Die Kommunikation von Herrschaft

Ein Cluster des neu geschaffenen Forschungsschwerpunkts „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ beschäftigt sich mit politischerKommunikation. Das Themenfeld ist vielfältig und bietet Anknüpfungspunkte für unterschiedlichste Disziplinen – im Mittelpunkt steht dabei die kommunikative Fundierung von Herrschaftsverhältnissen und Gesellschaftsordnungen.
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Die Karlskirche in Wien entfaltet durch die beiden monumentalen Säulen auch ein politisches Programm: Kaiser Karl VI. wird zum „spanischen Herkules“ stilisiert, um den Anspruch auf das zur Bauzeit der Kirche schon an die Bourbonen verlorene Königreich Spanien zu unterstreichen. Zudem verweisen die Säulen auf den Tempel Salomos, was Karl in die Tradition alttestamentarischer Könige und biblischer Herrschertugenden stellt. (Foto: Wikimedia Commons/Welleschik)

„Unter politischer Kommunikation verstehen wir die Kommunikation von und Interaktion zwischen politischen Akteuren, besonders auch mit dem Anspruch, allgemeingültige Regeln zu formulieren und auszuhandeln“, erläutert Dr. Niels Grüne vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie. Gemeinsam mit Dr. Claus Oberhauser fungiert er als Sprecher des Clusters „Politische Kommunikation“ im Forschungsschwerpunkt „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“. Dieser Anfang des Jahres neu geschaffene Schwerpunkt bündelt die wissenschaftliche Arbeit der Universität Innsbruck in den geisteswissenschaftlichen Fächern.

Selbstverständlichkeiten in Frage stellen

„Teil unserer Forschung ist, Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen“, sagt Claus Oberhauser. „Wie wird beispielsweise ein Staat zum Macht-Monopolisten und wie schafft er es, dass sein Monopol von den Beherrschten akzeptiert wird?“ Diese und damit zusammenhängende Fragen beschäftigen rund dreißig Forscherinnen und Forscher, die ihre überwiegend historischen Projekte im Rahmen des Bereichs „Politische Kommunikation“ diskutieren. Großes Augenmerk liegt dabei auf politischer Kommunikation im öffentlichen Raum. „Der öffentliche Raum ist im Kontext der Inszenierung und Festigung von Herrschaftsverhältnissen bedeutend“, erklärt Niels Grüne. „Darunter fallen etwa Gebäude wie Schlösser und Burgen, aber auch kunstvoll angelegte Gärten und öffentlich ausgestellte Kunstwerke wie Statuen, die ebenfalls einen Repräsentationsanspruch transportieren.“

Daneben interessieren sich die Forscherinnen und Forscher auch für Zeremonien und Rituale, die zur politischen Kommunikation genutzt werden, oder für Postkarten und Flugblätter, die bereits ab dem Spätmittelalter bekannt sind. „Der Forschungsbereich steht unterschiedlichsten Fachrichtungen offen und fördert den interdisziplinären Austausch. Neben den Geschichtswissenschaften bieten sich natürlich Anschlussmöglichkeiten für die Kunstgeschichte, die Politikwissenschaft, die Soziologie, die Sprachwissenschaften und noch eine ganze Reihe weiterer Disziplinen an“, betont Niels Grüne.

Derzeitige Projekte

Zuletzt hat sich der Cluster in mehreren Workshops vor allem mit visuellen Medien und Strategien politischer Kommunikation auseinandergesetzt. So befassen sich etwa zwei historische Projekte, an denen Angehörige des Forschungsbereichs derzeit arbeiten, mit der bildlichen Darstellung von Herrschaft und Gesellschaftsordnung in Schulbüchern bzw. mit der Deckenausmalung von Jesuitenbauten in Böhmen und Mähren. „Unser Kollege Stefan Ehrenpreis arbeitet an frühneuzeitlichen Schulbüchern. Sie gehörten zu den Medien, die der Vermittlung grundlegender Sichtweisen von Welt und Gesellschaft dienten und sind ein lohnendes Forschungsobjekt, wenn man sich politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit ansehen will“, erläutert Claus Oberhauser. Besonders Materialien zum Religionsunterricht waren weit verbreitet, dort wurden etwa Darstellungen biblischer Könige und ihrer Geschichte zur Vermittlung von Normen und Tugenden gebraucht.

Die Kunsthistorikerin Katrin Sterba untersucht Deckenausmalungen von Jesuitenbauten in Böhmen und Mähren auf ihre politischen Aussagen. „Der Einfluss der Jesuiten war besonders im 17. und 18. Jahrhundert groß und spiegelte sich in den unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen wider. Der schnell anwachsende Jesuitenorden entwickelte auch eine rege Bautätigkeit und stattete in diesem Zuge seine Gebäude mit prunkvollen barocken Deckengemälden aus“, führt Niels Grüne aus. Die Bilder sollten jedoch nicht nur Gott auf Erden vergegenwärtigen, sondern auch die Gläubigen von der katholischen Wahrheit überzeugen, so dass diese Bildkunst auch zu einem Werkzeug der Gegenreformation werden konnte. Welchen Einfluss Bilder auf den Betrachter ausübten und welche Wirkung sie entfalten sollten, versucht Katrin Sterba in ihrem Dissertationsprojekt zu klären.