Ein Nobelpreisträger zu Gast

Roy Glauber, 90-jähriger Nobelpreisträger, Mitarbeiter im Team der theoretischen Physik im Manhattan-Projekt und Experte des Lichts war zu Gast inInnsbruck und gab viele emotionale und wissenschaftliche Einblicke in seine Arbeit in Los Alamos. Zeit seines wissenschaftlichen Lebens forschte er auf dem Gebiet der Quantenoptik.
Roy Glauber
Roy Glauber bei seinem Besuch in Innsbruck. (Bild: Uni Innsbruck)

The finest thing we can experience is the mysterious. It is the fundamental emotion which stands at the cradle of true art and true science. He who does not know it and can no longer wonder, no longer feel amazement, is as good as dead, a snuffed-out candle.

(Albert Einstein)

Albert Einstein ist neben Robert Oppenheimer, Wolfgang Pauli, John von Neumann oder Robert Serber einer von vielen zahlreichen Wegbegleitern von Roy Glauber, die ihn persönlich und seine Wissenschaft beeinflusst haben. Der Experte für Quantenoptik war zu Gast in Innsbruck und hat neben seinen Erfahrungen in Los Alamos über seinen Werdegang, darüber, warum er überhaupt begonnen hat, sich für Physik zu interessieren und über das Mysterium „Licht“ erzählt. Ein persönliches Porträt zeigt einen Nobelpreisträger, der erfahren hat, wie nahe Brutalität und Wissenschaft beieinander liegen können.

Das Licht ist wohl eines der größten Mysterien für die Menschheit. Herr Glauber, Sie haben sich mit diesem Mysterium beschäftigt und für Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Quantenoptik einen Nobelpreis erhalten. Was heißt Licht für sie persönlich? Und ist das Licht in der Lage, Sie immer noch zu überraschen?

Das ist eine schwierige Frage. Das Licht ist mit so vielen unterschiedlichen Bedeutungen verbunden, die sich auch in der Geschichte entwickelt haben. Es war immer schon eines der größten Mysterien für uns Menschen und ist gleichzeitig für alle von uns lebensnotwendig. Bevor man begann, das Licht wissenschaftlich zu erforschen und die unterschiedlichsten Theorien aufzustellen sowie Erkenntnisse über die Eigenschaft des Lichts als Welle zu gewinnen, gab es den Menschen unzählige Rätsel auf und birgt noch immer einige Geheimnisse.

Vor vielen Jahren haben Sie sich für ein Studium der Physik entschieden. Was hat Sie an diesem Fach so fasziniert?

Früher dachte ich, dass ich es liebe Dinge, zu bauen und zu gestalten und so war ich der Meinung, dass ich, wenn ich groß bin, ein Künstler werden würde. Mit elf oder zwölf Jahren begann mich die Astronomie zu interessieren, weil der Himmel voller wunderschöner Bilder ist, die der Kunst sehr nahe kommen. Die Fülle an Bildern ist nicht sofort ersichtlich und man braucht wirklich ein gutes Teleskop, damit man diese entdecken kann. Ich beschäftigte mich einige Jahre intensiv damit und bald interessierte ich mich nicht nur dafür, das Licht am Himmel nur zu beobachten, sondern mit einem Spektroskop zu analysieren – also baute ich mir selbst eines. In der Schule spezialisierte ich mich, dem Rat meiner Lehrer folgend, auf mathematische Analysen. Mit Hilfe von Büchern, die ich mir aus der Bibliothek ausgeliehen habe, lernte ich dieses Fach sehr schnell. Da ich für mein Alter sehr fortgeschritten war, bekam ich ein Stipendium für Harvard, wo ich auch die Möglichkeit erhielt, schon höhere Kurse zu besuchen – das war im Jahr 1941, dem Jahr, in dem Amerika in den Krieg eintrat. Ab diesem Zeitpunkt begann sich alles in Amerika zu verändern, vor allem aber wurde viel in Forschung für den Krieg investiert. Zu dem Zeitpunkt, als ich mit den Kursen in Harvard begann, startete das Projekt in Los Alamos.

