„Gewalt & Friede“: 2. Klausurtagung der Forschungsplattform „Politik Religion Kunst“

Von der Rolle des säkularen Staates als „Bezwinger“ religiöser Gewalt über historische Friedensschlüsse sowie moderne Militärtechniken als Wegbereiter der „Apokalypse“ bis hin zu zeitgenössischer Kunst reichte die thematische Spannweite der zweitägigen Veranstaltung, die Ende Oktober unter dem Generalthema „Gewalt & Friede“ statt fand.
Johann Holzner im Gespräch mit Yvonne Weiler. (Foto: PRK 2010)
Johann Holzner im Gespräch mit Yvonne Weiler. (Foto: PRK 2010)

Die Wissenschaft hänge mit einem inhärenten Narzissmus des Menschen zusammen; das Prahlen mit Wissen, die Anmaßung des Menschen, selbst Gott oder zumindest göttlich zu sein und deshalb über Erkenntnis zu verfügen, prangerte der Politikwissenschaftler Werner Ernst in seinem Eingangsreferat mit dem Titel „Anmerkungen zu einer Theorie einer Denkgewalt“ an. Wir leben – so Ernst – in einer „veloziferischen“ Gesellschaft. Kein geringerer als Goethe hat diesen Begriff als Kombination von „velox/-cis“ und „Luzifer“ geprägt. Es gelte heute mehr denn je, vorsichtig zu sein, innezuhalten, das Veloziferische einzudämmen. Das Referat gab einen Impuls, der im Laufe des Freitags immer wieder aufgegriffen wurde.

Die Tagung der mit 1. Jänner 2010 eingerichteten Forschungsplattform, welche aus dem Zusammenschluss der Plattform „Weltordnung – Religion – Gewalt“, dem Forschungsschwerpunkt „Politische Kommunikation und die Macht der Kunst“, die beide damit in der neuen Struktur aufgegangen sind, und dem weiterbestehenden Forschungszentrum „Religion – Gewalt – Kommunikation – Weltordnung“ hervorgegangen ist, war am Vorabend durch die Verleihung von fünf Förderpreisen für herausragende Abschlussarbeiten durch Vizerektor Tilmann Märk eröffnet worden.

Für ihre Dissertation zum Thema „Apokalyptische Schrifttexte: Gewalt schürend oder transformierend? Ein Beitrag zu einer dramatisch-kritischen Lesart der Offenbarung des Johannes“ erhielt Karin Peter den Förderpreis in der Höhe von 1.000 Euro. Max Söllner wurde der Preis für Diplomarbeiten in der Höhe von 500 Euro für seine Arbeit über „Das Bild der Alten Welt in Friedrich Rehms ‚Lehrbuch der historischen Propädeutik und Grundriß der allgemeinen Geschichte‘ (1830), Georg Gottfried Gervinus‘ ‚Grundzüge der Historik‘ (1837) und Johann Gustav Droysens ‚Historik‘ [1857]“ verliehen. Lobende Erwähnungen für ihre Abschlussarbeiten wurden weiters Marie-Luisa Frick, Ulrich Leitner und Thomas J. Moser zu Teil.

Daran anschließend referierte der Architekturtheoretiker Bart Lootsma im Rahmen der „Raymund Schwager – Innsbrucker Religionspolitischen Vorlesungen“ zum Thema „Die Stadt als gefaltete Gewalt“. Lootsma vertrat die These, der Ursprung der Stadt liege nicht im Handel und/oder der Demokratie, sondern im militärischen Konflikt. Die Stadt sei heute das Terrain asymmetrischer Kriegsführung par excellence.

Damit führte Lootsma in den Themenkomplex des (Religions-)Krieges ein, der die Tagung wesentlich prägte, sei es als „Mythos“ der Moderne bzw. des modernen Staates oder als Grundlage für die Herausbildung eines „neuen Himmels“ und einer „neuen Erde“. Eine Podiumsdiskussion über den 1995 erschienenen Text „‘A fire strong enough to consume the house‘. The Wars of Religion and the rise of the nation state“ des US-amerikanischen Theologen William T. Cavanaugh widmete sich der Frage, inwieweit die Metaerzählung, wonach der neuzeitliche Staat die (inter-)religiöse Gewalt zu zähmen im Stande ist bzw. war, einen Mythos darstellt oder aber eine begrüßenswerte Ausdifferenzierung des Verhältnisses von Staat und Religion beschreibt. Wesentlicher Bestandteil der Tagung waren Präsentationen der einzelnen Cluster bzw. Untergruppen, in denen sich die Plattformmitglieder entlang ihren spezifischen Forschungskompetenzen und –interessen organisieren. Der Mediävist Mark Mersiowsky stellte bei dieser Gelegenheit den neu gegründeten und von ihm geleiteten Cluster „Gewalt – Verwaltung – Praxis“ vor. In den Präsentationen haben sich die Vorteile interdisziplinären Arbeitens in besonders anschaulicher Weise gezeigt, wenn etwa die Analyse des Friedensschlusses in modernen Medien jener mittelalterlicher Friedensschlüsse als „lieux de mémoire“ oder „damnationes memoriae“ gegenüber gestellt wurde.

In ihrem Impulsreferat zum apokalyptischen Potenzial moderner Kriegstechniken richtete die Politikwissenschaftlerin Claudia von Werlhof die Aufmerksamkeit der Teilnehmer/innen auf die reale Gefahr der Selbstauslöschung der Menschheit und regte mit ihrer These, wonach die einzige Rettung letztlich in der Rückbesinnung auf „matriarchale“ Werte zu finden sei, rege Diskussionen an.

Ein Gespräch zwischen Johann Holzner und Yvonne Weiler, der Witwe des 2001 verstorbenen Künstlers Max Weiler, bildete den Abschluss und zugleich Höhepunkt der Tagung. Eine Führung durch die derzeit im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum laufende Ausstellung „Max Weiler – Die großen Werke“ durch Yvonne Weiler rundete die Veranstaltung ab.

(Andreas Oberhofer/Marie-Luisa Frick)

 

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