Innsbrucker Dissertation mit Irma-Rosenberg-Preis 2010 ausgezeichnet

Anfang Mai wurden erstmals die Irma-Rosenberg-Preise für wissenschaftliche Leistungen verliehen, die sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigten. Die Historikerin Dr. Barbara Hoffmann, Absolventin der Universität Innsbruck, gehört zu den ersten Förderpreisträgerinnen.
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Oliver Rathkolb (Vorstand Institut für Zeitgeschichte Wien), Gerhard Pfeisinger (BM für Wissenschaft und Forschung) übergaben den Irma Rosenberg-Preis an Barbara Hoffmann (von rechts).

Anfang Mai wurden in Wien erstmals die Irma-Rosenberg Preise 2010 verliehen. Sie würdigen hervorragende Veröffentlichungen und wissenschaftliche Leistungen, die sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinandersetzen. Unter den drei Preisträgerinnen ist auch die Innsbrucker Historikerin Barbara Hoffmann. Sie erhielt die Auszeichnung für ihre 2010 an der Universität Innsbruck approbierte Dissertation „Zwischen Integration, Kooperation und Vernichtung: Blinde Menschen unter dem NS Regime in der ‚Ostmark’ 1938-1945“. In dieser Arbeit beschäftigt sich Hoffmann mit den Kriegs- und Zivilblinden sowie blinden Menschen jüdischer Herkunft. Durch die vergleichende Betrachtung konnten neue Erkenntnisse über die nationalsozialistische Gesellschafts- und Sozialpolitik gewonnen und bisher nicht bekannte Zusammenhänge aufgezeigt werden. Betreut wurde die Dissertation von ao. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Dietrich-Daum. Als Zweitbegutachter fungierte PD Dr. Wolfgang Weber.

Lückenschluss

Die Laudatio für Hoffmann auf der kürzlich in Wien stattgefundenen Preisverleihung hielt der Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien. Oliver Rathkolb betonte dabei, dass mit der Arbeit von Frau Hoffmann eine Lücke in der österreichischen Zeitgeschichtsforschung geschlossen werden konnte. „Die Studie basiert auf umfassenden Primärquellenstudien und versucht, mittels eines differenzierten und subtilen methodischen Ansatzes, die NS-Politik gegenüber Zivilblinden, aber auch sehbehinderten Menschen und Kriegsblinden ebenso zu erforschen, wie die brutale Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Vernichtungspolitik von blinden Jüdinnen und Juden durch das NS-Regimes zu analysieren.“ Außerdem hob Rathkolb die Liste der rund 260 blinden und sehbehinderten Menschen jüdischer Herkunft hervor, die Hoffmann zusammenstellen konnte. Zum Schluss seiner Rede ging Rathkolb auf die Begründung der Jury ein: „Insgesamt gesehen hat Frau Hoffmann eine beeindruckende Doktorinnenarbeit vorgelegt, die nicht im Jahre 1945 halt macht, sondern die Kontinuität und die Vorschichte von Vorurteilen gegenüber Blinden in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg reflektiert und ins Bewusstsein bringt. Die Zuerkennung des Irma-Rosenberg-Förderungspreises für die Erforschung des Nationalsozialismus 2010 soll mit dazu beitragen, dass diese exzellente Studie möglichst rasch als Buch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.“ Die Publikation der Arbeit ist für Herbst 2011 bzw. Frühjahr 2012 im Studienverlag geplant.

Die Irma-Rosenberg-Preise dienen dem Gedächtnis an Irma Rosenberg (Komotau 1909 – Wien 2000). Irma Rosenberg hat sich seit dem Beginn der 1930er Jahre aktiv gegen Faschismus und Rassismus eingesetzt und musste aufgrund der Verfolgung durch das NS-Regime wegen ihrer politischen Aktivitäten sowie wegen ihrer jüdischen Herkunft emigrieren. Sie hat mit einer testamentarischen Widmung den Anstoß zur Schaffung dieser Preise gegeben, die zur Förderung und öffentlichen Anerkennung von NachwuchswissenschafterInnen beitragen sollen. Die Irma Rosenberg-Preise werden alle zwei Jahre von der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte und dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (Abt. III/2) vergeben. Sie bestehen aus dem von der Stadt Wien gestifteten und mit 4.000 Euro dotierten Wiener Preis für die Erforschung der Geschichte des Nationalsozialismus sowie aus zwei von der Österreichischen Gesellschaft für Zeitgeschichte und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zu gleichen Teilen getragenen und mit 2.000 Euro dotierten Förderpreisen für die Erforschung der Geschichte des Nationalsozialismus. Außer Hoffmann wurden noch die Wiener Historikerinnen Dr. Claudia Spring und Dr. Regina Fritz ausgezeichnet.

(Barbara Hoffmann)