„Kooperation ist der Weg der Zukunft“

Univ.-Prof. Dr. Erich Thöni, Institut für Finanzwissenschaft, war 19 Jahre lang in unterschiedlichen Funktionen mit den internationalen Beziehungen der Universität Innsbruck betraut, zuletzt als Universitätsbeauftragter für die Internationalen Beziehungen. Ende September endete seine Funktionsperiode; im Abschieds-Interview blickt er auf seine Tätigkeit zurück.
ipoint_thoeni.jpg
Prof. Erich Thöni beendete mit Ende September seine Funktion als Universitätsbeauftragter für die Internationalen Beziehungen.

Sie waren fast 20 Jahre in unterschiedlichen Funktionen mit den internationalen Beziehungen der Universität beschäftigt. Gibt es Höhepunkte in dieser Zeit, an die Sie besonders gerne denken?
Erich Thöni: Es gibt durchaus Höhepunkte, es gibt aber auch Dinge, die mich wehmütig stimmen. Aber der überwiegende Teil sind Höhepunkte. Die Universität ist um Vieles internationaler geworden. Die Internationalisierungsbewegung erreichte Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre die Universitäten und in diesem Zusammenhang war es notwendig, sich Gedanken über die internationale Ausrichtung der Universität zu machen und Strategien zu entwerfen. Das haben wir getan, in einer sehr kooperativen Art und Weise mit Dekanen, mit Universitätsangehörigen und vor allen Dingen natürlich mit den Rektoren der Zeit.

Stolz bin ich darauf, dass dadurch Internationalisierung in Innsbruck heute nicht mehr nur als ergänzende Funktion, sondern als existenziell gesehen wird. Zum Beispiel sind die Curricula internationaler gestaltet als früher. Die englische Sprache, die akademische Lingua Franca, ist in Ausbildung und Lehre zentraler geworden. Ein weiteres Highlight ist, dass die Mobilität sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden enorm zugenommen hat. Umso mehr, wenn man sich hier die Zahlen aus 1992 vor Augen führt. Dabei kam uns auch zugute, dass die EU Bildung als einen Förderbereich gesehen hat. Wir haben die entsprechenden EU-Programme stark aufgegriffen, daneben haben wir aber auch selbst Programme initiiert und gefördert – etwa Kurzstudienprogramme oder Kurzaufenthalte. Die Rektoren standen immer sehr stark hinter einem Ausbau der Stipendien und stellten die entsprechenden Mittel zur Verfügung. Das hat uns erlaubt, neben der Förderung aus den EU-Programmen auch selbst die studentische Mobilität an der Universität zu fördern.

Die Universität hatte 1992 sieben Partnerschaftsverträge und eine Hand voll Kooperationen auf Fakultäts- und Institutsebene, heute sind es elf Verträge und über 400 einzelne Kooperationen.
Erich Thöni: Genau, darauf bin ich stolz und darauf können wir auch als Universität sehr stolz sein. Das hängt auch zusammen mit dem nächsten Höhepunkt, den ich erwähnen wollte: Wir haben uns sehr stark in Netzwerke eingebracht. Hier war Innsbruck auch stark initiativ, zum Beispiel im ASEA-Uninet und im Eurasia-Pacific-Uninet, wo wir eine tragende Rolle spielten und spielen. Inzwischen sind wir auch in anderen Netzwerken verankert, etwa im ASEM Education Hub beziehungsweise dem ASEM LLL Hub. Die Universität Innsbruck ist heute international sehr stark aufgestellt – in Europa, in Nordamerika, in Asien, in Australien, teilweise in Lateinamerika, leider weniger im Nahen Osten und in Afrika – und sicherlich in Österreich eine der führenden Universitäten. Sie kann im internationalen Konzert mitspielen.

Sie haben vorhin auch Wehmut angesprochen neben den Höhepunkten, was meinen Sie damit?
Erich Thöni: Damit meine ich, dass wir an der Universität nach wie vor die eine oder andere Barriere sehen müssen: Dass nicht alle auf den Internationalisierungszug aufspringen, dass sie gedanklich eben Österreich, die österreichischen Studierenden, die österreichische akademische Lehre im Vordergrund sehen und hier geistige Grenzen bilden.

