Runder Tisch zu obdachlosen Menschen an der Uni

Auf Initiative der Vizerektorin für Infrastruktur Anke Bockreis fand am 21. November ein Gespräch zum Thema „Umgang mit obdachlosen Menschen an der UniversitätInnsbruck“ statt. Der runde Tisch bot nicht nur Raum für Diskussion, sondern verfolgte auch das Ziel, die Erörterung gemeinsamer Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation von Menschen in sozialer Notlage zu ermöglichen.
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Der Umgang mit Menschen in sozialer Notlage an der Universität Innsbruck stand im Mittelpunkt der Gespräche an dem von der Unileitung initiierten runden Tisch. Foto: Universität Innsbruck

An der Diskussion nahmen neben dem Rektorenteam, vertreten durch die Vizerektorin für Infrastruktur, Anke Bockreis, und den Vizerektor für Personal, Wolfgang Meixner, auch die Betriebsräte, VertreterInnen des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen, der ÖH-Vorsitzende, VertreterInnen des Reinigungspersonals sowie zahlreiche MitarbeiterInnen und Studierende teil. Darüber hinaus beteiligten sich Vertreter der Stadt Innsbruck und des Landes Tirol am runden Tisch. In den vielen Wortmeldungen des knapp zweistündigen Gesprächs wurden verschiedene Aspekte rund um die prekäre Lebenssituation der Obdachlosen angesprochen, Erfahrungen von MitarbeiterInnen geschildert sowie nach möglichen Ansätzen hinsichtlich nachhaltiger Hilfestellungen für die betroffenen Personen, die sich in den Räumlichkeiten der Universität aufhalten, gesucht.

Gewährleistung der Sicherheit

Viele Hinweise von MitarbeiterInnen und Studierenden der Universität Innsbruck sowie einige Vorfälle in Form von tätlichen Übergriffen veranlassten die Vizerektorin für Infrastruktur vor einigen Wochen dazu, den Österreichischen Wachdienst (ÖWD) mit einer verstärkten Kontrolle und dem Verweis von Obdachlosen aus den Gebäuden – insbesondere an den Standorten Innrain und SOWI – zu beauftragen.
Alle MitarbeiterInnen und Studierenden wurden von diesen Maßnahmen in einem Rundmail Anfang Oktober informiert. „Wir verzeichneten in den letzten Monaten eine starke Zunahme an Beschwerden von Universitätsangehörigen“, sagte Anke Bockreis. „Viele MitarbeiterInnen und Studierende berichteten uns, dass sie sich zunehmend bedroht fühlen und Randzeiten bzw. gewisse Gebäudeteile meiden. Da wir als Universitätsleitung Verantwortung dafür tragen, dass sich alle Universitätsangehörigen in den Uni-Räumlichkeiten sicher fühlen, mussten wir entsprechende Maßnahmen setzen“. Die Entscheidung, den ÖWD für verstärkte Kontrollen heranzuziehen, sei nicht leicht gefallen: „Natürlich besteht hier ein gewisses Dilemma zwischen einer sozialen Verantwortlichkeit einerseits und dem Schutzbedürfnis der MitarbeiterInnen und Studierenden andererseits“, so Bockreis weiter. Jene MitarbeiterInnen des ÖWD, die die Kontrollgänge an der Universität durchführen, nehmen nun an einer speziellen Schulung des Vereins für Obdachlose Innsbruck teil, die sie für die prekäre soziale Lage der obdachlosen Personen sensibilisieren soll.

Verantwortung der gesamten Gesellschaft

Der Umgang mit Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – in eine soziale Notlage geraten sind, stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, derer sich die Universität Innsbruck bewusst ist. Dass an der Universität ein entsprechendes Problembewusstsein vorherrscht, zeigen nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Verein für Obdachlose, sondern auch die inzwischen sehr erfolgsversprechenden Gespräche mit der Stadt Innsbruck, dem Land Tirol und den entsprechenden Sozialvereinen, gemeinsam Lösungen zu finden. Dabei steht im Vordergrund, den Bedürfnissen der betroffenen Menschen mit ihren individuellen Schicksalen durch entsprechende professionelle Hilfeleistungen gerecht zu werden, ohne dabei die MitarbeiterInnen und Studierenden außer Acht zu lassen. Die Universität Innsbruck hat allerdings weder die räumlichen noch die personellen Ressourcen bzw. Kompetenzen, um den betroffenen Personen in ihrer sozialen Notlage adäquat behilflich sein zu können. „Hier bedarf es einer Zusammenarbeit verschiedener öffentlicher Stellen, denn die Universität ist in erster Linie eine Bildungs- und Forschungseinrichtung und kann langfristig nicht als Zufluchtsort dienen“, verdeutlichte Vizerektor Meixner.

Lösungsorientiertes Handeln

Den im Laufe der Diskussion immer wieder geäußerten Vorwurf sozialer Kälte wollte die Universitätsleitung nicht im Raum stehen lassen: „Wir verfolgen hier keineswegs eine Strategie im Sinne von ‚Aus den Augen, aus dem Sinn’ – ganz im Gegenteil. Wir haben immer Gesprächsbereitschaft signalisiert und sind durchaus daran interessiert, an konstruktiven Lösungsvorschlägen mitzuarbeiten. Die Universität ist frei zugänglich und öffentlich - und das soll sie auch bleiben, allerdings bedarf es an einem Ort, an dem täglich mehrere tausend Menschen ein- und ausgehen, der Einhaltung gewisser Regeln des gegenseitigen Umgangs“, erklärte Bockreis. Für die in den vergangenen Wochen zeitweise Emotionalisierung der Diskussion zeigte Anke Bockreis durchaus Verständnis, plädierte aber im Sinne der betroffenen Obdachlosen dennoch für ein sachliche, lösungsorientierte Herangehensweise an die Problematik.

Alle TeilnehmerInnen am runden Tisch waren sich einig, dass die Universität Innsbruck diese Aufgabe nicht allein übernehmen kann und nun rasch Impulse zur Verbesserung der Situation gesetzt werden müssen – nicht zuletzt aufgrund der nun bevorstehenden Wintermonate. Die rege Teilnahme am runden Tisch zeigt, dass das Problembewusstsein sowohl bei den entsprechenden öffentlichen Stellen als auch bei den BürgerInnen durch die Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten erhöht wurde und die Weichen zu einer Erarbeitung konstruktiver Lösungsansätze gestellt sind.