Autorin Francesca Melandri präsentiert Debutroman

Auf Einladung des Italien-Zentrums fand vor kurzem eine Lesung mit der italienischen Autorin Francesca Melandri statt. Der Journalist Dr. Benedikt Sauer stellte die Schriftstellerin und ihren Debütroman „Eva schläft“ dem Publikum vor und führte durch den Abend.
Sauer im Gespräch mit Melandri
Journalist Bendedikt Sauer im Gespräch mit der italienischen Autorin Francesca Melandri.

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „FrauenWeltLiteratur“, organisiert von den Länderzentren und dem Bereich Gender Studies an der Universität Innsbruck, war die italienische Autorin Francesca Melandri am 21. November zu Gast im historischen Claudiasaal in der Altstadt von Innsbruck. Nach einer kurzen Lesung des Prologes auf Italienisch, führte Benedikt Sauer mit der Autorin ein Gespräch in deutscher Sprache.
Die in Italien insbesondere für ihre Drehbücher bekannte Autorin beantwortete die Frage, warum sie sich nun an einen Roman gewagt hat damit, dass sie die Idee eine „Saga“ zu schreiben bereits seit Jugendtagen im Kopf gehabt hätte. Einen Roman zu schreiben sei literarisch anspruchsvoller als ein Drehbuch. Auch wollte sie etwas schreiben, wo sie die einzig Verantwortliche sei, „der einzige Kapitän auf dem Schiff“ sozusagen. „Eva schläft“, der erste Roman der Autorin, erschien 2010 in italienischer Sprache und wurde bereits 2011 ins Deutsche übersetzt. In Italien hat der Roman bereits die dritte Auflage erreicht.

Erster Roman zur Südtirolproblematik auf Italienisch

„Eva schläft“ erzählt die berührende Lebens- und Liebesgeschichte von Gerda Huber vor dem Hintergrund des wechselhaften Südtiroler-Befreiungskampfes. Die Beschwerlichkeiten, die der Protagonistin als Mutter eines unehelichen Kindes entstehen, beschreiben dabei nicht nur den persönlichen Leidensweg der Protagonistin, sondern werden zu einem Sittenbild einer nicht allzu fernen Vergangenheit. Francesca Melandri versteht es vergessener Geschichte Leben einzuhauchen, indem sie die Beweggründe der „Bumser“ und die Diplomatie eines Silvius Magnago mit ihrem detailreichen Sprachstil wiedergibt.
Warum der Roman in Südtirol spielt, hat mehrere Gründe. Francesca Melandri kennt Südtirol von Jugend an aus vielen Urlauben und hat 15 Jahre lang im Pustertal gelebt. Während dieser Zeit ist ihr aufgefallen, wie wenig ihre italienischen Freunde über Südtirol Bescheid wussten. Diese Tatsache veranlasste sie, sich selber mit der Geschichte Südtirols näher zu beschäftigen. Sie habe wenig Literatur in italienischer Sprache gefunden, die sich mit der Abspaltung Südtirols von Österreich, der Option und den damit verbundenen Unruhen bis hin zu den Sprengstoffanschlägen beschäftigte. Sie hätte sich gewünscht, dass Tiroler Verlage diesbezügliche Publikationen auch auf Italienisch herausgebracht hätten. Auf die Frage Herrn Sauers wo sie sich heimisch fühle, meinte Frau Melandri als erstes in Rom, dann in Südtirol und schließlich fühle sie eine große Verbundenheit mit Indien.

Geschichte ist nicht allein Männersache

Der Autorin ist es die Südtiroler Mentalität betreffend ein Anliegen, dass sie mehr in die Zukunft schauen soll und dass viel zu wenig Frauen in das politische Geschehen des Landes mit einbezogen werden. Vielleicht müssten Frauen aber auch von sich aus aktiver agieren. Deshalb habe sie die für Südtirol aufwühlenden 60er Jahre bewußt von zwei Frauen erzählen lassen und betont „die Geschichte eines Landes und das politische Leben ist nicht allein Männersache“.
Für die Recherche zu ihrem Buch habe sie viel mit alten Leuten und auch pensionierten Carabinieri gesprochen, die sich dankbar zeigten, dass sich jemand mit ihrer Geschichte befasst. Wichtig ist Melandri auch die Sprache und im speziellen der Südtiroler Dialekt. Gerade der Gebrauch des Dialektes zeige die unterschiedlichen Denkweisen und Stimmungen zwischen Deutsch und Italienisch auf.
Die offene und lebendige Art der Autorin ermunterte viele Zuhörerinnen und Zuhörer Fragen zu stellen, was auf das große Interesse für das Thema hinweist.

(Gertraud Schermer-Rupprechter)