Drei START-Preise an Universität Innsbruck

Die Mikrobiologin Sigrid Neuhauser, die Mathematikerin Karin Schnass und der Informatiker René Thiemann erhalten für ihre Forschung den START-Preis.Die drei ForscherInnen erhalten für ihre Projekte eine finanzielle Starthilfe von jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro. Der vom FWF vergebene START-Preis ist die höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Österreich.
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Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger mit Wissenschaftsminister Mitterlehner (links) und FWF-Präsidentin Pascale Ehrenfreund (rechts). In der Mitte die drei Innsbrucker PreisträgerInnen Sigrid Neuhauser (4. von links), Karin Schnass und René Thiemann. (Foto: BMWFW/TomWag)

Am Montag wurden die Preisträgerinnen und Preisträger des vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) vergebenen START-Preises in Wien bekannt gegeben. Von den acht jungen Forscherinnen und Forschern, die diese höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler in Österreich erhalten, stammen drei von der Universität Innsbruck. Ihnen stehen jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro für ihre Forschung zur Verfügung. „Drei START-Preise für unsere Universität von insgesamt acht – das macht mich sehr stolz und zeigt auch die hohe Qualität der Arbeit unseres wissenschaftlichen Nachwuchses. Trotz teilweise schwieriger Rahmenbedingungen sind wir in der Lage, unseren Forscherinnen und Forschern ein ausgezeichnetes Umfeld zu bieten“, hält Rektor Tilmann Märk fest.

Die Preisträgerinnen und der Preisträger (alphabetische Reihenfolge):

  • Sigrid Neuhauser, „Hi-Phy: Interaktionen von Phytomyxea und ihren Wirten – Untersuchungen basierend auf Transkriptom Analysen und In-Situ Transkript Visualisierung“
    Die Mikrobiologin will im Rahmen ihres Forschungsprojekts anhand einer Gruppe von parasitischen Einzellern, den sogenannten ‚Phytomyxea‘, die grundlegende Mechanismen der Interaktion zwischen Parasiten und ihren Wirten klären. Einige Phytomyxea sind als Krankheitserreger an wichtigen Kulturpflanzen bekannt: Plasmodiophora brassicae, der Erreger der Kohlhernie, ist beispielsweise für 10 Prozent Ausfall der weltweiten Produktion von Kohlgewächsen verantwortlich. Neben Blütenpflanzen parasitieren Phytomyxea auch Braunalgen, Kieselalgen und Eipilze. Phytomyxea sind zwingend auf einen lebenden Wirt angewiesen. Nach der Infektion übernehmen sie dessen Zellregulation und programmieren seinen Stoffwechsel für die eigene Energiegewinnung um. Um das Zusammenspiel zwischen Phytomyxea und ihren Wirten auf genetischer Ebene zu verstehen, verwendet sie eine Methodenkombination aus Transkriptom-Analyse und In-Situ-Transkript-Visualisierung. Von diesen Analysen verspricht sich Neuhauser völlig neue Erkenntnisse zur Biologie der Phytomyxea-Wirt Beziehung, was auf weitere Sicht großes Potenzial für die Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung und Kontrolle dieser wirtschaftlich bedeutenden Krankheitserreger birgt.
    Sigrid Neuhauser wurde 1980 in Rum geboren und studierte von 1999 bis 2005 Biologie an der Universität Innsbruck. 2007 schloss sie ihr Doktoratsstudium am Institut für Mikrobiologie ab und forschte dort erst als Postdoc und von 2008 bis 2011 als Hertha Firnberg Research Fellow. 2012 ging Neuhauser für ein Erwin Schrödinger Research Fellowship nach London (Department of Life Sciences, Natural History Museum) und kehrte 2014 im Rahmen der Rückkehrphase des Stipendiums an das Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck zurück.

