Musik und Museum – Archäologisches Universitätsmuseum kooperiert mit Festwochen der Alten Musik und der Innsbrucker Abendmusik

Konzerte, Theateraufführungen, Erzählnachmittage, Themenführungen … Das Archäologische Universitätsmuseum Innsbruck konnte 2013 durch Kooperationen mit den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik sowie der Innsbrucker Abendmusik die in den letzten Jahren gestartete Zusammenarbeit mit außeruniversitären Kulturveranstaltern und Kulturvereinen weiter vertiefen.
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Musizierender Orpheus umgeben von wilden Tieren, römisches Fußbodenmosaik, Museo archeologico regionale di Palermo (gemeinfrei, Foto: Wikimedia Commons/Giovanni Dall'Orto)/Apoll mit Streichinstrument und die neun Musen, Raffaels „Parnaß“-Fresco in der Stanza della Segnatura des Vatikan (gemeinfrei, Foto: Wikimedia Commons/The Yorck Project, DIRECTMEDIA Publishing GmbH)

Der Verein „Alte Musik in Innsbruck-Mariahilf“ bezweckt die Pflege und Förderung alter Musik. Dabei soll dem Publikum durch international bedeutende wie auch heimische Musiker und Ensembles alte Musik in historischer Aufführungspraxis und unter Verwendung historischer Instrumente auf hohem Niveau vermittelt werden. Das Programm der Saison 2012/2013 stand dabei unter dem Motto „Mythen – Märchen – Religion“.

„Mythen – Märchen – Religion“

Schon seit jeher versuchte der Mensch, seiner Existenz einen tieferen Sinn zu geben, sie zu deuten, zu verstehen und mit Geschichten, Bildern und Musik anzureichern: Mythen, Märchen und nicht zuletzt die Religion waren in diesem Zusammenhang ausschlaggebend und von elementarer Bedeutung. Auch im weiten Feld der sogenannten Alten Musik spielte vor allem die Mythologie der griechischen Antike eine zentrale Rolle, war sie doch neben der Bibel Fundgrube und Hauptquelle weltlicher Stoffe für Textdichter, Librettisten und Komponisten. Die universalen Weltbilder der Renaissance und des Barock waren geprägt von Geschichten der griechischen Mythologie, die den Zuhörern in stets neuem Gewand, in unterschiedlichsten Ausgestaltungen und Vertonungen wieder und wieder erzählt wurden. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich so auch unzählige Musiker mit diesen zeitlosen, stets aktuellen Stoffen der Mythen und Märchen auseinandergesetzt. Im Konzertprogramm der Saison 2012/13 wurde daher ausschließlich Musik geboten, die vor dem Hintergrund des Jahresthemas „Mythen – Märchen – Religion“ entstand und einen Einblick in dieses unerschöpfliche Themenfeld gab, das die Menschen seit jeher bewegt.

Dazu passend fanden drei Veranstaltungen auch im bzw. in Kooperation mit dem „Archäologischen Museum Innsbruck – Sammlung von Abgüssen und Originalen der Universität Innsbruck“ an den Standorten Hauptuniversität sowie im ATRIUM – Zentrum für Alte Kulturen statt.

Auf dem Musenberg - Eine mythologische Spurensuche im Cembalorepertoire

Den Auftakt bildete im November der Cembalist und Organist Peter Waldner mit dem Programm „Auf dem Musenberg - Eine mythologische Spurensuche im Cembalorepertoire“, in welchem er sich auf die Suche nach barocker Tastenmusik mit mythologischen Bezügen begab. Antike Götter und Helden bevölkerten nicht nur omnipräsent die barocken Opernbühnen, auch in der Tastenmusik finden sich vielfältige Spuren von Göttergestalten, Nymphen und Satyrn, Halbgöttern und Helden. Die französischen Komponisten des Barock, besonders die Gruppe der „Clavecinisten“ der Ära Ludwigs XIV. gaben ihren Stücken gern programmatische Titel, nicht selten mit Bezug zur antiken Mythologie. François Couperin zum Beispiel huldigte mehrfach Bacchus, dem Gott des Weines und des Rausches, der orgiastischen Sinnesfreuden und der leiblichen Genüsse, während Jean-Baptiste Antoine Forqueray den Göttervater Jupiter höchstpersönlich porträtierte und sein Zeitgenosse Jean-Philippe Rameau den Musen einen standesgemäßen Auftritt gönnt. Der frankophile Salzburger Hoforganist Georg Muffat schilderte in seinem Variationenwerk „Cyclopeias harmonica“ wie Pythagoras bei einem Spaziergang den rhythmischen Hammerschlägen arbeitender Schmiedegesellen lauschte. Ein anderer Brückenbauer zum französischen Stil, der Rastatter Hofkapellmeister Johann Caspar Ferdinand Fischer, widmete den neun Musen je eine Suite seiner Sammlung „Musicalischer Parnassus“. Über die besonders ausgedehnte und ausdrucksvolle Passacaglia der Suite „Uranie“ wurde gelegentlich gemutmaßt, Fischer habe hier den Orpheus-Mythos musikalisch umgesetzt und nacherzählt.

