Wetterdienst „neu“ an der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl

Eine neue Generation der Wetterbeobachtung bricht an in Obergurgl. Seit mehr als dreißig Jahren wurde die Wetterstation an der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl durch Meinhard Strobl betreut. Nach seiner Pensionierung wird der Wetterdienst nun von einer „jungen“ Generation übernommen.
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Die Wetter- bzw. Klimastation an der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl mit Wetterhütte und Messgeräten. (Foto: Mag. Cathleen Peer)

Mit der Pensionierung des langjährigen Wetterwartes Meinhard Strobl mit Ende Januar diesen Jahres bricht an der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl (AFO) eine neue Ära an, zumindest, was den Wetterdienst betrifft. Meinhard Strobl hat in einer Übergangs- und Einschulungsphase bis Ende April 2011 die Wetterbeobachtung weitergeführt und ab 1. Mai 2011 an die „neue Generation“ übergeben. Die bemannte Wetterbeobachtung soll in gewohnter Art und Weise weitergeführt werden, es ist allerdings nicht mehr möglich, den Wetterdienst mit einer einzigen Person durchzuführen. Für die Zukunft wird die kontinuierliche Beobachtung mit einem Dienstrad aus drei Personen gewährleistet, die sich abwechselnd in Obergurgl aufhalten werden.

Dank an Meinhard Strobl

Die Alpine Forschungsstelle bedankt sich bei Herrn Meinhard Strobl für die mehr als dreißig Jahre dauernde Zusammenarbeit. „Meini“ Strobl war bei allen Veranstaltungen der AFO in verschiedenster Weise beteiligt. Bei allen naturwissenschaftlichen Gruppen/Kursen wurden von ihm zusätzlich zu seinen Kräuterteeaktionen auch fachliche Beiträge angeboten, so z.B. Fragestunden („Ötzi-Stunden“ bei den JungforscherInnentagen), Zirmwaldwanderungen, verschiedene Exkursionen in den Hochtälern oder Filmvorführungen.

Bedeutung der Wetterstation

Die Alpine Forschungsstelle Obergurgl wurde 1951 in einem der drei leerstehenden Zollhäuser untergebracht, die etwas erhöht am südlichen Rand von Obergurgl liegen. An der Alpinen Forschungsstelle in Obergurgl wird seit 1953 eine bemannte Klimastation (Seehöhe 1.930 m) betrieben, von der neben den sogenannten Klimabeobachtungen (dreimal täglich Messungen und Beschreibung der meteorologischen Verhältnisse) auch täglich um 6:30 Uhr eine „synoptische Beobachtung“ (ausführliche Beschreibung des aktuellen Wettergeschehens in einer Kombination aus Messwerten und Beobachtungen) an die Regionalstelle für Tirol und Vorarlberg der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Innsbruck übermittelt wird. Die Klimastation wurde im Jahr 1999 durch eine von der ZAMG betriebene, teilautomatische Wetterstation (TAWES) ergänzt, die hochauflösende Messwerte folgender Wetterparameter liefert: Lufttemperatur [°C], Relative Luftfeuchtigkeit [%], Luftdruck [hPa], Bodentemperatur [°C], Windgeschwindigkeit [m/s], Windrichtung [°], Niederschlagsrate [mm/h], Akkumulierter Niederschlag [mm] oder [Liter/m²], Sonnenscheindauer [min/10min], Akkumulierte Sonnenscheindauer [h].

Begleitende Handmessungen von Temperatur, Temperaturminimum, Temperaturmaximum, Relativer Feuchte, Luftdruck, Niederschlag, Gesamtschneehöhe, Neuschneemenge, Windrichtung und Windgeschwindigkeit sind notwendig, um die Daten der automatischen Station evaluieren zu können. Zusätzlich werden Beobachtungen durchgeführt, die von keinem Instrument gemessen werden können, wie Sichtweite, Bewölkungsmenge, Art und Höhenuntergrenzen der Wolken in den verschiedenen Niveaus, Art von abgesetztem und fallendem Niederschlag sowie besondere Wettererscheinungen, wie beispielsweise Gewitter, Hagel, Föhn oder der berühmte „Timmelwurm“.

Kooperationen

Die Alpine Forschungsstelle führt darüber hinaus in Kooperation mit dem Hydrographischen Dienst Tirol tägliche Verdunstungs- und Niederschlagsmessungen durch. Für den Pollenwarndienst des Instituts für Botanik wird eine Pollenfalle betrieben und gewartet. Das Umweltbundesamt in Wien erhält monatlich eine Probe des Niederschlagswassers zur Isotopenbestimmung. Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen führt am Standort der Alpinen Forschungsstelle zweimal jährlich Beobachtungen der Schwerebeschleunigung mit einem Freifall-Absolutgravimeter durch. Die Station Obergurgl ist an das Österreichische Präzisionsnivellementnetz angeschlossen. Alle genannten Institutionen, die in enger Kooperation mit der Alpinen Forschungsstelle stehen, haben die Bedeutung des Standortes bestätigt und nach der Pensionierung von Meinhard Strobl um weitere Betreuung und Beobachtung an der Wetterstation Obergurgl gebeten.

Über 80 Jahre Daten

Seit mehr 80 Jahren stehen qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung. Automatische Messungen im Hochgebirge können nur mittels Handmessungen überprüft, korrigiert und für lange Klimareihen homogenisiert werden. Die Bedeutung der lückenlosen Datenbestände für Forschungsprojekte im Hinblick auf den Klimawandel, extremwertstatistische Untersuchungen sowie den Tourismus im Ötztal ist enorm. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Beurteilung von Gesamt- und Neuschneehöhen für die Zwecke der Lawinengefahrenbeurteilung durch die Lawinenkommissionen im hinteren Ötztal.

Die Klimastation in Obergurgl wird seit 1952/53 dort betrieben und ist für alle meteorologischen und glaziologischen Langzeit-Monitoring-Programme wichtig. Die Messungen bilden für zahlreiche Forschungsprojekte (Massenbilanzmessungen von Hintereisferner und Kesselwandferner, Totalisatorennetz Obergurgl und Rofental, C4 Austria, ÖAW-Climate Impact, ...), meteorologische Langzeitprogramme (v.a. zum Klimawandel im alpinen Raum) und auch für Lehrveranstaltungen die Basisreferenz. Es gibt innovative Projektideen im Bereich der „Dynamischen Meteorologie“ sowie der Schnee- und Blockgletschermessung, die in Obergurgl bestens umgesetzt werden können. Die Daten aus Obergurgl (vor allem die vom Wetterdienst durchgeführte synoptische Beobachtung) gehen direkt in den weltweiten Wetterdatenverbund ein.

Die an der Messstelle Obergurgl automatisiert erfassten atmosphärischen Niederschläge finden im 15-Minuten-Takt Eingang in das Hochwasserprognosemodell für den gesamten lnn und die Ötztaler Ache. Es liegen seit 1895 Niederschlagsmessungen, seit 1931 Lufttemperaturmessungen und seit 1993 Messungen der potentiellen Verdunstung vor.

Obergurgl als Standortes im inneralpinen Raum, an dem seit 1987 Schweremessungen durchgeführt werden, liefert wertvolle Daten in Bezug auf die Veränderung der Umwelt insbesondere von Massen- bzw. Geometrieänderungen. So überwiegt der Effekt der Schwerezunahme infolge der Abnahme der Gletschermassen im Alpenbereich jenen der Schwereabnahme infolge der Höhenzunahme durch die Alpenhebung.

(Cathleen Peer)