Hohe Ingenieurskunst

In dieser Woche diskutieren knapp 300 Statikexperten aus Wissenschaft und Praxis in Innsbruck die aktuellen Entwicklungen im konstruktiven Ingenieurbau. Organisiert wird die Tagung, die zum ersten Mal in Österreich stattfindet, von Prof. Günter Hofstetter und seinem Team vom Institut für Grundlagen der Bauingenieurwissenschaften.
Steckmuffenverbindung
In Laborexperimenten überprüfen Innsbrucker Ingenieure die Belastbarkeit von neu entwickelten Druckrohrleitungen, die auf der Tagung präsentiert werden.

Rund um die Erde entstehen neue Bauwerke mit immer gewagteren Konstruktionen. In Dubai wurde im Vorjahr der mit 828 Metern höchste Wolkenkratzer der Welt, Burdsch Chalifa, fertig gestellt. Im angrenzenden Abu Dhabi entstand der am stärksten geneigte Turm der Erde, das Capital Gate. Und auf der Yas-Insel vor Abu Dhabi wurde ein Ferrari Themenpark errichtet, dessen Mittelpunkt das mit 200000 Quadratmetern größte Fachwerkgebäude der Welt bildet. Diese Superlativen sind nur dank weit fortgeschrittener Ingenieurskunst möglich. Der Baustatik kommt dabei eine besondere Rolle zu.
Ingenieure aus Wissenschaft und Praxis, die an vielen dieser Projekte beteiligt sind, treffen sich in dieser Woche im Rahmen der 11. Tagung Baustatik-Baupraxis in Innsbruck, um gemeinsam die aktuellen Entwicklungen im konstruktiven Ingenieurbau zu diskutieren. „Die schnelle Entwicklung von Baustoffen, Konstruktionen und Bauverfahren sowie die starke Einbindung numerischer Modelle in die Tragwerksanalyse erfordern einen intensiven Informations- und Gedankenaustausch auf allen Gebieten des konstruktiven Ingenieurbaus“, sagt einer der Organisatoren, Prof. Günter Hofstetter vom Institut für Grundlagen der Bauingenieurwissenschaften.

Tiroler Entwicklung

In einem auf der Tagung vorgestellten Projekt arbeitet das Team um Prof. Hofstetter gemeinsam mit dem Unternehmen Duktus – Tiroler Rohrsysteme GmbH und mit Unterstützung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an einem innovativen Rohrsystem, das für besonders hohe Betriebsdrücke geeignet ist. Dazu werden die Steckmuffenverbindungen mit Hilfe von Computersimulationen und Laborversuchen optimiert. „Mit der Methode der Finiten Elemente haben wir das Tragverhalten einer solchen Verbindung bis zum Eintritt des Versagens numerisch simuliert“, erzählt Prof. Hofstetter. „Die Validierung des numerischen Modells erfolgte dann anhand von Traglastversuchen an Prototypen der Verbindung.“ Mit der Neuentwicklung können das Anwendungsspektrum für solche Rohrsysteme deutlich erweitert und die Kosten reduziert werden. Das modulare Rohrsystem wird zum Beispiel als Teil des Beschneiungssystems für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi zum Einsatz kommen.

Die Tagung Baustatik-Baupraxis findet seit 1981 im Abstand von jeweils drei Jahren an immer wechselnden Hochschulstandorten statt. Veranstalter sind die Lehrstühle und Institute für Statik im deutschsprachigen Raum – vertreten durch die Forschungsvereinigung Baustatik-Baupraxis.

(Christian Flatz)