„Selbstvergessen in den Köpfen anderer denken“

Prof. Meinrad Ziegler präsentierte im Rahmen des empirisch-sozialwissenschaftlichen Studientages zur Biographieforschung am Institut für Praktische Theologie sein Konzept einer „soziologischen Empathie“.
Prof. Meinrad Ziegler hielt einen Vortrag am Institut für Praktische Theologie.
Prof. Meinrad Ziegler hielt einen Vortrag am Institut für Praktische Theologie

Im Rahmen der empirisch-sozialwissenschaftlichen Studientage am Institut für Praktische Theologie präsentierte a.Univ.-Prof. Dr. Meinrad Ziegler, Soziologe an der Johannes Kepler Universität Linz, am 17. April ca. 40 interessierten ForscherInnen aus unterschiedlichsten Wissenschaftsbereichen die methodischen und theoretischen Grundlagen des narrativ-biografischen Interviews.

 

Im Mittelpunkt seines Gastvortrages zum Thema „Das biografische Interview und Pierre Bourdieus Konzept der ‚intellektuellen Liebe‘“ standen Überlegungen zur Datenerhebung und  Datenauswertung. Die von Pierre Bourdieu geforderte Haltung der ‚intellektuellen Liebe‘ meint ein „Partei-Ergreifen“  und „Eindenken“ der ForscherInnen in die  befragte Person. Dabei geht es nicht um emotionale Empathie (also nicht um ein „Einfühlen“), sondern darum, die soziale Wirklichkeit vom anderen her zu sehen. Entscheidend für das biographische Interview sei die Fähigkeit, „selbstvergessen in den Köpfen anderer zu denken“, so Ziegler. Dazu benötige es eine Art „soziologischer Empathie“, die darauf abzielt, im Prozess des Interviewens den Spuren des sozialen Gewordenseins einer Person nachzugehen. Die Spaltung zwischen Subjekt und Objekt solle im Forschungsprozess zugunsten einer sozialen Nähe überwunden werden, in der sich ForscherIn und Interviewperson  begegnen, ohne ihre Unterschiedlichkeit zu negieren.  Die bewusste Wahrnehmung dieser Differenz  fördert und erzwingt den reflexiven Umgang mit der sozialen Situation des Interviews.

 

In der anschließenden Forschungswerkstatt erläuterte Prof. Ziegler sein Konzept der Interpretation biografischer Erzählungen, wobei die vorgestellte Auswertungsmethodik vor allem durch die gute Balance von Effektivität und Gründlichkeit der Auswertung zu überzeugen vermochte.

(ip)

Links: