Licht und Mikromechanik im Gleichklang

Physiker des IQOQI in Wien und Innsbruck sowie des Instituts für Theoretische Physik der Universität Innsbruck erzeugen erstmals eine Wechselwirkung zwischen Licht und Mikromechanik, die stark genug ist, um Quanteneffekte zu übertragen. Damit ist ihnen ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung „makroskopische Quantenphysik“ gelungen. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift Nature.
Der kreisrunde Spiegel sitzt auf einer schmalen Brücke zwischen zwei Ausnehmungen. Ph …
Der kreisrunde Spiegel sitzt auf einer schmalen Brücke zwischen zwei Ausnehmungen. Photonen, die den Spiegel treffen, werden reflektiert und üben eine Kraft auf die Brücke aus.

Die Quantenphysik ist voll von Paradoxien, die im Widerspruch zu unserer Alltagserfahrung stehen. Aber gelten die Quantengesetze auch für „alltägliche“ Objekte, die sich mit dem bloßen Auge sehen lassen? Diese Frage beschäftigte bereits Physiker wie Erwin Schrödinger seit den Anfängen der Quantentheorie. Die moderne Nano- und Mikrotechnologie lässt mögliche Experimente dazu näher rücken. Seit einigen Jahren wird weltweit intensiv an Quantenexperimenten mit mechanisch schwingenden Objekten geforscht. Solche mechanischen Oszillatoren können von einigen tausendstel Millimetern bis zu mehreren Zentimetern groß sein und wären damit mit Abstand die größten Objekte, an denen die Quantentheorie jemals getestet wurde. Um dies zu erreichen versucht man, die Eigenschaften eines elementaren Quantensystems, z.B. eines einzelnen Elektrons, Atoms oder Photons, auf das makroskopische mechanische Objekt zu übertragen. Das funktioniert allerdings nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: der mechanische Oszillator muss bis nahe an den absoluten Temperaturnullpunkt (-273,15°C) gekühlt werden, und die Kraft zwischen mechanischem Oszillator und Elektron, Atom oder Photon muss stark genug sein, um dem natürlichen Zerfall der Quanteneigenschaften, der sogenannten Dekohärenz, entgegenzuwirken. Keine der beiden Bedingungen konnten bislang erfüllt werden. Nun ist es Forschern um Markus Aspelmeyer am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erstmals gelungen, die zweite Bedingung zu erfüllen und die für Quanteneffekte wichtige „starke Kopplung“ zwischen einem mechanischen Objekt und Photonen zu erzeugen. Die Physiker berichten darüber in der neuesten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature.

 
Gekoppelte Bewegung von Licht und Mechanik

Im Experiment verwenden die Wissenschaftler um Aspelmeyer eine mechanische Brücke, die mit einer Breite von etwa einem zwanzigstel Millimeter (50 Mikrometer) und einer Länge von knapp einem sechstel Millimeter (150 Mikrometer) bereits mit dem bloßen Auge sichtbar ist. Mit Hilfe eines kleinen Spiegels mit einem Durchmesser von 50 Mikrometern, der auf der Brücke befestigt ist, werden Photonen reflektiert und können so eine Kraft auf die mechanische Brücke ausüben (siehe Bild). „Diesen Strahlungsdruck haben wir bereits 2006 verwendet, um erstmals das Prinzip der mechanischen Laserkühlung zu demonstrieren“, sagt Aspelmeyer. „Um nun die erwünschte starke Kopplung zu erzeugen, greifen wir auf eine in der Quantenoptik etablierte Methode zurück, den optischen Resonator: Da die Kraft eines einzelnen Photons nicht stark genug ist, wird das Licht zunächst mit Hilfe eines zweiten Spiegels wieder zurückgeworfen und trägt dadurch mehrmals zum Kraftübertrag bei, bevor es aufgrund der nicht perfekten Verspiegelung zufällig durch einen der beiden Spiegel entkommt.“ Bei zu schwacher Lichteinstrahlung kann es immer noch zu lange dauern, bis genügend Kraft vom Licht zur Mechanik übertragen wird. In diesem Fall überwiegt die Dekohärenz und das Lichtfeld schwingt zwischen den Spiegeln im Wesentlichen unabhängig von der Bewegung der mechanischen Brücke. „Bei starker Lasereinstrahlung ändert sich dies drastisch: Der Kraftübertrag vom Licht auf die Mechanik findet nun rascher statt als Photonen den Spiegelresonator wieder verlassen können, und es kommt zu einer gekoppelten Bewegung des Lichts mit der Mechanik.“

 

Ein optomechanisches Pendel

„Diese Situation ist analog zu zwei Pendeln, z.B zweier Standuhren, die entweder mit einem weichen Gummiband oder mit einer starken Feder miteinander verbunden werden“, erklärt Markus Aspelmeyer. „Im ersten Fall schwingen die beiden Pendel unbeeinträchtigt voneinander, im zweiten Fall kommt es aufgrund der ‚starken Kopplung’ der beiden Systeme zu einem völlig neuen, charakteristischen Schwingungsmuster.“ Das Experiment der österreichischen Forscher ist das erste, das diesen Effekt nun zwischen einem massiven mikromechanischen Pendel und einem optischen Lichtfeld erzeugt und beobachtet. Dies war bislang nur mit wenigen Atomen oder winzigen Quantenpunktsystemen möglich. Besonders interessant für spätere Quantenexperimente ist, dass die so erzeugte Schwingung weder rein optisch noch rein mechanisch ist, sondern eine echte optomechanische Anregung darstellt. „Im Energiespektrum des aus dem optischen Resonator austretenden Lichts fanden wir eindeutig die Schwingungsmuster des stark gekoppelten ‚optomechanischen’ Pendels“, freut sich Aspelmeyer. Nach diesem wichtigen Schritt hoffen die Forscher nun, durch zusätzliche Kühlung, wie etwa mit der bereits erfolgreich eingesetzten Laserkühlung, bald auch Quanteneffekte in mechanischen Objekten beobachten zu können: „Das nächste Ziel ist es, diese starke Kopplung mit der Kühlung der Mechanik zu verbinden.“, sagt Simon Gröblacher, Erstautor der Nature-Studie und Doktorand in Aspelmeyers Forscherteam. „Wir stehen mit diesem Experiment an der Schwelle dazu, im Labor überprüfen zu können, wie weit die Gesetze der Quantenphysik auch in unserer Makrowelt Gültigkeit haben.“

 

Die Forschungsergebnisse sind das Resultat einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Experimentalphysikern und Theoretikern am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation: Der Innsbrucker Theoretiker Klemens Hammerer unterstützte das Wiener Team um Markus Aspelmeyer bei der Theorie des Experiments und der Interpretation der Daten. Gefördert wurden die Forscher dabei vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Kommission und dem Foundational Questions Institute (FQXi).

(cf)

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