Mit 18 Jahren kamen Sie dann nach Los Alamos. Hatten Sie eine Ahnung, um welche Forschungen es dort ging?

Das ist eine interessante Frage. Ich hatte viele Vorstellungen. Manche haben sich als wahr herausgestellt, die meisten waren aber falsch. Ende 1938 wurde in den Tageszeitungen viel über nukleare Kernspaltung diskutiert. Erstaunlicherweise wurde dies aber nach 1939 nie mehr erwähnt. Das war der beste Hinweis, den ich hatte. Jemand kam dann von Washington nach Harvard. Er erklärte mir, dass es da einen Job gäbe, der mich vielleicht interessieren würde. Dieses Angebot kam für mich absolut überraschend. Dieser Herr ging mit mir in einen dunklen Raum der Fakultät, der in den Kriegsjahren nicht mehr verwendet wurde. Ich musste mich hinsetzen und Fragebögen über meine belegten Kurse in Harvard sowie meine Erfahrungen in der Vergangenheit ausfüllen. Das war einfach für mich – ich war jung und hatte noch nicht viele. Daraufhin nannte er mir eine Adresse in Santa Fe: 1663 Santa Fe, New Mexico. Nach wenigen Korrespondenzen erhielt ich die Aufforderung dorthin zu reisen. Ich brauchte eineinhalb Tage mit dem Zug, bis ich in einem kleinen Ort in der Nähe von Santa Fe ankam. Gemeinsam mit mir wurde ein Mann vom Bahnhof abgeholt, der sich als Mister Newman vorstellte. Erst später, als ich seine Unterschrift sah, erkannte ich in ihm Herrn John von Neumann, einen sehr bekannten Mathematiker von der Universität in Princeton. Ab diesem Zeitpunkt war mir klar, dass hier etwas Wichtiges vor sich geht. Die Reise ging dann weiter nach Los Alamos, wo ich in der Technischen Zone des abgesicherten Geländes arbeiten sollte. Dort wurde ich der Abteilung von Robert Bacher, einem amerikanischen Kernphysiker, zugeteilt. Er war sehr neugierig und fragte mich, ob ich eine Ahnung hätte, um was es bei diesem Projekt gehe. Ich antwortete ihm, dass ich nur raten könne, dass es sich um die Entwicklung von atomarer Energie mit Kettenreaktion handle. Daraufhin kicherte er und erklärte mir, dass dies schon vor einigen Jahren gelungen sei. Dann erst erfuhr ich, dass an einer so schnellen Kettenreaktion gearbeitet wurde, um eine enorme Explosion auszulösen. Dies klang für mich einerseits sehr interessant, aber gleichzeitig sehr beängstigend. In der Abteilung rund um Robert Serber, ein theoretischer Physiker, der sich mit Kernphysik beschäftigte, wurde ich zu einem Experten auf meinem Gebiet, obwohl mir die Vorstellung, an der Entwicklung einer Bombe zu arbeiten, nicht besonders gefiel.

Was fühlten Sie, als Sie sahen, was die Bombe in Hiroshima und Nagasaki explodierte?

Das war einfach furchtbar und es hätte nie passieren dürfen.

Nach allem, was Sie erlebt haben und nach Ihrem Erfolg, den Nobelpreis zu gewinnen und bezugnehmend auf das Zitat am Anfang – kann Sie Ihre Arbeit immer noch überraschen und erstaunen?

Ja – es gibt so viele wunderbare Dinge, von denen wir nie gedacht haben, dass es sie gibt und davon wird es noch viele weitere geben.

Zur Person

Roy Glauber ist Professor an der Harvard-Universität und wurde 2005 gemeinsam mit John L. Hall und Theodor W. Hänsch mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Der fast 90-jährige Physiker studierte an der Harvard-Universität und wurde 1943 Mitarbeiter in der theoretischen Abteilung des Manhattan-Projekts im Los Alamos National Laboratory in New Mexico. Dieses Geheimprojekt hatte die Entwicklung der ersten Nuklearwaffen zum Ziel.

Dieses ausgeschriebene Interview wurde stark gekürzt. Die volle Länge kann im Original als Audio nachgehört werden.