Können Sie Trends in der internationalen Universitätslandschaft ausmachen, die sich auch in Innsbruck niederschlagen?
Erich Thöni: Ganz klar ist, dass die Trends der Internationalisierung und der Globalisierung weitergehen werden, ob wir das wollen oder nicht. Wir können uns hier nur einbringen und aktiv teilnehmen, alles andere macht keinen Sinn. Daraus ergibt sich aber auch, dass diese internationalen Beziehungen immer komplexer werden, und diese Komplexität aufzuarbeiten ist eine zukünftige Aufgabe. Universitäten werden sich in Zukunft auch immer umfassender gesellschaftlich zu rechtfertigen haben. Mitglieder und Institutionen der Gesellschaft als Financiers verlangen immer mehr Aufklärung um das Tun der Universitäten in der und um die Leistungen für die Gesellschaft. Eine andere Sache ist die Frage des nationalen Angebotes: Es muss klarer herauskommen, wofür welche Institutionen in dieser Hochschullandschaft stehen und welche Angebote sie haben. Damit wird eine Tendenz zur Konvergenz und zur Harmonisierung und Vergleichbarkeit unterstützt, auf der anderen Seite müssen wir aber auch Diversifizierung zulassen.

Ein großer Punkt ist dann noch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft in Forschung und Entwicklung und Ausbildung. Gerade in letzterem ist der Trade-off zwischen Bildung und Ausbildung zu lösen. Universitäten werden sich aufgrund problematischer Gesellschaftstendenzen wieder stärker an ersterer orientieren müssen – „die humanistische Universität“ –, um sich auf Basis von Werten und kritischen Reflexionen sich erneut und verstärkt in eine gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft einzubringen. Eine Frage wird in Zukunft auch sein, wie sich außeruniversitäre Leistungen, die etwa im Zusammenhang mit Ausbildungen am Arbeitsmarkt oder im sozialen Zusammenleben erbracht werden, in Credits für weitere Studien an den Universitäten umformen lassen.

Auch wird die Vernetzung der universitären Landschaft in der Welt weitergehen und ich glaube, die Universität Innsbruck wird sich in Zukunft noch viel stärker in diese weltweiten Netzwerke einbinden müssen. Universitäts-Netzwerke gibt es auf allen Kontinenten und die Frage ist dann nur, wo man als Universität Innsbruck, als „österreichisches“ oder als „europäisches Teil“ konkret teilnimmt. Schließlich wird sich die Universität erheblich stärker mit ihrer Rolle in den globalen Menschheitsverpflichtungen, wie zum Beispiel mit den in den Millennium Development Goals der UNO festgehaltenen, auseinandersetzen müssen und ihren Beitrag zur globalen Entwicklung definieren.

Drei Universitäten in den Niederlanden planen derzeit eine Fusion. Sind größere, möglicherweise schlagkräftigere Einheiten der Weg in die Zukunft?
Erich Thöni: Ein Weg der Zukunft ist ganz sicher Kooperation. Wir haben uns in Europa sehr viel stärker als auf anderen Kontinenten in Richtung Kooperation bewegt, im Gegensatz zu starkem Konkurrenzdenken zwischen den Universitäten in anderen Teilen der Welt. Ich glaube aber, dass die geplante niederländische Zusammenführung nicht unbedingt der Konkurrenzfähigkeit alleine dient, sondern hauptsächlich einer internen Kostenreduktion und besseren Ressourcenverwendung. Und darauf würde ich auch in unserem Kontext hinweisen. Ich könnte mir vorstellen, dass auf vielen Ebenen der universitären Verwaltung wesentlich stärker kooperiert und damit natürlich auch Ressourcen besser ausgenützt werden könnten. Das muss aber nicht immer bedeuten, dass ich zentralisiere oder zusammenführe. Für mich ist nicht Zusammenlegung, sondern Kooperation das Stichwort.

(sh)