ordinarius auf Rathmayrs Versuch, die Tür einen Spalt weit offen zu lassen,  und so jedermann Eintritt zu gewähren, lautete: „Dieses Institut ist kein Bordell!“ Seit damals hat sich nicht nur an der Theologischen Fakultät, sondern an der gesamten Alma Mater vieles zum Positiven verändert. Der unermüdliche Reformer Prof. Rathmayr hat  durch sein stetes bildungs- und hochschulpolitisches Engagement mehr als nur Quäntchen dazu beigetragen.

 

Seit 1965, als er begann  Theologie an der katholisch-theologischen Fakultät zu studieren, hat Prof. Rathmayr  4 Jahrzehnte seines Lebens aktiv an der Innsbrucker Universität verbracht  und offensichtliche Spuren hinterlassen.  So leitete Helwart Hierdeis seine Rede mit der Mitteilung ein, dass ihm Rathmayr in seinen Träumen gelegentlich als Schulmeister begegne. Kurz darauf bezeichnete Dietmar Larcher ihn als „Epizentrum eines leicht verspäteten Nachbebens zur europäischen Kulturrevolution“ in Tirol, dicht gefolgt von der Aussage eines ehemaligen Studenten:  „Ich persönlich habe bei Bernhard das Denken gelernt!“ Einen weiteren Hinweis auf den Grund für die hohe Teilnehmerzahl könnte der Bericht eines ebenfalls  ehemaligen Studenten liefern:   „Bernhard rettete einen Diplomprüfungstermin, indem er die Prüfungskommission ins Krankenhaus bat und die Prüfung von seinem Krankenhausbett aus abnahm.“

 

Bernhard Rathmayr selbst formulierte seine Haltung in der universitären Lehre wie folgt: „Wissenschaftliche Lehre besteht nicht mehr in der Ex cathedra verkündeten Wissenschaftlichen Wahrheit, sie ist keine bloße Vermittlung anderswo, in der Forschung gefertigter Wahrheitsprodukte. Sie besteht im Austausch von Wahrheitsmöglichkeiten zwischen Wahrheit Suchenden.“  Darüber hinaus könne „universitäre Lehre, richtig verstanden, die Wissenschaftswelt vor der Verabsolutierung  eines abgehobenen Expertenwissens und nachkommende Generationen vor der Verabsolutierung eines unreflektionierten common-sense bewahren.“

 

Weitere Akzente setzte er mit seiner Forderung nach  „transdisziplinären Pflanzungen auf den universitären Feldern“, nach fächerübergreifender Lehre und Forschung, und einem Rückblick auf die Jahre der „Mitbestimmungsuniversität“.