  • Karin Schnass, „Optimierung, Modelle & Algorithmen für Dictionary Learning“
    Ob es die 300 Millionen hochgeladener Fotos auf Facebook pro Tag sind, die 800 GB pro Sekunde, die der Teilchenbeschleuniger am CERN aufzeichnet – eines ist klar, wir sind im Zeitalter der großen Datenvolumen angelangt. Allein im vergangenen Jahr stieg die Menge der weltweiten Daten auf etwa 4.000 Milliarden GB. Es wird angenommen, dass davon in etwa 23 Prozent nützlich sind, wobei davon nur etwa 1 Prozebt tatsächlich analysiert werden kann. Schnass untersucht, wie man mit diesen Datenmengen und den damit verbundenen Herausforderungen umgehen kann. Auf der Seite der Signalverarbeitung basieren einige der vielversprechendsten Strategien auf dem Schlüsselkonzept der dünnen Besetzung (sparsity), d.h., der geringen Komplexität sogar hochdimensionaler Daten, sobald diese in einem geeigneten Repräsentationssystem (dictionary) dargestellt werden. Für eine ganze Datenklasse bietet solch ein Repräsentationssystem zusammen mit der dünn besetzten Darstellung außerdem eine reiche Basis für die Datenanalyse. Ihr Projekt befasst sich mit der grundlegenden Frage, wie man für eine gegebene Datenklasse automatisch ein Repräsentationssystem lernen kann, das dünn besetzte Darstellung erlaubt, auch bekannt als dictionary learning oder sparse coding. Es zielt darauf ab, ein tieferes theoretisches Verständnis für dictionary learning zu liefern und auf dessen Grundlage stabile und effiziente Lernalgorithmen für hochdimensionale Daten zu entwickeln.
    Karin Schnass wurde 1980 in Klosterneuburg geboren. 2004 erwarb sie ihr Diplom in Mathematik an der Universität Wien bevor sie im Jahr 2009 das Doktorat in der Schweiz an der „École polytechnique fédérale de Lausanne“ absolvierte. Derzeit arbeitet Karin Schnass als Erwin Schrödinger Stipendiatin vom FWF an der Università degli studi di Sassari in Italien. Im Oktober diesen Jahres wird Schnass an das Institut für Mathematik in Innsbruck wechseln.

  • René Thiemann, „Zertifizierte Terminierung und Komplexität von Programmen“
    Der Informatiker René Thiemann beschäftigt sich mit der Zuverlässigkeit aktueller Analyse-Programme: Fundamentale Eigenschaften von Computerprogrammen sind Terminierung (alle Berechnungen führen zu einem Ergebnis) und Komplexität (wie lange dauert die Berechnung, wie hoch ist der Speicherbedarf). Hierzu gibt es zwar viele automatische Verfahren, jedoch sind diese Verfahren komplex, weshalb entsprechende Analyse-Programme oft nicht fehlerfrei sind. Dies kann katastrophale Folgen haben, etwa ein generierter Terminierungsbeweis für ein nicht-terminierendes Programm: eine trügerische Sicherheit, die nicht ohne weiteres entlarvt werden kann. Eine Lösung für diese Problem bieten Zertifizierer, die die generierten Beweise der Analyse-Programme überprüfen können. In seinem Projekt wird Thiemann die Anwendbarkeit der Zertifizierer in zwei wichtige Richtungen erweitern: Sie sollen eine große Klasse von Komplexitäts-Beweisen unterstützen, außerdem Terminierungs-Beweise für die Programmiersprachen Java und Haskell. Dazu muss Thiemann die Semantik für Haskell formalisieren sowie die existierende Formalisierung von Jinja in Richtung Java ausbauen (Jinja ist eine eingeschränkte Variante von Java). Diese Arbeit wird die Zuverlässigkeit aktueller Terminierungs- und Komplexitäts-Analyse-Programmen stark verbessern.
    René Thiemann wurde 1976 in Stadtlohn (Nordrhein-Westfalen) geboren. Nach dem Studium und der Promotion in Informatik an der RWTH Aachen wechselte er 2007 an das Institut für Informatik in Innsbruck, wo er als Projektmitarbeiter tätig ist. Im Juli 2013 habilitierte er sich in Innsbruck mit der Arbeit „A Formalization of Termination Techniques in Isabelle/HOL“.