Klangsprache der Götter

Im Jänner folgte das Konzert „Klangsprache der Götter - Musik für Laute & Barockgitarre aus Frankreich und Tirol“ von Rolf Lislevand. Der aus Norwegen stammende Lautenist gehört seit vielen Jahren zu den renommiertesten Vertretern seiner Zunft und begeistert immer wieder durch seine exzeptionelle Interpretationskunst. In Innsbruck präsentierte er Stücke aus der reich illustrierten Prachthandschrift „La rhétorique des dieux“, welche zu den bedeutendsten Sammlungen von Lautenmusik aus dem Goldenen Zeitalter der französischen Musik zählt. Sie enthält 12 Suiten mit insgesamt 56 Lautenstücken des großen französischen Virtuosen Denis Gaultier, in welchen der Meister musikalischer Porträts eine ganze Reihe antiker Götter und Helden auftreten lässt. Daneben wurden auf Laute, Theorbe und Barockgitarre Sätze der französischen Lautenisten Robert de Visée, Jacques Gallot sowie Ennemond Gaultier gespielt. Weniger bekannt ist, dass auch in Tirol eine bedeutende Quelle für das französische Lautenrepertoire erhalten geblieben ist: Die „Annenberger Tabulatur“, so benannt nach dem Fundort Schloss Annenberg im Südtiroler Vinschgau, aus der Mitte des 17. Jahrhunderts befindet sich heute im Tiroler Landesarchiv und enthält qualitätsvolle Stücke für Laute und Barockgitarre, die Rolf Lislevand exklusiv für dieses Konzert erarbeitet hatte. Seine Behandlung der Tiroler Notate auf der Barockgitarre und die Improvisationen haben die teils volkstümlichen Werke wieder aufblühen lassen.

Beide Konzerte wurden jeweils von der Themenführung „Ein Streifzug durch die griechische Mythologie“ von Mag. Veronika Sossau begleitet, die vonseiten des Archäologischen Universitätsmuseums die Kooperationen initiiert hatte: „Durch seine lange Sammlungstradition verfügt das Archäologische Universitätsmuseum über einen reichhaltigen Schatz von antiken Bildnissen griechischer Götter und Helden, die es uns ermöglichen in die Welt der klassischen Mythologie einzutauchen.“

Den Abschluss des Programms bildete eine Veranstaltung für junge Musikfreunde. Frank Schenke vom Märchentheater Fingerhut aus Leipzig führte im April den „Froschkönig“, ein Marionettenspiel nach dem Märchen der Brüder Grimm, auf. Das große Forum im Archäologischen Universitätsmuseum im ATRIUM – Zentrum für Alte Kulturen bot dabei die idealen Räumlichkeiten für eine solche Veranstaltung. Nach dem Puppenspiel konnten die jungen Besucherinnen und Besucher an verschiedenen Workshopstationen des Museums die Welt der alten Griechen und Römer erkunden, dabei kleine Statuen abgießen, griechische Tempel im Modell nachbauen sowie Spiele der Griechen und Römer kennenlernen.

Götter sind auch nur Menschen

Auch mit den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, welche sich seit 1976 der Pflege der Renaissance- und Barockmusik widmen und somit das älteste noch bestehende Festival dieser Art darstellen, konnte in Kooperation mit dem Ferienzug der Stadt Innsbruck eine Veranstaltung im Archäologischen Universitätsmuseum durchgeführt werden. Im August fand im Hauptgebäude der Universität der Erzählnachmittag „Götter sind auch nur Menschen“ statt. Der Erzähler Christian Kayed, begleitet von den Musikern Michael Schick und Peter Haag mit Flöten, Harfe, Aulos, Sitar u.a., versammelte die Zuhörerinnen und Zuhörer jeden Alters um die Statuen von Hermes, Aphrodite, Eirene und anderen Gottheiten der Antike, die sich im Universitätsmuseum finden. Zu zeitlosen Klängen wurden Gestalten der griechischen Mythologie, die mit Opern der Festwochen und ihren Helden verwandt oder verbunden sind, wieder erweckt. Ihre Helden- und Schandtaten, Stärken und Schwächen, Liebschaften u.v.m. zeigten deutlich: Auch Götter sind nur Menschen.

„Durch diese vier Veranstaltungen mit fast 500 Besucherinnen und Besuchern konnte die in den letzten Jahren gestarteten Kooperationen unseres Museums mit außeruniversitären Kulturveranstaltern und Kulturvereinen weiter ausgebaut werden“, freut sich Ass.-Prof. Mag. Dr. Florian Martin Müller, der Leiter des Archäologischen Universitätsmuseums.

(Florian Müller)