Eigenschaften der Pflanzenwelt erfasst

Die weltgrößte Datenbank zu Pflanzen-Eigenschaften, TRY, wurde veröffentlicht. Als gemeinsames Projekt von weltweit über 100 Forschungsinstituten,darunter das Innsbrucker Institut für Ökologie, vereinigt TRY 93 einzelne Datenbanken. Damit sind wesentliche funktionelle Merkmale von über zwanzig Prozent aller weltweit vorkommenden Pflanzenarten an einer Stelle zusammengefasst.
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Die Datenbank erfasst rund 70.000 der weltweit etwa 300.000 Pflanzenarten und insgesamt drei Millionen Merkmale. (Im Bild: Ein Glashaus im Botanischen Garten der Universität Innsbruck)

Pflanzen stehen als sogenannte Primärproduzenten an der untersten Stufe der Nahrungskette. Ihre Vielfalt (Diversität) hat einen wesentlichen Einfluss auf die Anzahl und die Vielfalt der nachfolgenden Mitglieder der Nahrungskette. Nimmt die Zahl der Pflanzenarten in einem biologischen Lebensraum (Ökosystem) ab, so vermindert sich zunächst auch die Vielfalt an Pflanzenfressern sowie später der nachfolgenden Alles- und Fleischfresser. Doch damit nicht genug: Auch die Wechselwirkungen mit der Umwelt, z.B. der Stoffaustausch mit dem Boden und der Atmosphäre, verändern sich bei Abnahme der pflanzlichen Biodiversität.

Täglich sterben Pflanzenarten aus

Durch Veränderungen der Landnutzung und durch den Klimawandel sterben auf unserem Planeten täglich Pflanzenarten aus, mit einer historisch nie dagewesenen Geschwindigkeit und bevor ihre ökologische Bedeutung erkannt wurde. Auch wie sich die Pflanzenvielfalt darüber hinaus auf das Umwelt- und Klimasystem der Erde und damit auf die Lebensbedingungen des Menschen genau auswirkt, ist derzeit nur ungenügend erforscht. Der größte Engpass war bisher die begrenzte Verfügbarkeit von Daten zu ökologischen und funktionellen Eigenschaften der Pflanzenarten. 

Über 200 Wissenschaftler weltweit haben sich daher zusammengetan, um gemeinsam diese Wissenslücke zu füllen. Unter dem Dach von DIVERSITAS und IGBP, zwei Organisationen der UNESCO zur Biodiversitäts- und globalen Umweltforschung, wurde eine weltweite Datenbank funktioneller Pflanzenmerkmale (TRY) aus bisher 93 verschiedenen Datenbanken erstellt. Koordiniert von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena und der Universität Leipzig, enthält TRY derzeit über drei Millionen Einträge zu funktionellen Merkmalen von rund einem Fünftel (70.000) aller bekannten Pflanzenarten. Erfasst wurden Merkmale zu den Schlüsselprozessen Wachstum, Verbreitung, Etablierung und Stresstoleranz. „Nach etwa 4 Jahren intensiver Aufbauarbeit sind wir stolz, die erste Version der Datenbank präsentieren zu können“, freut sich Dr. Jens Kattge vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie als führender Autor der in der Septemberausgabe von Global Change Biology publizierten Studie.

Eine erste Auswertung hat ergeben, dass die bisher üblichen funktionellen Klassifizierungen nicht ausreichen, um die große Variationsbreite der pflanzlichen Eigenschaften zu erklären. Globale Klima- und Vegetationsmodelle unterscheiden etwa 10 funktionelle Pflanzentypen, wie Gräser, Sträucher oder Bäume, die jedoch die beobachteten Variationen der Pflanzeneigenschaften meist nicht erfassen können. Die Variationsbreite wird stattdessen im Wesentlichen durch Artunterschiede verursacht. „Die Artenvielfalt ist damit eine entscheidende Größe für funktionelle Vielseitigkeit und die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme an sich verändernde Umweltbedingungen“, erklärt Prof. Michael Bahn vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck, einer der Ko-Autoren der Studie.

Kontinuierliche Erweiterung

Die TRY-Datenbank steht allen Pflanzen-, Umwelt- und Klimaforschern zur Verfügung und wird kontinuierlich mit Daten neuer Kooperationspartner erweitert. „Die Dimension der globalen Herausforderungen erfordert auch neue Dimensionen der wissenschaftlichen Herangehensweise, hinsichtlich der Größe der Netzwerke und der Intensität der Kooperationen“, bestätigt Prof. Sandra Díaz von der Universität Cordoba, Argentinien, als Co-Autorin der Studie das erfolgreiche Konzept der TRY-Initiative. Es steht zu erwarten, dass die globale TRY- Datenbank wesentliche Impulse gibt für die Erforschung der Biodiversität sowie die Verbesserung biologisch fundierter Klimamodelle.