Alpine Algenart neu positioniert

Algen sind das Spezialgebiet des Innsbrucker Botanikers Andreas Holzinger. Im Rotmoostal in Obergurgl stieß er auf eine besondere Art, die er nun gemeinsammit KollegInnen aus Innsbruck und den USA detailliert untersuchte. Die Fachzeitschrift Journal of Phycology widmete dieser Beschreibung im Oktober ihre Coverseite.
Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme der Zygogonium ericetorum, zur Darstellung der Zel …
Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme der Zygogonium ericetorum, zur Darstellung der Zellwand (im obersten Algenfaden sind Aplanosporen zu sehen) (Bild R. Stancheva)

Zygogonium ericetorum – diese alpine Algenart gab Andreas Holzinger einige Rätsel auf. „Ich habe diese Art im Obergurgler Rotmoostal gefunden. Sie gehört in die Großgruppe der streptophytischen Grünalgen, ist teilweise austrocknungstolerant und aufgrund ihrer starken lila-Färbung sehr resistent gegenüber UV-Strahlung“, beschreibt assoz. Prof. Dr. Andreas Holzinger vom Institut für Botanik der Uni Innsbruck. Die Lila-Färbung dieser Art ist dadurch bedingt, dass die Algen einen eisenhaltigen Farbstoff in die Vakuole einlagern. „Diese Färbung ermöglicht eine höhere UV-Absorption, wodurch besonders die Photosynthese betreibenden Chloroplasten sehr gut geschützt sind und ein Überleben der Art in exponierten Höhenlagen sichern“, so Holzinger.

Obwohl Beschreibungen dieser Art bis 1797 zurückgehen, entdeckte der Botaniker gemeinsam mit WissenschaftlerInnen aus den USA und Innsbruck Besonderheiten dieser Alge, die sich allerdings erst auf den zweiten Blick zeigten.

Neue Gruppenzuordnung

Nachdem Holzingers langjährige Kooperationspartnerin an der University of Connecticut, Louise A. Lewis, versuchte, diese Art phylogenetisch zu positionieren, ergaben sich deutliche Unterschiede zu anderen Algen aus der Ordnung der Zygnematales, insbesondere der Gattung Zygnema, obwohl sie morphologisch sehr ähnlich waren. „Erst Multigen-Analysen – durchgeführt von unserem Kooperationspartner John D. Hall von der University of Maryland – machten eine phylogenetische Platzierung möglich“, erklärt Andreas Holzinger. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse zeigen die Biologen – an der Untersuchung waren auch Rosalina Stancheva (University San Marcos), Klaus Herburger (Uni Innsbruck), Richard M. McCourt (Drexel University, Philadelphia) und Robert G. Sheath (University San Marcos) beteiligt – eine Platzierung dieser Art an einem Ast im Stammbaum, der deutlich von der Gattung Zygnema abgegrenzt ist. Weiteres schlagen die Wissenschaftler eine taxonomische Revision vor, die 18 derzeitige Zygogonium Arten betrifft, und die in Zukunft zur Gattung Zygnema zu zählen sind.

Verjüngungsmechanismus

Lichtmikroskopisches Bild von Zellfäden der Zygogonium ericetorum. Im obersten Algenfaden sind die ausgebildeten Aplanosporen zu sehen. (Bild R. Stancheva).
Lichtmikroskopisches Bild von Zellfäden der Zygogonium ericetorum. Im obersten Algenfaden sind die ausgebildeten Aplanosporen zu sehen. (Bild R. Stancheva).

Die Untersuchungen der Biologen zeigten zwei weitere Besonderheiten dieser Algenart, die sie klar von der Gattung Zygnema unterscheidet. „Da, so meine Interpretation, der Farbstoff, den die Alge im Laufe ihres Lebens in immer größeren Mengen bildet, auch hochreaktiv ist und für die Zelle toxisch werden kann, verfügt diese Art auch über einen Mechanismus, um diesen wieder abzubauen“, beschreibt Andreas Holzinger. Dazu bilden sich sogenannte Aplanosporen aus: Innerhalb einer Zelle bildet sich eine Abgrenzung, in die sich das Zytoplasma und die Chloroplasten zurückziehen. Auf die andere Seite dieser Abgrenzung wird der Farbstoff abgestoßen und in diesem Bereich, der abgebaut wird, sind auch noch Reste von Zytoplasma zu finden (siehe Abbildung rechts). „Dieser Prozess der Aplanosporenbildung ist so etwas wie eine Verjüngungskur für die Alge und eine Methode, mit dem Farbstoff umzugehen“, beschreibt Holzinger und verweist auf ein weiteres Unterscheidungsmerkmal dieser Algenart zur Gattung Zygnema: „Die zwei Chloroplasten sind immer plattenförmig ausgebildet, dies ist auch taxanomisch relevant, da diese bei der Gattung Zygnema sternförmig sind,“ so Holzinger, der diese Art in Zukunft noch weiter untersuchen will. Vor allem die Schutzmechanismen gegen Austrocknung und erhöhte UV Strahlung, dürften noch einige interessante Ergebnisse erwarten lassen. Unterstützt werden diese Untersuchungen durch ein FWF-Projekt.