Die intelligente Nutzung des Lichts

Tageslicht bietet mehrere Vorteile: Zum einen wird es als angenehmer empfunden als Kunstlicht, zum anderen kann es zur Stromeinsparung beimKunstlichteinsatz beitragen. An der möglichst effizienten Nutzung von natürlichem Licht in Gebäuden arbeiten Innsbrucker Bauingenieure.
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Rainer Pfluger vor der Ulbricht-Kugel. (Foto: Andreas Friedle)

Die Tatsache, dass wir mit künstlichem Licht die Nacht zum Tag machen können, ist eines der Hauptmerkmale menschlicher Zivilisation. In den vergangenen Jahren ist verstärkt der Energieverbrauch künstlichen Lichts in das Zentrum des Interesses gerückt: Die EU-Kommission setzt Schritt für Schritt auf effizientere Leuchtmittel, steigende Energiekosten wecken den Wunsch nach energieeffizienten Lösungen und die LED-Technik hat bereits Einzug in den Alltag gehalten. Der Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften beschäftigt sich nicht zuletzt auch mit Lösungen, wie Sonnenlicht möglichst effizient eingesetzt werden kann – um die Abhängigkeit von künstlichem Licht zu vermindern und Energiekosten zu senken. „Mit intelligenter Verschattung und Tageslichtlenkung, verbunden mit Sensoren, ist bereits heute vieles möglich, was noch vor wenigen Jahren nur sehr teuer oder gar nicht umzusetzen war – ich kann ein Bürogebäude heute relativ problemlos so planen, dass an einem sonnigen Tag untertags in keinem Raum des Hauses Kunstlicht benötigt wird“, erklärt assoz. Prof. Rainer Pfluger, der selbst an mehreren Projekten zum optimalen Einsatz von Tageslicht in Gebäuden beteiligt ist.

Höherer Komfort

Zahlreiche psychologische Studien belegen, dass Tageslicht von Menschen als höherwertig und besser eingestuft wird als Kunstlicht – nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern auch die Produktivität ist bei natürlichem Licht höher. „Neben dem Wohlbefinden spielen ganz profan auch die laufenden Kosten eine Rolle: Wer Tageslicht länger und effizienter einsetzen kann, spart bei der Stromrechnung“, sagt Rainer Pfluger. Eine vergleichsweise einfache Variante haben die Innsbrucker Bauingenieure bei der Sanierung ihres eigenen Gebäudes am Campus Technik bereits mit umgesetzt: Die Beleuchtung in den Büros ist individuell regelbar – Leuchtstoffröhren, die sich in der Nähe der Fenster befinden, werden automatisch stärker gedimmt als jene mitten im Raum, so entsteht eine gleichmäßige und angenehme Helligkeit und dadurch, dass nicht zu jeder Zeit alle künstlichen Lichtquellen gleich stark in Betrieb sind, wird Energie gespart. „Diese Helligkeitsregelung mit Sensoren in jedem Raum sind eine vergleichsweise einfache Lösung, um Tageslicht sehr zielgerichtet ausnutzen zu können.“

Ein von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördertes Projekt mit dem Titel „VisergyControl“, an dem die Innsbrucker Niedrigenergie-Experten gemeinsam mit den Lichtplanern von Bartenbach und dem Osttiroler Sonnenschutz-Spezialisten Hella arbeiten, geht noch einen Schritt weiter: „Anstelle der individuellen Regelung per Sensor in jedem Büro arbeiten wir hier an einer zentralen Steuerung: Ein mit einem Sensor, der sich an der Außenseite des Gebäudes befindet, verbundener Computer steuert je nach Sonnenlichteinstrahlung und Tageszeit einerseits die Jalousien auf der Außenseite des Gebäudes, andererseits auch die Beleuchtung im Inneren. Alles das kann der jeweilige Nutzer auch unterbinden, der Gedanke wäre aber, so für ein gesamtes Bürogebäude stets optimale und energiesparende Beleuchtung zu schaffen und dabei auch Heizung und Kühlung einzubeziehen“, erklärt Rainer Pfluger.

Auch in der Lehre

Nicht nur in der Forschung, auch in der Lehre spielt Licht am Arbeitsbereich für energieeffizientes Bauen eine große Rolle: Im Rahmen einer Master-Arbeit ist etwa ein Ulbricht-Kugel entstanden – ein Instrument, um Lichtreflexion und Transmission von Materialien verlässlich zu messen und die Effizienz von Leuchtmitteln quantifizieren zu können. „Auf dieses Instrument sind wir sehr stolz – der Innendurchmesser von einem Meter erlaubt es uns, auch größere Lichtquellen verlässlich zu messen und zu untersuchen.“

Ein weiteres sehr vielversprechendes Werkzeug ist im Rahmen eines Forschungsprojektes gemeinsam mit den Firmen Bartenbach und Zumtobel Lighting als Doktorarbeit am Institut entstanden: Das Computerprogramm DALEC erlaubt die Planung und Simulation der Lichtverhältnisse an einem beliebigen Bauplatz und berechnet zugleich die Energieeinsparung. „Dieses Programm ist in dieser Art einzigartig, ein Architekturbüro konnte bislang gekoppelte thermische und lichttechnische Berechnung nicht mit vertretbarem Aufwand durchführen. Es genügt, die Parameter des zu messenden Gebäudes oder Raums und dessen geografische Lage einzugeben, um alle wichtigen Faktoren zu berechnen – und das, was besonders wertvoll ist, noch vor Baubeginn im Planungsstadium. DALEC erlaubt künftig auch den Vergleich unterschiedlicher Varianten und Technologien und hilft so bei der Optimierung“, erläutert Rainer Pfluger. In einem erst kürzlich von der FFG bewilligten Projekt wird DALEC nun weiterentwickelt. Ab dem kommenden Wintersemester wird im Rahmen des Masters Umweltingenieurwissenschaften erstmals auch die Vorlesung „Energieeffiziente Beleuchtung“ angeboten.

Verglasung und Wärme

Auch die Verglasung von Fenstern spielt beim Tageslichteintrag eine große Rolle: Moderne Dreischeibenverglasungen mit entsprechender Beschichtung lassen über 70 Prozent des sichtbaren Lichts auch tatsächlich durch, von der gesamten Solarstrahlung können über 60 Prozent als Wärmeeintrag im Gebäude genutzt werden – eine Südverglasung gewinnt damit mehr, als sie verliert. Und Lösungen, die das Licht von außen an die Decke des Innenraums reflektieren und so für eine gleichmäßige Beleuchtung sorgen, sind ebenfalls keine Zukunftsmusik: „Wir haben so eine Lösung sogar in der denkmalgeschützten Bausubstanz der Neuen Mittelschule Hötting exemplarisch umgesetzt: Verschattung in der unteren Hälfte der Fenster sorgt dafür, dass sich der Raum nicht unnötig aufheizt, zugleich wird das Licht über die oberen Lamellen an die Decke reflektiert und sorgt für angenehme Helligkeit im gesamten Klassenraum.“

In weiteren Projekten forscht der Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen mit seinen Partnern daran, die Licht- und Wärmemessungen von Tageslichtsystemen weiterzuentwickeln um künftig zuverlässigere Simulationen zu erlauben. „Bis heute ist die Tageslichtlenkung noch ein Nischenmarkt. Wenn wir es aber schaffen, die Vorteile in Bezug auf Komfort, Kosten und Energie leichter quantifizierbar zu machen, wird das Tageslicht in künftigen Bauvorhaben sicher eine bedeutendere Rolle spielen.“

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins „zukunft forschung“ erschienen. Eine digitale Version ist hier zu finden.